# taz.de -- „Es steht schlecht um die Meeresumwelt“ | |
> Die Grünen-Politikerin Steffi Lemke fordert Verhandlungen mit Dänemark, | |
> um die Fischbestände besser zu schützen. In bestimmten Zonen soll gar | |
> nicht mehr gefischt werden | |
Interview Sven-Michael Veit | |
taz: Frau Lemke, was haben Sie eigentlich gegen die Fischerei? | |
Steffi Lemke: Die Fischerei ist ein wichtiger Wirtschaftszweig, den es | |
national und international zu erhalten gilt. Genau das kann nur | |
funktionieren, wenn Fischbestände erhalten, die Meeresnatur geschützt und | |
die Plastik- und andere Schadstoffeinträge endlich kleiner werden. Das | |
Einhalten von nachhaltigen Fangquoten und das Schaffen von Rückzugsräumen | |
für bedrohte Populationen ist notwendig, damit es auch in Zukunft noch eine | |
Fischerei geben kann. Deshalb fordern wir weltweit wirksame | |
Meeresschutzgebiete. | |
Und was genau soll in Meeresschutzgebieten geschützt werden? | |
Fischbestände, Seevögel, Mollusken, Korallen, Riffe – der Reichtum, den | |
Wissenschaftler als „Menschheitserbe Meer“ bezeichnet haben. Die | |
vorgeschlagenen Meeresschutzgebiete auf der Hohen See wurden wegen ihrer | |
Bedeutung für die Biodiversität nach wissenschaftlichen Kriterien | |
ausgewählt. Für die Nord- und Ostsee bedeutet dies auch den Schutz für | |
Schweinswal, Kegelrobbe und vielem mehr. Erfahrungen aus anderen Ländern, | |
zeigen wie sich an Schutzgebieten angrenzenden Gewässern Fischpopulationen | |
wieder erholen. | |
Sie wollen weiträumige „Nullnutzungszonen“ – ist das überhaupt sinnvoll… | |
realistisch? | |
Aktuell haben wir die absurde Situation, dass die Fischereiintensität in | |
Schutzgebieten um bis zu 40 Prozent höher ist als außerhalb der geschützten | |
Meeresgebiete. Damit wird Meeresschutz ins Gegenteil verkehrt. In den | |
geschützten Gebieten fordern wir deswegen Nullnutzungszonen. Nur so können | |
wir vom Aussterben bedrohte Arten wie den Ostsee-Schweinswal noch retten | |
und Rückzugsräume auch für Fischbestände sichern. | |
Die EU-Kommission hat kürzlich das Ende der Fischerei mit Grund- und | |
Stellnetzen in mehreren deutschen Schutzgebieten in der Nordsee gefordert. | |
Sehen Sie sich dadurch bestätigt? | |
Die EU-Kommission beruft sich auf die vorliegenden wissenschaftlichen | |
Erkenntnisse. Es steht schlecht um die Meeresumwelt in der deutschen Nord- | |
und Ostsee. Die Bundesregierung hat diese Situation jahrelang ignoriert und | |
verharmlost. Insbesondere CDU-Fischereiministerin Julia Klöckner trägt die | |
Verantwortung für die aktuelle Situation. Sie hat in den Verhandlungen mit | |
ihren dänischen Amtskollegen jeglichen Forderungen der Fischereiwirtschaft | |
nachgegeben und den Meeresschutz über Bord geworfen. Der Brief der | |
Kommission ist eine Ohrfeige für diese verfehlte Politik. Ich fordere die | |
Ministerin auf, noch in diesem Sommer mit der neuen dänischen Regierung | |
nachzuverhandeln und Meeresschutz endlich prioritär zu behandeln. | |
Aber sind nicht die kleinen Kutterfischer die Leidtragenden? | |
Mittel- und langfristig leidet die Fischerei hauptsächlich unter | |
zurückgehenden Fischbeständen, und diese Situation wird durch die | |
Klimakrise verschärft. Aktuell sind die Populationen so unter Druck, dass | |
immer geringere Fangquoten vereinbart werden, und durch die Klimakrise | |
wandern Makrele und Kabeljau weiter in den Norden. Aktuell gilt sogar ein | |
Dorsch-Fangverbot in Teilen der Ostsee. Diese Situation setzt den Fischern | |
massiv zu. Wenn sich die Populationen jedoch in Rückzugsräumen erholen | |
können, könnte dies langfristig die Situation der Fischer bessern. | |
Essen Sie eigentlich Fisch? | |
Ich esse schon immer gerne Fisch. Hering, Dorade und Forelle besonders | |
gerne, aber ich esse ihn nur noch selten – dafür umso bewusster. Leider | |
stammen immer noch viel zu viele Fische aus illegalen Fängen und | |
überfischten Beständen. Hier braucht es dringend bessere Kontrollen und | |
Gesetze, die dies verhindern. | |
24 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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