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# taz.de -- taz🐾thema: Stadtluft macht fair
> Weltweit arbeiten Fairtrade-Towns daran, den fairen Handel auf der
> kommunalen Ebene voranzubringen. Auch in deutschen Städten wie Gemeinden
> arbeiten hierfür Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft eng zusammen
Von Volker Engels
Was haben Neumarkt, Berlin und das hessische Gladenbach gemeinsam? Sie
gehören zu den mehr als 620 deutschen Städten, Gemeinden und Regionen, die
sich „Fairtrade-Stadt“ nennen dürfen oder sich darum beworben haben. Seit
zehn Jahren ist die Kampagne, die ihren Ursprung in Großbritannien hat,
auch in Deutschland am Start. Weltweit tragen mehr als 2.200 Städte und
Gemeinden in 36 Ländern den Titel.
Seit November 2009 ist Neumarkt in der Oberpfalz „Fairtrade-Stadt. „Wir
waren die erste Stadt in Bayern und die sechste bundesweit“, erzählt Ralf
Mützel, Leiter des Amtes für Nachhaltigkeitsförderung der
40.000-Einwohner-Kommune. Die Bewerbung sei damals schon auf „fruchtbaren
Boden gefallen“, der Ratsbeschluss war einstimmig. Das Thema fairer Handel
sei seit 2004 Bestandteil des städtischen Leitbildes. „Für uns ist
Fairtrade eine Querschnittsaufgabe, die ganz viele Bereiche umfasst.“
Aktuell würden etwa die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs mit fair
gehandelter und produzierter Arbeitskleidung ausgestattet, regionale
zivilgesellschaftliche Akteure des fairen Handels würden mit Projektideen
auch finanziell unterstützt.
Getragen wird die deutsche Kampagne vom Verein Transfair, hinter dem unter
anderem Kirchen sowie Organisationen aus den Bereichen Entwicklungspolitik
sowie Umwelt und Verbraucherschutz stehen.
Für eine erfolgreiche Bewerbung müssen fünf Kriterien erfüllt werden: In
einem förmlichen Ratsbeschluss legt die interessierte Kommune fest, die
Auszeichnung als Fairtrade-Town anzustreben. Der Anstoß für die Bewerbung
kommt nicht immer aus der Politik, in Neumarkt ging die Initiative von der
Vorsitzenden des „Eine Welt Ladens“ aus, die zugleich Mitglied im Stadtrat
ist. „Oft sind es Akteure aus der Zivilgesellschaft, die den Anstoß für
eine Bewerbung geben“, unterstreicht auch Edith Gmeiner, Sprecherin von
Transfair. Der Titel wird für zwei Jahre vergeben, aber auf Antrag
verlängert, wenn die fünf Kriterien weiter erfüllt sind. „Wir wünschen uns
aber, dass eine Auszeichnung nicht das Ziel, sondern Startschuss für ein
weiterführendes Engagement ist.“
Die zweite Voraussetzung für die erfolgreiche Bewerbung um den Titel ist
eine lokale Steuerungsgruppe, in der Mitglieder aus Politik und Verwaltung,
aus der Wirtschaft und Vertreter der Zivilgesellschaft sitzen. Sie
koordinieren alle Aktivitäten auf dem Weg zur Fairtrade-Stadt. Außerdem
sollen lokale Einzelhandelsgeschäfte und Gastronomiebetriebe motiviert
werden, Produkte aus fairem Handel anzubieten. In Neumarkt bieten zum
Beispiel inzwischen rund 40 Einzelhandelsgeschäfte und 13 gastronomische
Betriebe fair gehandelte Produkte an, mehr als 20 Einrichtungen und
Organisationen setzen auf Nahrungsmittel, Kleidung oder Kunsthandwerk mit
dem Fairtrade-Siegel.
„Das vierte Kriterium ist, dass öffentliche Einrichtungen wie Schulen,
Vereine und Kirchengemeinden Informationsveranstaltungen durchführen und
Produkte aus fairem Handel anbieten“, ergänzt die Sprecherin.
Kirchengemeinden können zum Beispiel Produkte aus fairem Handel nach dem
Gottesdienst verkaufen, Fußballvereine spielen mit fair produzierten
Bällen. In Neumarkt gibt es regelmäßig Bildungsveranstaltungen, Vorträge
oder Lesungen zum Thema. Die Kinoreihe „Eine Welt – unsere Verantwortung“
zeigt Dokumentarfilme zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen und zum fairen
Handel. Dank Sponsoren ist der Eintritt frei. Zudem bietet der „Eine Welt
Laden“ in Neumarkt neben fairen Stadtführen zahlreiche Bildungsmaterialien
für Kinder und Jugendliche an, mit denen diese spielerisch ans Thema
herangeführt werden.
Auch die hessische Stadt Gladenbach mit ihren rund 12.000 Einwohnern hat
den fairen Handel auf die Bildungsagenda gesetzt. Gerade wurde der Titel
als „Fairtrade-Stadt“ zum dritten Mal verlängert. „Es ist wichtig, auch …
Kindern früh mit der Bildungsarbeit anzusetzen, um sie für das Thema fairer
Handel zu sensibilisieren“, sagt Edith Müller-Zimmermann, die vom Weltladen
in Gladenbach in die Steuerungsgruppe der Stadt entsandt wurde. In den
Sommerferien gab es eine Veranstaltung zum Thema Schokolade, in der den
Kindern der Weg von der Kakaobohne zur fertigen Tafel Schokolade erklärt
wurde. Eher an Erwachsene richten sich Vorträge zu den Themen Wasser, faire
Mode oder Geschlechtergerechtigkeit, die regelmäßig in den Räumen des
Weltladens angeboten werden.
Als fünfte Voraussetzung für die Anerkennung als Fairtrade-Stadt ist eine
aktive Öffentlichkeitsarbeit gefordert, mindestens vier Artikel müssen
jährlich in den regionalen Medien oder online erscheinen, um auf die
lokalen Aktivitäten rund um den fairen Handel aufmerksam zu machen. „Durch
die Öffentlichkeitsarbeit soll eine Breitenwirkung erzielt werden“, so
Edith Gmeiner. Damit werden auch andere Städte auf die Kampagne aufmerksam.
www.fairtrade-towns.de
www.fairtrade-neumarkt.de
www.fair-in-gladenbach.de
14 Sep 2019
## AUTOREN
Volker Engels
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