Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- petition der woche: Mehr Schutz für die Schwächsten im Straßenve…
Eine Großmutter, ihr dreijähriger Enkel und ein Paar stehen an einer roten
Ampel, als ein Porschefahrer von der Straße abkommt und sie totfährt. Der
Unfall am 6. September an der Invalidenstraße in Berlin-Mitte nahm vier
Menschen das Leben. Am Lenkrad des Unfallwagens saß ein 42 Jahre alter
Mann, er steuerte einen SUV.
Der grauenvolle Unfall war „ein Weckruf“ für Julian Kopmann, so formuliert
es der Vater von drei Kindern selbst. Deshalb startete er am vorletzten
Freitag eine Petition, mit der er „Sichere Wege für Schul- und Kita-Kinder
auf der Invalidenstraße“ fordert. Der Unfall als Auslöser dieser
Initiative; die schlechte Luft dort, der Lärm und das hohe
Verkehrsaufkommen nerven Kopmann aber schon länger.
„Diese Petition zielt darauf, die Situation für die schwächsten und
kleinsten Verkehrsteilnehmer zu verbessern“, schreibt der Petent. Nach
weniger als 24 Stunden haben bereits 5.300 Menschen den Aufruf
unterzeichnet, mittlerweile sind es über 11.000.
Wenn es nach Kopmann geht, haben „ein gesunder Pragmatismus und die
Forderung von kurzfristig realistisch umsetzbaren Zielen“ am meisten Sinn.
Daher fordert er unverzüglich, die Einführung von Tempo 30 rund um den
Unfallort. Innerhalb der nächsten drei Monate sollen Zebrastreifen und
Parkverbotszonen, innerhalb von sechs Monaten eine Ampelanlage und Blitzer
und dann Fahrradwege an Stelle von Parkstreifen den Verkehr beruhigen.
Obwohl die Unfallstatistiken sinken, stehen Autos und vor allem SUVs in der
Kritik. Viele appellieren an die Politik, konsequente Maßnahmen gegen den
Klimawandel und vielbefahrene Innenstädte zu ergreifen. Denn in den ersten
fünf Monaten des Jahres kamen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum insgesamt
11,3 Prozent mehr Fahrradfahrer*innen ums Leben. Schwere SUVs blasen
haufenweise Emissionen in die Luft, ihr Reifenabrieb ist höher und sie
schützen mit ihrer Panzerung vor allem die Insass*innen.
Dennoch richtet sich die Petition „ausdrücklich nicht gegen Autofahren im
Allgemeinen, Fahrer großer Autos im Speziellen oder gegen irgendeine andere
Gruppe von Verkehrsteilnehmern“, schreibt Kopmann. Autofreie Innenstädte
bleiben für ihn also vorerst eine Vision. Doch gerade jetzt, wo der
Klimaschutz ins Bewusstsein vieler rückt und Karosserien in Großstädten
generell infrage gestellt werden, könnten radikale Lösungen helfen, die
Verkehrswende voranzutreiben. Ein Tempolimit etwa hält SUV-Fahrer*innen
nicht davon ab, ihre Kinder mit ebendiesem Geschoss zum Klavierunterricht
zu bringen.
An der Unfallstelle liegen Blumen, sie erinnern an den Tod von vier
Passant*innen. Die Berliner*innen – und nicht nur sie – bewegt das
Ereignis, und einer wie Julian Kopmann möchte nicht mehr tatenlos zusehen,
wie Autos die Stadt dominieren. Vielleicht lassen sich Katastrophen künftig
nur verhindern, wenn Autofahrer*innen ein Bewusstsein dafür entwickeln,
dass sie potenzielle Waffen steuern. Doch auch das kann an Grenzen stoßen:
Die Polizei durchsuchte vergangene Woche Freitag die Wohnung des Fahrers,
weil die Ermittler*innen vermuten, dass er an Epilepsie leidet und deshalb
die Kontrolle über seinen Wagen verlor. Simon Schwarz
21 Sep 2019
## AUTOREN
Simon Schwarz
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.