# taz.de -- Fahrradviertel fast fertig | |
> Am Ende des Monats wird das erste Fahrradmodellquartier Deutschlands in | |
> der alten Neustadt fertiggestellt. Das Projekt stößt auf bundesweites | |
> Interesse | |
Bild: Die Leih-Bikes sind schon da: Die Bremer Neustadt firmiert künftig als d… | |
Von Florian Fabozzi | |
Nur noch der Feinschliff fehlt, dann ist es vollbracht: Am 30. September | |
ist in Bremen das „Fahrradmodellquartier alte Neustadt“ fertig – das erste | |
seiner Art in Deutschland. Mit einer zweijährigen Umbaumaßnahme wurde die | |
Infrastruktur gezielt auf den Fahrradverkehr zugeschnitten. Das Konzept für | |
das Großprojekt wurde im April 2016 vom örtlichen ADFC im Verbund mit der | |
Hochschule entwickelt, die damit ihr eigenes Klimaschutzkonzept umsetzt. | |
Finanziert wurden die Maßnahmen unter anderem durch Fördermittel in Höhe | |
von 2,4 Millionen Euro des Bundesumweltministeriums. | |
Die Umgestaltung legt vor allem Wert auf die Erhöhung der Fahrsicherheit | |
und des Komforts: Eine Pflasterstrecke von knapp einem Kilometer Länge | |
wurde asphaltiert. Im Zuge dessen wurden gleich auch die Kanäle erneuert; | |
an der Großen Johannisstraße, wo der Kanal noch nicht saniert werden | |
konnte, bleibt das Kopfsteinpflaster deshalb noch eine Weile erhalten. | |
Prägend für das neue Stadtteilbild sind die sogenannten Gehwegnasen, die an | |
den Kreuzungen gebaut wurden. Diese vorgezogenen Seitenbereiche sollen | |
Autos daran hindern, an Kurven zu parken und zugleich den Radfahrer*innen | |
die Überquerung erleichtern. Die Hauptverkehrsstraßen Langemark- und | |
Westerstraße erhielten neue Überquerungsmöglichkeiten. Deutlich sichtbare | |
Markierungen und abgesenkte Bordsteine ebnen Radfahrer*innen den Weg. | |
Ruhiger und entschleunigter soll es künftig im Radquartier zugehen: Mehrere | |
Straßenzüge werden zur Fahrradzone umgewandelt, in der die Regeln von | |
Fahrradstraßen gelten. Damit hat man einen ganz neuen Weg beschritten: Die | |
Straßenverkehrsordnung kennt bisher noch gar keine Fahrradzonen oder | |
Schilder dafür. Nach Ankündigung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer | |
soll sich das noch dieses Jahr ändern. | |
Neben 267 teils überdachten Stellplätzen im ganzen Viertel ist auch eine | |
Leihstation für gewöhnliche und Lastenräder entstanden. Noch auf seine | |
Eröffnung wartet das Herzstück des Quartiers: das Fahrrad-Repair-Café an | |
der Hochschule. Hier können Menschen künftig nicht nur ihre Fahrräder | |
reparieren lassen, sondern – so der Plan – auch Workshops zur | |
selbstständigen Reparatur belegen. Das Repair-Café ist auch als | |
Veranstaltungsort für Seminare und als öffentlicher Treffpunkt konzipiert. | |
Das gläserne Gebäude ist unter dem Schlagwort „maximale Nachhaltigkeit“ | |
erbaut. Derzeit wird noch eine Vorrichtung für Regenwassernutzung | |
fertiggestellt. | |
Auch sonst fehlt es noch hier und da: Einige Schilder müssen noch | |
aufgestellt und Markierungen angebracht werden, bis der Bau des Quartiers | |
als abgeschlossen gelten darf. Michael Glotz-Richter, Referent für | |
nachhaltige Mobilität und einer der Organisatoren des Projekts, vergleicht | |
das Quartier mit der Zubereitung einer Festtagstorte: „Viele Zutaten, die | |
an sich profan sind, führen zusammen zu einem guten Ergebnis“, erklärt er, | |
„und das Fahrrad-Repair-Center ist das Sahnehäubchen.“ | |
Längst hat das Bremer Pilotprojekt die Aufmerksamkeit anderer Städte auf | |
sich gezogen, nicht zuletzt, nachdem das Konzept dieses Jahr beim | |
nationalen Radverkehrskongress vorgestellt wurde. „Es waren schon des | |
Öfteren Besuchergruppen hier, die uns nach unseren Erfahrungen gefragt | |
haben“, so Glotz-Richter. Bisher arbeite noch keine deutsche Stadt an einem | |
vergleichbaren Projekt, „aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis andere | |
nachziehen“, ist sich Glotz-Richter sicher. | |
Was in Deutschland eine Pionierleistung darstellt, ist international keine | |
Besonderheit mehr. In der Sparkasse am Brill findet bis zum 25. September | |
die Ausstellung „Fahr Rad – Rückeroberung der Stadt“ des Deutschen | |
Architekturmuseums statt. Hier werden weltweite Projekte zur | |
fahrradfreundlichen Infrastruktur vorgestellt. Unter anderem die | |
Kopenhagener „Butterfly Bridge“, eine dreiarmige Überwasserbrücke, die dr… | |
Uferseiten miteinander verbindet. Zwei Brückenarme können sich im Wechsel | |
öffnen, um Boote Durchfahrt zu gewähren. Der jeweils gegenüberliegende | |
Brückenarm kann währenddessen weiter für den Fahrradverkehr genutzt werden. | |
Ebenfalls in Kopenhagen steht der Maersk Tower, der von zickzackartigen | |
Fahrradüberführungen umgeben ist, auf denen Radfahrer*innen von mehreren | |
Seiten in das Gebäude hineinfahren können. Eine Besonderheit gibt es in | |
Oslo: Hier werden alle Bürger*innen, die ein E-Bike kaufen, mit umgerechnet | |
500 Euro bezuschusst. | |
23 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Florian Fabozzi | |
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