# taz.de -- nord🐾thema: Hilfe, wenn im Team der Wurm drin ist | |
> Immer mehr Unternehmen versuchen betriebliche Alltagskonflikte mit einer | |
> Mediation zu lösen. Auch im Fall der LungenClinic Grosshansdorf zeigte | |
> das Verfahren Erfolg. Oft wenden sich Firmen allerdings zu spät an | |
> Mediationsstellen | |
Bild: Mittlerweile erkennen zahlreiche Unternehmen den sozialen Wert eines Medi… | |
Von Anja Junghans-Demtröder | |
Ein Konflikt in der LungenClinic Grosshansdorf schien zunächst unlösbar: | |
Nach strukturellen Veränderungen, wie sie in vielen Unternehmen anstehen, | |
brach in einer Arbeitsgruppe der Klinik die Vertrauensbasis zusammen. Der | |
Kommunikationsfluss riss ab, es wurde übereinander und nicht miteinander | |
geredet, es kam zu vermehrten Krankmeldungen. Keine Spur mehr von | |
partnerschaftlicher Zusammenarbeit, MitarbeiterInnen scheuten auch das | |
offene Gespräch mit der Geschäftsführung. Was also tun? | |
Bis dato war für Susanne Quante ein gemeinsamer Lösungsweg nicht mehr | |
greifbar. Quante ist Kaufmännische Geschäftsführerin der Klinik. „In der | |
Arbeitsgemeinschaft regierte einzig und allein der persönliche Konflikt, | |
auch mit der Vorgesetzten, und nicht mehr das gemeinsame Ziel“, sagt sie. | |
So wie im Fall der LungenClinic sind auch in anderen Unternehmen im | |
betrieblichen Alltag Streitigkeiten an der Tagesordnung. | |
Veränderungsprozesse sowie Interessenkollisionen produzieren eine Menge | |
Reibung. Immer mehr Unternehmen wollen diese kostenintensiven Stolpersteine | |
aus dem Weg räumen. Sie suchen ein effektives Konfliktmanagement, das Geld | |
spart und zudem eine florierende Unternehmenskultur ermöglicht. Einen | |
Ansatz bietet die Mediation. Um weitere negative Auswirkungen zu | |
verhindern, entschied sich schließlich auch die Klinik-Geschäftsführerin | |
Quante für diesen Weg. | |
## Lösung mit sozialem Wert | |
Seit im Juli 2012 das Mediationsgesetz in Kraft trat und erstmals die | |
Regeln für die Mediation gesetzlich festlegte, wurde das Verfahren bekannt | |
und führte auch dazu, dass zahlreiche Firmen den sozialen Wert einer | |
kompetenten Streitlösung erkannten. Petra Sandvoß leitet die Hamburger | |
Mediationsstelle für Wirtschaftskonflikte – sie weiß, dass viele Betriebe | |
mit der Problematik eines Konfliktes häufig überfordert sind. Ein | |
abteilungsinterner Streit kann soweit eskalieren, dass die Umsetzung von | |
Unternehmenszielen gefährdet sein kann. Zumal unter brodelnden Konflikten | |
die Qualität und Fertigstellung der Arbeit leidet. Führungskräfte sind | |
daher nicht nur im wirtschaftlichen Sinne an einer frühzeitigen Schlichtung | |
von Zerwürfnissen interessiert. | |
Als die ausgebildete Wirtschaftsmediatorin Corinna Moormann mit der | |
Mediation in den Konflikt bei der LungenClinic einstieg, war die kritische | |
Stufe bereits erreicht. Ein hoher Krankenstand, tiefe Verzweiflung und | |
zunehmendes Misstrauen dominierten den Arbeitsalltag der Mitarbeiter. Der | |
Konflikt hatte eine lang andauernde Vorgeschichte, bei dem der Glaube an | |
eine gemeinschaftliche Lösung bereits verloren war. | |
## Mediation wird oft zu spät eingeschaltet | |
Eine Erfahrung, die die Mediatorin aus ihrer Praxis kennt: „Eine Mediation | |
