# taz.de -- Mops-Treffen in Berlin: Sie wedeln einander an | |
> Beim 10. und letzten Mopstreffen untersagt das Veterinäramt wegen Hitze | |
> das Rennen der Hunde. Stattdessen laufen die Halter*innen um die Wette. | |
Bild: Soll doch Frauchen sich die Zunge aus dem Leib hecheln! | |
Mensch stelle sich vor, es ist eine Hundewiese in Deutschland, rund 150 | |
Tiere und deren Halter*innen treffen auf kaum 4.000 Quadratmetern bei | |
brütender Sommerhitze aufeinander. Und es gibt keinen Streit. Kein Gonzo | |
verbeißt sich im Nackenhaar des Opponenten, kein Außenseiter schleicht mit | |
linkischem Blick durchs Unterholz, verängstigt den Platzrüden ausweichend, | |
nur um wenig später zur Attacke anzusetzen. Kein mahnendes „Laika, Laika, | |
lass das !“, ist zu hören, kein „Kommst du jetzt her, Johnny, verdammt noch | |
mal, ich hab die Schnauze so was von voll von dir!“ In fünf Stunden kommt | |
es nicht einmal zu einem aufgeregten Gebell, weder zwischen den Hunden noch | |
deren stolzen Alphatieren mit Leine und Leckerli. | |
Die Viecher scheinen einfach nichts Übles im Schilde zu führen. Können sie | |
auch gar nicht, sie sind völlig entwaffnet. Kurze Schnauze, kleine | |
Zähnchen, kurze Beine unter relativ großem Rumpf. Die Möpse tollen im | |
Dutzend über die Wiese, zivilisiert und etwas tumb. Sie wedeln einander | |
gegenseitig an oder setzen zu kurzen Spaßsprints an, während die | |
Hundefreaks Kuchen essen, Tee trinken – und schwitzen. | |
Hat der räuberische Wolf in Gestalt des Mopses den Sprung in die | |
menschliche Zivilisation vollendet? Kann der Mops zum Wappentier der | |
Westintegration der schieren Weiten Asiens dienen? Zur Überwindung des | |
westlichen Imperialismus? Oder beidem? | |
Möpse: Seit zweitausend Jahren haben sie die Ruhe weg, vom chinesischen | |
Kammergefährten bei Hofe über das Loriot’sche Sofa bis zum britischen | |
Gentlewoman-Tröster mit Beistellbettchen – das totale Kuscheln. In Berlin | |
treffen sich Mops und Mensch alljährlich zum „Internationalen Mopstreffen“ | |
unter dem Motto, „Pugs of the world invited!“, so auch am Samstag. | |
Doch ein Schatten hat sich über das diesjährige Mopsmeeting in Lichtenrade | |
gelegt. Es ist das letzte seiner Art, denn der Veranstalter Thomas Zupan | |
geht in Mopsrente. Er hat keinen Bock mehr; zu viel Arbeit, zu wenig | |
Anerkennung – und außerdem: „Ich werde furchtbar drangsaliert von | |
militanten Tierschützern.“ Einmal habe ihm eine Ortsgruppe der | |
Tierschutzorganisation BMT sogar die Polizei zum Mopsmeeting geschickt. | |
„Die reden immer nur von Qualzucht“, dabei lege er bei seiner kleinen | |
Mopszucht explizit Wert darauf, dass die Tiere von der Überzüchtung | |
wegentwickelt würden. | |
Mitte des 19. Jahrhunderts war es zu Überzüchtungen in den meisten | |
Mopslinien gekommen; die Nasen der Tiere wurden so kurz, dass die Hunde qua | |
Geburt Luftnot hatten. Hüft-, Nerven und Augenkrankheiten kamen durch | |
Inzucht hinzu. So quälte sich der Mops als solcher durch ein immer kürzeres | |
Leben. Ein gesunder kann indes an die 15 Jahre alt werden. | |
Beim letztjährigen Mopstreffen konnte die siegreiche Möpsin Emma noch | |
ermittelt werden. Doch 2019 untersagte das Veterinäramt die Spiele. | |
