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# taz.de -- Ein Klimaleuchtturm für Hamburg
> Linke fordert, den Klimanotstand auszurufen und die Schuldenbremse
> auszuhebeln. Unterstützung kommt vom Umweltverband BUND, SPD will nichts
> übers Knie brechen
Bild: Noch immer werden rund 94 Prozent des erzeugten Stroms in Hamburg mit fos…
Von Sven-Michael Veit
Den Klimanotstand über Hamburg verhängen möchte die Linke in der
Bürgerschaft. Die Klimakrise sei real, sagt ihr Umweltpolitiker Stephan
Jersch: „Wer dies nicht anerkennt, wird die Umsetzung der Klimaziele
niemals ernsthaft angehen“, glaubt er. Und deshalb wollen er und seine
Fraktion mit einem Antrag, der am morgigen Mittwoch im Plenum debattiert
wird, mehr Schwung in die Sache bringen.
Konkret fordert die Linke den verbindlichen Klimacheck für Hamburg. Jedes
Projekt mit Beteiligung der Stadt müsse auf seine Klimaverträglichkeit
überprüft werden, auch dürften sämtliche Investitionen in die
Klimaneutralität „nicht unter Finanzierungsvorbehalt stehen“, heißt es in
der elf Punkte umfassenden Beschlussvorlage des Antrags.
Damit will die Linke zugleich die von ihr viel kritisierte Schuldenbremse
aushebeln: „Die leichtfertig von breiter Bürgerschaftsmehrheit in unsere
Landesverfassung geschriebene Schuldenbremse entpuppt sich als
Zukunftsinvestitionsbremse“, heißt es in dem Antrag.
Weitere wichtige Forderungen sind die Einrichtung eines „Sonderausschusses
Klimawandel“. Der solle „alle behördlichen Maßnahmen auf deren Auswirkung
auf die Einhaltung der Klimaziele beurteilen“. Dazu müsse in jedem
einzelnen Fall „eine konkrete Klimabilanz erstellt“ werden. Diesem
Ausschuss solle zudem ein unabhängiges Expertengremium beratend zur Seite
stehen, „das neben der Klimaauswirkung auch die Auswirkungen auf die
soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit bewertet“.
Hamburg könne „bei der Klimarettung Leuchtturm werden“, meint Jersch, und
mahnt zugleich dabei die soziale Verantwortung an: „Wir müssen andere
Bundesländer und Metropolen für wirksamere Maßnahmen begeistern und vor
allem sicherstellen, dass dies sozial gerecht geschieht. Eine weitere
Belastung von Menschen, denen heute schon nicht genügend Mittel für ein
Leben in Hamburg zur Verfügung stehen, kommt nicht in Frage.“
## Deutliches Signal
Der Hamburger Umweltverband BUND hatte bereits Mitte Mai von der
Bürgerschaft gefordert, den Klimanotstand zu erklären. Die im Hamburger
Klimaplan vorgegebenen Einsparziele würden sonst nicht erreicht, sagte
Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Das Parlament müsse deshalb „ein
deutliches Signal setzen“, so Braasch.
„Insbesondere die Stadtentwicklungs- und Verkehrspolitik ist nicht
zukunftsfähig“, kritisierte Braasch. Die CO2-Emissionen stiegen wieder an,
die energetische Sanierungsquote bei Gebäuden breche ein und die Industrie
verharre auf einem viel zu niedrigen Einsparlevel. „Der Klimanotstand ist
real, es gibt keine Ausflüchte mehr“, so der BUND-Chef.
Im Juli hatte die Kieler Klimaforscherin Friederike Otto im taz-Interview
gefordert, in jeder Stadt einen Klimacheck verbindlich zu machen: „Jede
Entscheidung muss darauf abgeklopft werden, ob sie hilft, die Klimaziele zu
erreichen, zum Beispiel CO2-neutral zu werden“, sagte Otto. Wenn hingegen
die schmutzigste Stadt Norddeutschlands, Kiel, den Klimanotstand ausrufe
(siehe Kasten), die Verhängung von Dieselfahrverboten aber verweigere, sei
das „vollkommen inkonsequent“, so Otto: „Das ist Greenwashing. Man tut so,
als ob, macht aber nichts.“
Die Klimafrage werde in der Hamburger Politik bereits „bei jeder Drucksache
mitgedacht“, sagt hingegen SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal. Den
Klimanotstand auszurufen sei lediglich „schöne Symbolpolitik, bringt uns in
der Sache aber nicht weiter“. Ein jetzt übers Knie gebrochener Notfallplan
sei überflüssig.
Zudem müssten sinnvollerweise die Beschlüsse auf Bundesebene abgewartet
werden, die am 20. September beim Klimagipfel im Bundeskanzlerinnenamt
gefasst werden sollen, sagt Schaal. Danach würde der Hamburger
Klimaschutzplan überarbeitet und noch im Dezember dieses Jahres im Senat
verabschiedet. Im neuen Jahr könne er dann in der Bürgerschaft beraten und
beschlossen werden.
Eben das aber missfällt dem Linken Jersch. Es sei unverantwortlich, dass
der rot-grüne Senat den Klimaplan erst kurz vor Weihnachten beschließen und
der Bürgerschaft zuleiten wolle. Denn am 23. Februar wird die Bürgerschaft
neu gewählt. Damit werde, fürchtet Jersch, „Klimapolitik im Wahlkampfgetöse
versenkt“.
10 Sep 2019
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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