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> Der Journalist, Autor und tazler der Anfangsjahre Detlef Berentzen ist | |
> überraschend gestorben. Ein Abschiedsbrief von einem Weggefährten | |
Bild: Ein antiautoritärer Geist: Detlef Berentzen im Jahr 1983 | |
Von Mathias Bröckers | |
Auf seinem taz-Blog „Spurensuche“ hatte Dr. Feelgood am 12. Juli 2019 die | |
47. Folge seiner „Wiener Korrespondenzen“ veröffentlicht – dass es sein | |
letzter Artikel werden würde, hatte Detlef Berentzen wohl genauso wenig | |
erwartet wie wir. Und auch nicht seine Frau, die am Donnerstag, 18. Juli | |
2019, die gemeinsame Wohnung in Schöneberg verließ. Als sie am Abend nach | |
Hause kam, war er tot – plötzlich, überraschend, aus heiterem Himmel. | |
Detlef Berentzen, 1952 geboren, besuchte im westfälischen Bielefeld die | |
obligatorische Volksschule und das berühmt-berüchtigte (Rats-)Gymnasium. | |
Nach einer kaufmännischen Lehre (Dr. Oetker) und ersten Schreibversuchen | |
lebte er ab 1971 in Berlin. Dort studierte er Ökonomie und Philosophie, | |
verfasste Kolumnen für Szenezeitschriften, arbeitete in Kinderläden und in | |
Kollektiven. | |
1981 kam er zur taz, zuerst arbeitete er für die Geschäftsführung im Büro, | |
dann für die Redaktion, wo er unter anderem eine Seite für Kinder und | |
Jugendliche initiierte. Nach deren Einstellung gründete er seine eigene | |
Zeitschrift für Kindheit enfant t., die er fünf Jahre lang redaktionell | |
leitete. Seit 1987 war er als freier Journalist und Autor tätig und | |
realisierte für viele Rundfunk- und Fernsehanstalten Features und | |
Dokumentationen zu Politik, Kultur und Literatur. Das letzte dieser | |
Radiostücke erschien erst im vergangenen April im WDR, zum 40. Geburtstag | |
der taz: „Update 40.0, Die „tageszeitung“ im Zeitalter der Digital | |
Natives“. | |
Schon 30 Jahre zuvor hatte Detlef (zusammen mit Bernhard Brugger und mir) | |
eine voluminöse Dokumentation über die ersten zehn Jahre der „tageszeitung�… | |
(„40 Jahre taz – Das Buch“, Verlag Zweitausendeins) herausgegeben. Die | |
Spurensuche im linken, alternativen Milieu war und blieb sein Thema, und so | |
hieß denn auch sein Blog, den er 2009 auf taz.de eröffnete – um als Dr. | |
Feelgood hier „News der anderen Art. Gute zum Beispiel“ zu verbreiten. Doch | |
über gute Nachrichten und die Historie der linken Szene hinaus waren seine | |
Interessen und Themenfelder sehr vielfältig und weit. | |
Er schrieb Bücher über „Die Deutschen und ihre Hunde“ ebenso wie über den | |
Dichter Peter Härtling. Das Spektrum seiner Radiofeatures reichte von der | |
Philosophie der Renaissance über die Geschichte und Aktualität der | |
Situationistischen Internationale bis zur nicht mit ihm verwandten | |
Schnapsfabrik Berentzen („Die Kornbrenner-Dynastie – von der Seitenlinie | |
aus betrachtet“). Und dazwischen immer wieder Sendungen über „sein“ Thema | |
schlechthin: Kindheit, Erziehung, Bildung („SuperNanny goes Kinderladen, 40 | |
Jahre antiautoritäre Erziehung und die Folgen“). | |
Als Radiomann forderte er von seiner guten alten taz schon vor zehn Jahren, | |
dass sie doch endlich mehr Podcasts machen sollte (was nun endlich | |
geschieht), als Blogger versorgte er sie mit guten Nachrichten aus | |
Geschichte und Gegenwart, und als Typ war er einer der inspirierten, | |
engagierten, anpackenden Menschen, ohne die diese Zeitung Anfang der 1980er | |
Jahre nicht in die Gänge gekommen wäre. | |
In der letzten Folge der „Wiener Korrespondenzen“ mit seinem „ziemlich | |
grünen“ Freund Michael hatte er über die neue Onlineplattform „pray for | |
austria“ geschrieben: „Das geht zu weit: Beten für die FPÖ!“ Als Antwort | |
sandte sein Korrespondent ein Zitat aus dem Markus-Evangelium: „Und er | |
lehrte sie und sprach zu ihnen: Sehet euch vor vor den Schriftgelehrten, | |
die in langen Kleidern gehen und lassen sich gern auf dem Markte grüßen. | |
Und sitzen gern obenan in den Schulen und über Tisch beim Gastmahl; sie | |
fressen der Witwen Häuser und wenden langes Gebet vor. Diese werden desto | |
mehr Verdammnis empfangen.“ | |
Eine solche hat Detlef Berentzen als aufrechter, antiautoritärer Geist auf | |
seiner letzten Reise mit Sicherheit nicht zu befürchten. Und weil solche | |
Geister rar sind auf Erden, werden wir hienieden – seine Frau, sein Sohn, | |
seine Freunde, seine LeserInnen und ZuhörerInnen – ihn umso mehr vermissen. | |
Ruhe in Frieden Detlef – der Kampf geht weiter! | |
27 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Mathias Bröckers | |
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