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# taz.de -- Kind kauft sichden Burgfrieden
> Nach jahrelangen Auseinandersetzungen haben Fußballfirma und Verein bei
> Hannover 96 einen Deal verkündet. Der Stammverein wird finanziell
> gestärkt und erheblich gefördert
Bild: Will den Geldgebern die Entscheidungshoheit geben: Hauptgesellschafter Ma…
Von Christian Otto
Richtig gute und konstruktive Dinge sollten verkündet werden. Tatsächlich
wurde ganz schön gepoltert, verkniffen gelächelt und gleich wieder
gestritten. Hannover 96 hatte am Montag zu einer bemerkenswerten
Pressekonferenz geladen, auf der eine Art Burgfrieden präsentiert wurde.
Der Handschlag dazu blieb allerdings aus.
Willkommen im Kellergeschoss des Stadions am Maschsee. Rechts auf dem
Podium sitzt Martin Kind, der Mäzen und Hauptgesellschafter an der Spitze
der Fußballfirma Hannover 96, die in der 2. Bundesliga vertreten ist. Links
auf dem Podium sitzt Sebastian Kramer, der neue Vorstandsvorsitzende des
Sportsvereins Hannover 96, Niedersachsens größter Sportverein. Beide
sprechen permanent in der Wir-Form und meinen doch noch nicht das
Identische.
Verkündigt wird trotzdem etwas. Kind und Kramer haben sich darauf
verständigt, dass der Verein vor einer Insolvenz bewahrt wird und den
Geldgebern ihre Macht bleibt. Wer mag, kann einen solchen Deal nach Jahren
des Zoffs als Lösung der Vernunft einstufen. Oder aber als echte
Mogelpackung.
Der Umstand, dass der eigentliche Stammverein Hannover 96 in eine
finanzielle Schieflage geraten ist und gerettet werden muss, hatte beide
Seiten unter Handlungsdruck gesetzt. Dass die Kapitalseite jetzt den Verein
mit einem Darlehen und weiteren Zugeständnissen unterstützt, bringt Kind
einen wichtigen Schritt weiter.
Seit Jahren kämpft der millionenschwere Unternehmer darum, dass Investoren
die wichtigsten Entscheidungen treffen dürfen, wenn es um die Belange der
für den Profifußball zuständigen Gesellschaften geht. Das Gerangel um Macht
hatte ihm viel Kritik beschert und ihn zum Buhmann gemacht. Sein Nachfolger
Kramer bemüht sich darum, dass zwischen der ausgegliederten
Profigesellschaft und dem Stammverein keine Grabenkämpfe mehr geführt
werden müssen. Tja. Auch er konnte nicht verhindern, dass der 75 Jahre alte
Kind weiterhin am längeren Hebel sitzt.
An der generellen Gemengelage hat sich wenig geändert. Kind findet, dass
auch im Profifußball gilt: Wer die Kapelle bezahlt, bestimmt die Musik.
Neue Investoren stehen laut seiner Aussage bereit, um Hannover 96 im
bezahlten Sport zu unterstützen – wenn denn gewährleistet ist, dass die
Geldgeber sich nicht von der Vereinsführung und den Mitgliedern des Vereins
reinreden lassen müssen.
Diesen Umstand hat Kind im Grunde auch erreicht. Die Gremien des
Stammvereins haben künftig zwar ein Mitspracherecht. Aber über den Posten
des Geschäftsführers, den Kind innehat, können sie nicht bestimmen. Kramer
glaubt zwar, dass das irgendwie doch gehen müsste. Kind verneint das. Schon
an diesem Punkt wurde deutlich, dass am Montag ein Konsens präsentiert
wurde, der von einem unüberhörbaren Zähneknirschen begleitet bleibt.
Und nun? Der Stammverein wird mit Hilfe von Darlehen gestärkt und erheblich
gefördert. Er erhält 49,9 Prozent an einer neu gegründeten Gesellschaft,
die über die Markenrechte an Hannover 96 verfügt. Das ist gut. Nicht ganz
unwichtig wäre gewesen, wenn sich Kind und Kramer dazu demonstrativ die
Hände geschüttelt hätten. Aber beide haben deutlich mehr übereinander als
miteinander gesprochen.
Kind konnte nicht verbergen, dass sein Kampf gegen das Reglement des
deutschen Profifußballs noch andauert. Er behält sich vor, vor Gericht
gegen die 50+1-Regel zu klagen, damit sie modernisiert wird. Kind will
Hannover 96 mehr Wettbewerbsfähigkeit verschaffen und glaubt, den
Geldgebern dafür die Entscheidungshoheit zusichern zu müssen. Das kommt
genau jener Abnabelung zwischen Kapitalseite und Stammverein gleich, die
all den Streit entfacht hatte.
28 Aug 2019
## AUTOREN
Christian Otto
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