# taz.de -- heute in hamburg: „Polarisierung gibt es auf jeden Fall“ | |
Interview Carlotta Kurth | |
taz: Frau Yilmaz, in der heutigen Diskussion geht es um die Auswirkungen | |
der deutsch-türkischen Konflikte auf das Zusammenleben der Menschen in | |
Deutschland. Welche Rolle spielt da der türkische Präsident Recep Tayyip | |
Erdoğan? | |
Güngör Yilmaz: Er spaltet auf jeden Fall die Menschen in der Türkei und | |
spaltet daher auch hier. Selbst wenn Erdoğan nicht nach Deutschland kommen | |
würde, spürt man trotzdem seinen Einfluss. Viele Menschen hier verfolgen | |
sehr intensiv die türkische Politik und die Geschehnisse in der Türkei. Zum | |
Teil läuft der Fernseher viele Stunden am Tag mit türkischen Programmen. | |
Und sehr viele Sendungen sind regierungsnah. Deshalb ist auch klar, wie der | |
Inhalt der Berichterstattung aussieht. Trotzdem muss ich ergänzen, dass es | |
auch Sender gibt, die der Opposition sehr nah stehen und hier ebenfalls | |
viele Menschen erreichen. | |
Entsteht die Spaltung also dadurch, dass man nur eine Seite der | |
Berichterstattung rezipiert? | |
Das trägt dazu bei, ja. Vielleicht könnte man selbst einen Ausgleich | |
finden, wenn man von beiden Seiten etwas hört, anstatt sich auf die | |
Berichterstattung von ausschließlich einer Seite zu verlassen. Deutsche | |
Medien erreichen türkischstämmige Menschen einfach nicht mit der | |
Intensität, wie es türkische tun. | |
In den deutschen Medien wird ja auch eher negativ über die Türkei berichtet | |
… | |
Genau, wenn über die Türkei berichtet wird, dann meist negativ. Viele | |
empfinden das als türkeifeindlich und genauso einseitig wie die | |
Berichterstattung der türkischen Medien. | |
Wie gespalten sind die Lager in Hamburg? | |
Hier von einer Spaltung zu reden, ist vielleicht zu krass. Eine | |
Polarisierung gibt es auf jeden Fall auch unter den Menschen in Hamburg. | |
Das merkt man an den Zusammenkommen der Leute in Vereinen oder anderen | |
Begegnungsorten. Hier treffen sich eher Gleichgesinnte. Allerdings muss man | |
auch sagen, dass die Polarisierung in Hamburg eindeutig weniger ausgeprägt | |
ist als die in der Türkei. Hier herrscht definitiv eine weniger feindliche | |
Stimmung. | |
Wie geht es den türkischstämmigen Menschen denn allgemein in Hamburg? | |
Besser als woanders. Das hat mit Sicherheit auch mit der Offenheit der | |
Großstadt zu tun. Wobei es ihnen immer noch nicht gut geht, ist bei der | |
Wohnungssuche. Hier spürt man die Diskriminierung am meisten. Bei 20 | |
Interessenten sind es einfach nicht die türkischen Namen, die bevorzugt | |
werden. | |
2 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Carlotta Kurth | |
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