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# taz.de -- Ausgehen und rumstehen von Marie Serah Ebcinoglu: Ich fühle mich b…
Wollen wir uns nächste Woche treffen?“ Nein, eigentlich habe ich keine
Lust, mich mit dir zu verabreden. Die Höflichkeit verbietet es, zu ehemals
guten Freunden einfach „nein danke“ zu sagen. Oft versucht man durch
regelmäßiges Nichtzurückschreiben die Sache einfach im Sand verlaufen zu
lassen.
Dieses Thema hat am Wochenende eine so intensive Debatte an meinem
WG-Esstisch ausgelöst, dass wir unseren Plan, zum „Festival of Lights“ zu
gehen, kurzerhand über Bord geworfen haben. Die Licht-Installationen an
vielen öffentlichen Berliner Gebäuden sind zum Glück noch einige Wochen zu
sehen. Ich habe nämlich eine Freundin, mit der ich mich auseinandergelebt
habe, und irgendwie musste ich sie nicht unbedingt wiedersehen. Je besser
ich sie kennenlernte, desto mehr fiel mir auf, dass es zwischen uns
irgendwie nicht so passt.
Im Idealfall merken es ja beide Parteien. Mit besagter Freundin lief es
nicht so, dachte ich. Ich fühlte mich mies deswegen, schließlich hat sie
mir nie etwas getan, es gab ja keinen Streit. Ich hatte einfach andere
Prioritäten. Das kann man einer Person leider wirklich sehr schlecht sagen
und sicher fühlt man sich danach so egozentrisch wie ein Charakter aus Lena
Dunhams „Girls“.
Auch wenn ich es schön finde, diese Freundin ab und zu in der Gruppe zu
sehen, würde es alle weiteren Griessmühlen-Abende sehr unangenehm machen,
wenn ich ihr einfach sage, dass ich keine Lust habe. Also habe ich versucht
die Sache auslaufen zu lassen. Es ist nicht die feine Art, aber die
Wahrheit würde aus der Sache ein viel größeres Ding machen, als es
eigentlich ist. So läuft’s halt bei Millennials. Easy peasy, keine wirklich
verletzten Gefühle.
Unangenehm wird es, wenn die Freundin aber nicht versteht, dass man im
Begriff ist, sich digital aus dem Staub zu machen. Auf zahlreiches
Nichtzurückgemelde meinerseits schrieb sie immer wieder. Sie konfrontierte
mich auch mehrmals mit meinen Ausreden. „Sag’s halt, wenn du keinen Bock
mehr auf mich hast.“ Da kann man auch nicht ehrlich drauf antworten.
Wenn sie mein Partner wäre, würde ich mich in dem Moment, in dem ich merke,
dass es doch nicht passt, von ihr trennen. Jedem Typen kann ich sagen: „Ich
steh einfach nicht auf dich.“ Wieso nicht einer Freundin? Mit schwirrendem
Kopf ging es am nächsten Tag in Berlins schönstes Museum: die
Gemäldegalerie. Ich könnt’s mir jedes Wochenende ansehen, dabei bin ich
keine Kunsthistorikerin. Zum gefühlt hundertsten Mal habe ich mich von
Botticelli zu Bosch treiben lassen. Und weil der Oktober sich für ein
Wochenende entschieden hat zu pausieren, ging es danach zum obligatorischen
Flohmarktbummel. Ich fühl mich besser, wenn ich Bücher kaufe.
Nach unserer Debatte habe ich mich dieses Wochenende für die Wahrheit
entschieden und werde das jetzt auch allen anderen raten. Ich denke,
eigentlich merkt es die Person doch schon, vielleicht will sie es wirklich
einfach hören.
Eine so schöne Trennung, wie dann folgte, habe ich noch nie erlebt. Sie sei
nicht verletzt, habe es tatsächlich einfach nur ehrlich hören wollen und
habe das Auseinanderleben sogar ähnlich empfunden. „Grade in unserem Alter
und in Berlin verändert sich alles so schnell, deswegen hätte ich uns immer
wieder eine Chance gegeben.“
15 Oct 2019
## AUTOREN
Marie Serah Ebcinoglu
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