wird meist erst organisiert, wenn der Konflikt schon eskaliert ist“, sagt | |
Moormann. Sobald ein Zerwürfnis am Horizont sichtbar wird, rät die | |
Mediatorin Führungskräften früh mit dem Mediationsverfahren zu beginnen. | |
Eskalationen ließen sich dadurch frühzeitig vermeiden. „Eine Versöhnung der | |
Konfliktparteien wird dadurch erleichtert“, sagt Moormann. | |
Das Konfliktfeld in der LungenClinic ging laut Moormann aus mangelnder | |
Führungskompetenz der Teamleitung hervor. So gab die Leiterin den Druck | |
weiter, den sie selbst verspürte. In den gemeinsamen Mediationssitzungen | |
ging es jedoch nicht um Schuldzuweisungen. „Sondern darum, wie man wieder | |
vertrauensvoll und kooperativ miteinander zusammen arbeiten kann“, so | |
Moormann. | |
Dabei legte die Mediatorin den Schwerpunkt auf die Wahrnehmung der guten | |
Absichten, die Bedürfnisse des Einzelnen sowie die Klärung von | |
Missverständnissen. In einem wertschätzenden Ton richteten sich | |
MitarbeiterInnen an die Teamleitung und machten Vorschläge, wie sie etwas | |
verändern kann. „Das ist für Führungskräfte häufig sehr hilfreich“, | |
berichtet Moormann. | |
Am Ende standen gemeinsame Lösungen, durch die die Beziehungen der Parteien | |
weiterhin erhalten blieben. Der Erfolg war deutlich: die Krankmeldungen | |
gingen im Team zurück. Das Ziel, eine harmonische Zusammenarbeit zu | |
gewährleisten, die der Erhaltung von Arbeitsplätzen dient, wurde erreicht. | |
## Ohne Schiedsrichter | |
Mediation basiert dabei auf einer freiwilligen, außergerichtlichen | |
Streitbeilegung. Der Mediator unterstützt als neutrale Person die | |
Konfliktparteien, um eine einvernehmliche Problemlösung zu erarbeiten. | |
„Wirtschaftsmediatoren hören sich die Argumente an, ohne in die Rolle eines | |
Schiedsrichters zu schlüpfen“, erklärt Mediationsstellen-Leiterin Sandvoß. | |
Eine Tatsache, die auch den Unterschied zum Gerichtsverfahren verdeutlicht. | |
Der Richter spricht Recht, er kann nicht die Interessen beider Seiten | |
wahren – während Mediation eine Win-Win-Lösung vor Augen hat, bei der beide | |
Seiten profitieren. Einflüsse von Marshall Rosenberg, Wegbereiter der | |
Gewaltfreien Kommunikation, prägen das Verfahren. Selbstverantwortlichkeit | |
verschafft Unternehmern bei der Konfliktbewältigung größeren Spielraum, | |
weil die Entscheidung nicht aus der Hand gegeben wird. | |
Einer Umfrage der Hamburger Handelskammer zufolge wird in der | |
Wirtschaftsmediation derzeit eine Erfolgsquote zwischen 75 und 80 Prozent | |
erzielt. Das Einsatzgebiet der Mediation ist vielfältig und deckt fast alle | |
Konfliktbereiche ab. Bedarf es einer rein rechtlichen Entscheidung durch | |
ein verbindliches Urteil, stellt sich das mediative Konzept als ungeeignet | |
heraus. „Vereinfacht gesagt: Mediation wird dann angewandt, wenn es | |
menschelt“, so Sandvoß. | |
Da das Verfahren frei vereinbart wird, ist es unkompliziert. Mediatoren | |
rechnen meist auf Stundenbasis ab. Jeder Mediator kann gemäß der Hamburger | |
Mediationsordnung für Wirtschaftskonflikte ein Stundenhonorar ab 150 bis | |
350 Euro oder ein Tageshonorar in Höhe von 1.200 bis 2.800 Euro mit den | |
Parteien vereinbaren. | |
14 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Anja Junghans-Demtröder | |
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