| # taz.de -- Containerflicker streiken | |
| > Die Hafenarbeiter*innen von Medrepair fordern einen Tarifvertrag und dass | |
| > alle dasGleiche verdienen. Weil die Firma einigen weniger Geld als bisher | |
| > bietet, haben sie gestreikt | |
| Bild: Brötchen essen statt Container reparieren: Hafenarbeiter im Streik | |
| Inga Kemper | |
| Rostige oder verbeulte Container haben sie gestern im Hafen nicht | |
| repariert. Die Mitarbeiter*innen der Containerreparaturfirma „Medrepair“, | |
| haben stattdessen gestreikt. Sie fordern schon seit Monaten einen | |
| Tarifvertrag, doch weil die Geschäftsführung aus Antwerpen daraufhin eine | |
| schlechtere Bezahlung für einige Kolleg*innen vorschlug, legte gestern | |
| knapp die Hälfte der 66 Hamburger Beschäftigten ihre Arbeit nieder. | |
| Schon im Morgengrauen haben sich die Reparateur*innen, Schlosser*innen und | |
| Staplerfahrer*innen von „Medrepair“, im Industriegebiet Waltershof mitten | |
| im Hafen versammelt. Der Protest ist dort gut sicht- und hörbar. Die | |
| Streikenden haben Bierbänke, Tische und Lautsprecher aufgebaut. Zu Kaffee | |
| werden belegte Brötchen gereicht, an einem Maschendrahtzaun wehen | |
| Ver.di-Flaggen im Wind, die zu den rot-weißen Streikwesten der | |
| Beschäftigten passten. Zwischendurch werden Reden gehalten, dann wieder | |
| geklönt. | |
| Man kennt sich hier: LKWs fahren im Minutentakt an der langen Straße am | |
| Streikpunkt vorbei. Die wenigen Fahrer, die aufs Firmengelände abbiegen, | |
| werden mit Handschlag durchs offene Fenster begrüßt. | |
| „Es ist ein Skandal, dass gerade bei den Kosten in der Großstadt die | |
| Gehälter sinken sollen“, sagt Ver.di-Sekretär Andreas Bahn über die hohen | |
| Lebenshaltungskosten in Hamburg. Die Tochterfirma des Logistikriesen msc | |
| (mediteran shipping company) zahle zudem für gleiche Arbeit | |
| unterschiedliche Löhne, kritisert Bahn. | |
| Den Betriebsratsvorsitzenden Cristian Huhn ärgert das auch: „Der eine | |
| Schlosser kriegt 16 Euro die Stunde, der andere 22.“ Er fordert daher nicht | |
| nur einen Tarifvertrag, sondern auch eine transparente Lohntabelle. Der | |
| Vertrag solle sich am sogenannten Hafentarif orientieren. Die meisten | |
| Firmen des Hamburger Hafens zahlen auf dieser Grundlage schon einheitliche | |
| Löhne. Gerade im Juni 2019 wurde ein neuer Lohntarif zwischen Ver.di und | |
| dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) geschlossen. | |
| Ziel für die Mitarbeiter*innen von Medrepair ist es, den gleichen Vertrag | |
| zu bekommen und damit gegen Intransparenz im Unternehmen vorzugehen. Nicht | |
| nur die zehn in Leiharbeit Beschäftigten des Unternehmens, sondern auch die | |
| anderen Angestellten, die unter anderem als Schlosser*innen und | |
| Staplerfahrer*innen arbeiten, würden mehr verdienen, glauben die | |
| Streikenden. Der Hafentarif sieht einen Grundstundenlohn, je nach | |
| Lohngruppe zwischen 17,50 Euro und 27,37 Euro vor. Dagegen setzte Medrepair | |
| in ihrem Vorschlag bei 10,50 Euro die Stunde an. Das geht aus einem | |
| Schreiben des Unternehmens hervor, das der taz vorliegt. Laut Ver.di wollte | |
| das Unternehmen nur mit dem Betriebsrat verhandeln. | |
| „Medrepair“ wollte sich nicht zum gestrigen Streik äußern. Dem | |
| Geschäftsführer der Hamburger Niederlassung sei es verboten worden, mit der | |
| Presse zu sprechen, sagte eine Mitarbeiterin am Telefon auf Nachfrage der | |
| taz. Ob das Verbot vom Firmensitz aus Antwerpen kam, blieb unklar. | |
| Vor der Einfahrt auf dem Hafengelände ist der Streik noch in vollem Gange. | |
| Allerdings erfahren die Arbeiter*innen nicht nur Unterstützung: Ein | |
| Schlosser fährt im Auto vorbei, ohne zu grüßen. „Der ist auf der Seite der | |
| Chefs und hat Angst, nach Auslaufen des Arbeitsvertrags entlassen zu | |
| werden“, sagt einer der Männer in knisternder Streikweste. | |
| Davon lassen sich die beiden Betriebsratsvorsitzenden nicht entmutigen. | |
| „Wenn es sein muss bleiben wir bis 22 Uhr hier“, sagt Fur Wjatscheslaw, der | |
| zweite Vorsitzende kämpferisch. „Um 14 Uhr ist Schichtwechsel, dann kommen | |
| die Nächsten.“ Doch schon um 15 Uhr ist nichts mehr von einem Streik zu | |
| sehen. Auch der LKW-Stau, vor dem Ver.di im Voraus gewarnt hatte, blieb | |
| aus. | |
| Ver.di-Sekretär Bahn hofft trotzdem, dass die Arbeiter*innen mit der Aktion | |
| Druck ausüben – und künftig alle den gleichen Lohn bekommen, wenn sie | |
| Container flicken. | |
| 22 Aug 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Inga Kemper | |
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