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# taz.de -- berliner verkäuferinnen und wie sie den laden hier am laufen halte…
Bild: Silke Reul Foto: Dorothee Wenner
Sie lese sehr gerne Reiseberichte, sei aber eher ein „Angsthase“, wenn es
ums eigene Reiseverhalten geht, erklärt Silke Reul. Auch wenn es nur halb
der Wahrheit entspricht: Diese Aussage erklärt schon fast, wie die
gebürtige Berlinerin zur Starverkäuferin der traditionsreichen
Reisebuchhandlung Schropp wurde. Silke habe die Fähigkeit, so meint ihre
Chefin Regine Kiepert, Kunden so zu beraten, dass sie den Laden glücklicher
verlassen, als sie gekommen sind.
Naturgemäß stehen die Schropp-Kunden oft am Beginn einer Reise –
Schlössertour durch Thüringen oder Work and Travel in Australien, mit dem
Wohnmobil nach Ulan-Bator oder zu Fuß durch die Anden. Sie brauchen
Spezialkarten, Insidertipps, GPS-Geräte, Dumonts, Reise-Know-how oder
Wanderführer. Aber gerne auch die in die Beratung einfließende
unausgesprochene Bewunderung für den Mut, ein exotisches Ziel anzusteuern,
sich den Strapazen und den bevorstehenden Abenteuern in der großen, weiten
Welt auszusetzen, seine Spezialkenntnisse vor Ort aus eigenem Antrieb
vertiefen zu wollen. Reul kann das, auch wenn sie an einem Tag den siebten
Georgien-Reiseführer verkauft.
Dazu führt sie die Kunden erst einmal in die geografisch passende
Abteilung, zieht zur Ansicht ein Standardwerk aus dem Regal – und beginnt
ein Gespräch, bei dem sie den Reisetyp ihrer Kunden herausfindet. Um dann
punktgenau mit dem gesuchten Buch, der idealen Karte zu landen – das
jeweils Passende für intellektuelle, träge, wissensdurstige, preisbewusste,
hyperaktive Reisende.
Wie in jedem gut aufgestellten Einzelhandelsteam werden bei Schropp die
Angestellten ihren Fähigkeiten entsprechend für unterschiedliche Aufgaben
eingeteilt. Weil Reul Bestellungen, Rechnungen, die Betreuung des
Onlinehandels nach eigener Aussage nicht so sehr liegen wie die
Kundenbetreuung, gibt es die interne Verabredung, dass sie vorgeschickt
wird, wenn die Spezialisten kommen, die es ja in jedem Fachgeschäft gibt.
In der Reisebuchhandlung sind das zum Beispiel Eisenbahnfreaks oder auch
Kriminalbeamte, die wichtigtuerisch Falkpläne von Kiel und Flensburg
erwerben. Mit der Freude einer Schmetterlingssammlerin an seltenen und
besonders bunten Exemplaren unter den Kunden widmet sie sich älteren
Herren, die sich aufregen, wenn auf Fahrradkarten junge Familien ohne Helm
abgebildet sind. Oder wenn die orientalisch parfümierte Frau M.
wiederkommt, um mit viel Sachverstand den neuen Kirchenführer/Oberfranken
unter die Lupe zu nehmen, obwohl klar ist, dass sie kein Geld hat, diesen
zu kaufen. Wenn Silke Reul zuweilen so wirkt wie eine Schauspielerin, die
eine Buchhändlerin spielt, dann ist das wahrscheinlich so, weil es so viel
Begeisterung für den eigenen Beruf heute fast nur noch im Film gibt.
4 Jul 2019
## AUTOREN
Dorothee Wenner
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