# taz.de -- „Keine Männer in Frauenkleidern“ | |
> Transgender haben es nicht leicht in der Theater-Branche: Noch immer | |
> werden sie aufgrund von Vorurteilen ausgeschlossen. Kolja Schallenberg | |
> und sein Transgender-Ensemble wehren sich | |
Bild: Das Ensemble „Transperence Theatres“ spielt am Montag das Benefizmusi… | |
Von Carlotta Kurth | |
taz: Herr Schallenberg, warum sind Transgender-SchauspielerInnen so selten | |
im Theater zu sehen? | |
Kolja Schallenberg: Durch die Stellenausschreibungen, die männlich, | |
weiblich und divers mittlerweile gesetzlich miteinbeziehen, ist die Suche | |
nach Transleuten im Hintergrund und Vordergrund der Bühne Normalität | |
geworden – nicht jedoch auf der Bühne. Hier werden immer noch | |
ausschließlich männliche oder weibliche DarstellerInnen gesucht. | |
Wie kommt das? | |
Weil es sich viele IntendantInnen nicht vorstellen können, dass | |
Transpersonen in ihr künstlerisches Konzept passen. Was eigentlich völlig | |
banal ist, weil, wenn jemand tanzen oder schauspielern oder singen kann, | |
dann ist es doch total egal, welchem Geschlecht die Person angehört. Im | |
Schauspiel ist es ja auch häufig so, dass männliche oder weibliche Rollen | |
mit dem anderen Geschlecht besetzt werden. Warum sollte das anders sein, | |
wenn eine Transperson tanzt. Es geht doch um die Qualität und nicht um das | |
Geschlecht. | |
Sind Sie selbst Transgender? | |
Nein, ich bin Cisgender und eines der Führungsmitglieder des „Transparence | |
Theatres“. Es gibt nicht viele Transgender, die sich in den Vordergrund | |
stellen würden, um eine solche Unternehmung zu leiten. Auch bei unserem | |
Projekt war es schwierig, jemanden zu finden, der trans ist und es mit mir | |
leiten wollte. 2016 hat sich Aline de Oliveira gefunden. | |
Warum war das so schwierig? Ist die Kulturszene doch nicht so offen, wie | |
sie sich immer gibt? | |
Im Endeffekt ist die Kultur genau den gleichen Hierarchien unterlegen wie | |
alle anderen Strukturen der Wirtschaft auch – genauso diskriminierend. | |
Viele Menschen haben Angst und können es nicht einordnen, was passiert, | |
wenn sie Transmenschen unter Vertrag nehmen. Viele Transmenschen müssen | |
deshalb im Verborgenen leben. | |
Das Charity-Musical „Broadway Backwards“ wird heute im Schmidt-Theater | |
erstmals aufgeführt und soll anschließend einmal im Jahr stattfinden. Dort | |
sind aber nicht nur Transschauspieler dabei, richtig? | |
Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, nicht nur mit Transgender-Personen | |
auf die Bühne zu gehen. Beim „Broadway Backwards“ wird mit | |
Geschlechterrollen gespielt. Hauptcharaktere von Musicals wie „Wicked“ und | |
„Mama Mia“ kriegen plötzlich ein anderes Geschlecht. Mit „Broadway | |
Backwards“ erreichen wir auch Zuschauer, die wir nicht erreicht hätten, | |
wenn oben drüber „trans“ gestanden hätte. | |
Was für Vorurteile hätte es dann gegeben? | |
Nun, Ängste von Seiten des Publikums sind da, nach dem Motto „Was ist das | |
für eine Freakshow?“. Es kam immer wieder vor, dass Leute im Vorfeld gesagt | |
haben: „So ein Quatsch, warum sollen wir uns Männer in Frauenkleidern | |
angucken.“ Aber so ist es ja gar nicht. Das sind keine Männer in | |
Frauenkleidern, sondern Frauen, die Frauenkleider tragen und früher mal in | |
einem männlichen Körper gelebt haben. | |
Wie schwierig ist es, in Hamburg Kooperationen mit Theatern zu finden? | |
In Hamburg ist es relativ schwer, weil hier, auch was Kampnagel betrifft, | |
die Hierarchien sehr klar verteilt sind. Die Führungsstile sind sehr | |
künstlerisch-autoritär und es ist schwierig, mit den Beteiligten ins | |
Gespräch zu kommen. | |
Hat sich dadurch, dass Katharina Fegebank im März die Schirmherrschaft | |
übernommen hat, nichts geändert? | |
Nun, es wurde medial Aufmerksamkeit generiert. Es ist eine große Hilfe, | |
dass Katharina Fegebank Schirmherrin geworden ist, weil es die Qualität | |
unseres Ensembles unterstreicht. Dadurch, dass das Angebot von dem Büro | |
selbst kam, zeigt, dass Hamburg offen ist. | |
Benefizmusical „Broadway Backwards“: 19.30 Uhr, Schmidt-Theater. Der | |
Eintritt geht an das Transgender-Kinder-Netzwerk (Trakine e. V.) und die | |
Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (DGTI e. V.) | |
23 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Carlotta Kurth | |
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