Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Fischen im Trüben
> Die deutsche Fischereibranche will dem Klimawandel trotzen – aber wie?
> Eine frisch beschlossene Resolution der Hilflosigkeit benennt keine
> Lösungen
Von Sven-Michael Veit
Ein Finger ging dann doch hoch im Großen Sitzungssaal des Maritim-Hotels in
Magdeburg. Ob es Klimaskeptiker im Raum gäbe, hatte der Meeresbiologe Myron
Peck vom Institut für Fischereiwissenschaften an der Universität Hamburg
gefragt. Einer meldete sich – einer von rund 200 ZuhörerInnen. Über
„Klimawandel und Fischerei: Auswirkungen, Risiken, Chancen und
Handlungsfelder“ referierte Peck am Mittwoch auf der Jahrestagung des
Deutschen Fischereiverbandes (DFV). Lösungen hatte auch er nicht.
Das Klima war das beherrschende Thema, und die VertreterInnen von Hochsee-,
Küsten- und Binnenfischerei sowie der Teichwirte und Anglervereine waren
bemüht, sich als die echten Artenschützer zu gerieren. „Wir sind die wahren
Naturschützer“, verkündete Bernhard Feneis, Präsident der Deutschen
Binnenfischer – auch in Abgrenzung zu „grünen Ideologen, denen Regierungen
so viel Macht geben“, wie Dirk Sander, Chef der Küsten- und Kutterfischer,
es formulierte.
Und so fordert die Branche den richtigen Umgang mit dem Klimawandel. Die
Fischer beklagen „tendenziell steigende Wassertemperaturen“, chronischen
Wassermangel sowie Überschwemmungen durch Starkregen in Fischteichen und
Binnenseen; aber auch negative Veränderungen bei „Fischartengemeinschaften
und Fangerträgen“ sowie Änderungen von Verbreitungsgebieten von
Fischpopulationen in den Meeren durch Erwärmung, Überdüngung und
Sauerstoffknappheit.
Dass und wie der Klimawandel in Nord- und Ostsee für wärmere Sommer und
Winter sorgt, hatte Peck in seinem Vortrag nachgewiesen. Die Zahl der
eisfreien Tage habe sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich
erhöht, ebenso die Zahl der Tage mit Wassertemperaturen von mehr als 18
Grad, berichtete er.
Entsprechend würden ganze Fischpopulationen nordwärts wandern und Gebiete
besiedeln, die ihnen bisher zu kalt waren. Bis 2050 würden sich diese
Habitate je nach Fischart um 400 bis 800 Kilometer nordwärts verlagern, so
Peck.
Aus Sicht der Fischer sorgt das für Probleme und Chancen gleichermaßen. Für
die Hochseefischer könnte es positiv sein, dass einige wärmeliebende Fische
vermehrt in der Nordsee anzutreffen seien, sagte der Verbandschef der
Deutschen Hochseefischerei, Uwe Richter. Als Beispiele nannte er Sardinen
und Thunfisch. Vermehrten sich die Bestände dort weiter, könnten sie bald
kommerziell befischt werden.
Andererseits würden jedoch kälteliebende Arten wie Makrele, Scholle und
Kabeljau weiter in den Nordatlantik ausweichen. Im Polarmeer werde sich
„die Produktivität der Fischbestände wohl erhöhen“, sagt Peter Breckling,
Generalsekretär des DFV.
Das Problem für deutsche Fischer: Diese Gebiete sind keine EU-Meere,
langwierige Verhandlungen über Fangrechte mit Russland, Norwegen, Island,
Grönland, Kanada und den USA wären kaum zu vermeiden. Zuletzt habe Island
einseitig erklärt, in seine Hoheitsgewässer eingewanderte Heringe
abzuschöpfen, ohne sich um die EU zu scheren.
Und so verabschiedete der DFV am Donnerstag eine umfangreiche Resolution
gegen den Klimawandel, deren roter Faden die Ratlosigkeit ist. Irgendwas
müsse passieren – aber was? Die deutschen Fischer fischen im Trüben.
24 Aug 2019
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.