# taz.de -- Ämter werden zugänglich | |
> Bremens neue Zentralstelle für barrierefreie Informationstechnik soll | |
> sicherstellen, dass sich auch Menschen mit Behinderungen auf den | |
> Webseiten von Behörden zurechtfinden | |
Bild: Nicht nur die Bedienbarkeit barrierefreier Webseiten ist benutzerfreundli… | |
Von Florian Fabozzi | |
Um Menschen mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung den Zugang zu | |
Informationen im Internet zu erleichtern, hat Bremen jetzt eine | |
Zentralstelle für barrierefreie Informationstechnik eingerichtet. Diese | |
soll künftig öffentliche Stellen, das heißt Ämter und Behörden, dabei | |
unterstützen, ihre Internetauftritte übersichtlicher zu gestalten, deren | |
Bedienung zu erleichtern und sie für die Nutzung durch Beeinträchtigte | |
aller Art zu optimieren. Mit der Errichtung der Zentralstelle setzt Bremen | |
die Vorgaben der EU und der „Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung“ | |
(BITV) um. | |
Die BITV ist zwar bereits seit 2002 als Bundesgesetz verankert, doch die | |
stetige digitale Entwicklung verpflichtet öffentliche Stellen dazu, immer | |
wieder Anpassungen vorzunehmen. Daher entstehen derzeit in allen | |
Bundesländern Stellen, die sich ausschließlich mit der Barrierefreiheit | |
digitaler Inhalte befassen. Die Organisation der Zentralstellen wurde den | |
Ländern freigestellt. So ist in Berlin der Bereich “E-Government“ im Senat | |
für Inneres und Sport für die digitale Barrierefreiheit zuständig. In | |
Hessen wurde dieser Posten an eine Hochschuldozentin vergeben. | |
Bremen hat einen anderen Weg gewählt: Die Zentralstelle wurde der | |
Dienststelle des Landesbehindertenbeauftragten angegliedert. Für Ulrike | |
Peter, Leiterin der neuen Zentralstelle, ist diese Eingliederung ein großer | |
Vorteil: „So kann der Landesbehindertenbeauftragte mehr Einfluss nehmen, | |
was den Betroffenen zugutekommt.“ | |
Peter möchte Beeinträchtigte in ihre Arbeit einbeziehen, da diese | |
„Expert*innen in eigener Sache“ seien. Auch mit Behindertenverbänden stehe | |
sie im engen Kontakt. Sie hofft, dass sich alle Agenturen und Dienstleister | |
die Barrierefreiheit von Informationstechnik „auf die Fahne schreiben“. Die | |
Arbeit könne, so Peter, „nur so gut sein, wie die Leute vernetzt sind.“ | |
Die Bremer Zentralstelle hat sich einiges vorgenommen: Nicht nur die | |
Webseiten öffentlicher Stellen, sondern auch die von Bildungseinrichtungen | |
sollen barrierefrei gestaltet werden. Doch was heißt Barrierefreiheit | |
überhaupt genau? Nach Definition des BITV basiert sie auf vier Prinzipien: | |
Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Um die | |
Inhalte von Webseiten wahrnehmbar zu gestalten, benötigt es die Integration | |
von Textalternativen. Darunter fallen Audiobeschreibungen von Bildern und | |
Texten, die vor allem für Sehbehinderte notwendig sind. Eine weitere | |
Zielsetzung betrifft die Bedienbarkeit. Es soll möglich sein, die Webseiten | |
ausschließlich mit der Tastatur zu bedienen. | |
Das Augenmerk der BITV liegt auch darauf, die Informationen zum Inhalt | |
einer Seite in leichter Sprache und Gebärdensprache anzubieten. Die | |
„leichte Sprache“ basiert auf kurzen Aktivsätzen und verzichtet auf | |
Fremdwörter, sodass sie auch von Menschen mit Leseschwächen und niedrigen | |
Deutschkenntnissen verstanden werden kann. Zudem soll eine technische | |
Kompatibilität mit den jeweiligen Systemen der Benutzer*innen gewährleistet | |
sein. | |
Die BITV setzt die EU-Richtlinie 2016/2102 um, die das Ziel hat, | |
Mindestanforderungen der digitalen Barrierefreiheit europaweit | |
anzugleichen. Einige Gesetzesänderungen haben die Notwendigkeit von | |
Zentralstellen befördert: So hat die EU-Kommission im Oktober 2018 | |
beschlossen, Erklärungen zur Barrierefreiheit verpflichtend zu machen. Jede | |
öffentliche Stelle muss demnach einmal jährlich eine Erklärung verfassen, | |
in der sie den aktuellen Stand der Barrierefreiheit ihres Internetauftritts | |
ausführlich darstellt. Webseiten, die jünger als ein Jahr sind, müssen | |
bereits bis zum 23. September dieses Jahres ihre Erklärungen veröffentlicht | |
haben. Ältere Webauftritte haben bis zum 23. September 2020 Zeit. Außerdem | |
muss eine Kontaktnummer und -adresse für Benutzer*innen bereitgestellt | |
werden, unter der sie den für Fragen und Feedback zuständigen Webmaster | |
erreichen können. | |
Bei der Umsetzung von barrierefreier Informationstechnik sei Bremen im | |
Ländervergleich fortschrittlich, betont Ulrike Peter. Sie führt die | |
Fortschrittlichkeit auf die Einheitlichkeit der Webauftritte der Behörden | |
zurück. „Alle Seiten basieren auf der gleichen Software und nutzen das | |
gleiche Grundgerüst.“ So sei es unkompliziert, neue Funktionen auf allen | |
Webseiten einzupflegen. | |
Peter kann auf jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet der barrierefreien | |
Informationstechnik zurückblicken. Sie war über zehn Jahre bei der Stiftung | |
„Digitale Chancen“ an der Universität Bremen aktiv, wo sie sich mit der | |
Zugänglichkeit und Benutzbarkeit von Webseiten befasst hatte. Bei “BIENE“, | |
einem Wettbewerb für die besten barrierefreien Angebote im Internet, war | |
sie bis 2010 für das Prüfungsverfahren mitverantwortlich. | |
11 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Florian Fabozzi | |
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