Vermutet wird, dass die Behörde aktiv wurde, nachdem Tierfreund*innen | |
frühzeitig angerufen hatten. Bei Temperaturen von handgemessenen 32 Grad im | |
Schatten waren die Mopswettläufe am Morgen des Wettkampftages schließlich | |
abgesagt worden. | |
„Das letzte Mal wurde dieses Modell bei der Olympiade in Peking | |
eingesetzt“, erklärt Stefan Quandt vor einem roten Kasten mit der | |
Aufschrift „Swiss Timing“. Das Gerät mit Schweizer Präzisionslinse misst | |
lichtgenau die Zeit bei Zieleinläufen und fertigt Fotofinishes an. Quandt | |
und seine Kollegen haben die Apparatur für das Mopsrennen aufgestellt; | |
prämiert werden sollten am Samstag die drei schnellsten Kuschelhunde und | |
auch der langsamste, der traditionell den augelassensten Applaus bei der | |
Pokalübergabe bekommt, wie Quandt erklärt. Mit totaler Leistungsethik habe | |
das nichts zu tun, die Möpse rennen einfach gern kurze Strecken, auch wenn | |
es warm ist. | |
## „Alle Ehre für den Mops!“ | |
Doch heute holpern also keine Möpse, sondern nur ihre Frauchen und Herrchen | |
zwischen den abgesteckten Banden die Wiese in der Kleingartenkolonie beim | |
S-Bahnhof Schichauweg hinunter. „Alle Ehre für den Mops“, lacht Thomas | |
Zupan durchs etwas übersteuerte Mikrofon. Manche Hundehalter*innen | |
schneiden beim Zieleinlauf Grimassen für die Ewigkeit. Anschließend kühlt | |
man sich und die Tiere mit dem Rasensprenger ab. Da dürfen die Tiere wieder | |
mitmachen. | |
„Lotti ist ein ganz normaler Mops“, räumt Kathrin Mosch ein. Chancen, dass | |
Lotti es aufs Podium schaffen könnte, hatte sie sich in diesem Jahr | |
gleichwohl ausgerechnet; „Lotti ist schon sehr schnell!“ So ein Mops habe | |
„ein liebes, aufgeschlossenes Wesen, sei unkompliziert und so gutmütig, | |
dass er Aggressionen und Drohgebärden anderer Hunde manchmal gar nicht | |
erkenne. Alleine rennen wollte sie nicht, ohne Lotti. | |
Der Mops Pogo von Johannes P. „mopst gerade mit den anderen Möpsen herum“, | |
wie sein Halter erklärt. Er selbst „arbeite viel in linken Kollektiven“, | |
zum Beispiel im anarchokommunistischen Tommy-Weisbecker-Haus. Er schätze am | |
Mops einfach dessen soziale Qualität als „Kompendienhund“, also als | |
Begleiter des Menschen, wie P. fachkundig ausführt. Liz H., ebenfalls in | |
vollem Revolutionsornat gewandet, geht noch einen Schritt weiter: „Hunde | |
sind einer der besten Teile des Lebens, und ich habe hier einen verdammt | |
guten Tag!“ Peta und andere Tierschutzorganisationen machten „manche dumme | |
Sachen“, kommentieren die beiden zum Thema des Tages auf der Wiese. Da | |
schallt es aus den Lautsprechern, dass beim Burgerverkauf jetzt | |
Discountpreise angesetzt würden. „Zweieurofünfzig für den veganen | |
Kicherburger!“ Auf dem unglamourösen Gelände haben sich die meisten Möpse | |
samt Begleitmenschen bereits verzogen. | |
Als die Lichtenrader Hochsommersonne sich verzogen und der letzte Mops | |
verschwunden ist, stapft Thomas Zupan noch mit seinem Westernhut über das | |
Gelände. Letzte Abbauarbeiten. Man munkelt, ein Schlossherr in | |
Mecklenburg-Vorpommern werde die Tradition der Mopstreffen im nächsten Jahr | |
fortführen. | |
1 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Anselm Lenz | |
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