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# taz.de -- berliner szenen: Zahl ick! Ramazotti rin!
Es regnet ohne Unterlass. Auf Facebook sehe ich in einem Video, wie das
Wasser durch die Kanalisation nach oben in das Berliner Buchstabenmuseum
gedrückt wird. Ein serifenloses großes E spiegelt sich im Wasser. Ich fahre
Richtung Norden aus der Stadt. Kurz hinter Pankow drückt der Fahrtwind die
letzten Regentropfen von den Scheiben der Bahn. Ich bin zu einem
Literaturfestival in der Uckermark eingeladen. Am Prenzlauer Bahnhof warte
ich eine Weile, frage eine Frau, die neben mir wartet, ob sie auch nach
Fürstenwerder wolle, will sie aber nicht, und rufe einen der Shuttle-Fahrer
an.
Ich bin der Letzte, der heute anreist, sie haben mich vergessen. In einem
Imbiss kaufe ich mir einen Kaffee und setze mich vor den Bahnhof auf eine
Bank in die Abendsonne. Der Fahrer kommt, wir reden über die
Kleinteiligkeit der Landschaft, während wir nach Westen fahren. Die
Eröffnungsveranstaltung ist schon vorbei und alle Gäste scheinen gegangen
zu sein. Ich begrüße die, die ich kenne, und stelle mich denen vor, die ich
nicht kenne. Am Getränkestand, an dem sich ein betrunkenes Paar mit dem
Verkäufer unterhält, bestelle ich eine Apfelsaftschorle. Als ich bezahlen
will, sagt der Mann, dessen Gesicht aussieht, als hätte es außer Saufen und
Schwitzen wenig erlebt: „Lass ma stecken, zahl ick!“ – „Danke, das müs…
Sie nicht!“, sage ich. Seine Frau sagt: „Konny will das, er macht das!“ D…
Mann macht eine Handbewegung und sagt: „Zahl ick! Ramazotti rin!“ Ich sage:
„Nee!“ – „Warum nich?“, fragt er. „Schmeckt scheiße!“, sage ich.…
ick“, sagt der Mann wieder. „Danke, das ist nett“, sage ich. Die Frau
wendet sich Konny zu und sagt: „Jetzt musste aber mal fragen, wie er heißt!
Dit macht man so!“ Und Konny dreht sich zu mir, guckt auf mein Getränk,
dann in mein Gesicht und sagt: „Nö!“
Björn Kuhligk
20 Aug 2019
## AUTOREN
Björn Kuhligk
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