# taz.de -- zwischen den rillen: So vielfältig wie ein Kontinent | |
Bild: Africa Express „Egoli“ (Africa Express) | |
Der Proberaum ist rappelvoll. Musiker, Organisatoren, einige Journalisten. | |
Eine Bläsersektion begleitet Damon Albarn und Paul Simonon, die gerade eine | |
neue Version des alten Clash-Songs „Guns of Brixton“ einüben. Plötzlich | |
springt eine Dame, die gerade noch gesessen hat, auf, greift sich das Mikro | |
und singt. Es ist Naime, eine Sängerin aus Mali, eine von vielen | |
afrikanischen MusikerInnen, die für das anstehende Konzert von Africa | |
Express in London proben. Erstmals sollen dabei auch einige Songs des | |
neuen, in Johannesburg aufgenommenen Albums „Egoli“ live gespielt werden. | |
„So chaotisch geht’s immer zu bei Africa-Express-Projekten“, erklärt | |
Mitbegründer Stephen Budd. Budd ist hauptberuflich Produzent und | |
Musikmanager. 2006 kam ihm zusammen mit dem Journalisten Ian Birrel und dem | |
britischen Popstar Damon Albarn die Idee zu Africa Express. „Beim | |
Live-Aid-Konzert 2005 sah ich weltweit so viele Hundert Künstler auf den | |
Bühnen herumstehen für den guten Zweck, Afrika zu helfen, aber nur ein | |
einziger afrikanischer Musiker war involviert! Das darf doch nicht wahr | |
sein! Dabei ist die afrikanische Musikszene so vielfältig wie der Kontinent | |
selbst.“ | |
Daraufhin schlug Damon Albarn vor, nach Mali zu fahren, wo er bereits | |
Freunde hatte, und so entstand das Projekt. „Das Motto von Africa Express | |
ist, wir treffen uns an bestimmten Orten, laden afrikanische, europäische | |
und amerikanische MusikerInnen ein, und dann wird gejammt! Ohne Vorgaben! | |
Niemand weiß vorher, wie die Musik oder das Konzertklingen wird. Die | |
Setlisten stehen oft erst kurz vorher fest, und selbst da ist nichts in | |
Stein gemeißelt. Es geht um Spontaneität und Kreativität, und darum, dass | |
sich Musiker gegenseitig inspirieren, Brücken bauen und damit etwas | |
Besonderes schaffen!“ | |
Auf diese Weise sind mittlerweile bereits vier Alben entstanden und etliche | |
Konzerte wurden gegeben. 2012 tourte das Kollektiv in einem alten | |
ausrangierten Zug durch Großbritannien. An Bord bekannte Musiker aus | |
diversen afrikanischen Ländern, unter anderem das malische Duo Ahmadou und | |
Mariam, Bassekou Kouyaté und Fatoumata Diawara, aber auch ein Paul | |
McCartney gab sich die Ehre und jammte mit. | |
Für „Egoli“, das neue Album, reisten Albarn, Birrell und Budd Anfang 2018 | |
wiederum nach Johannesburg. Gemeinsam mit Künstlern wie Nick Zinner und | |
Gruff Rhys trafen sie sich mit südafrikanischen Künstlern wie Otim Alpha | |
und Zolani Mahola, um Musik einzuspielen. „Wir haben wochenlang in Hütten | |
gelebt und gejammt“, erinnert sich Damon Albarn. Dabei ist das hörbar | |
elektronischste Werk herausgekommen, das Africa Express bis jetzt | |
komponiert haben. Treibende Beats, gemischt mit Punkelementen, treffen auf | |
Jazz, HipHop und südafrikanischen Folksound. Textlich steht im Vordergrund, | |
was das Leben der Künstler in Südafrika ausmacht. | |
In „City in Lights“ singt die Britische Newcomerin Georgia zusammen mit der | |
südafrikanischen Frauenband Mahotella Queens: Es geht um die Geschichte | |
einer Frau, die aus ihrem Township verschwindet, um ihren Traum als | |
Musikerin zu verwirklichen. Der Song „Where Will This Lead Us To“ | |
thematisiert eine ungesunde Beziehung, in der häusliche Gewalt stattfindet. | |
Das HipHop-lastige Lied hat zwar Mitsing-Charakter, ist textlich aber | |
durchaus düster. Sängerin Moonchild Sanelly gilt in Südafrika als Stilikone | |
für junge Frauen. Sie spricht sich offen für sexuelle Aufklärung, für | |
Selbstverwirklichung und Respekt aus. Sanelly hat ihr eigenes | |
Fashion-Label, und singt sowohl auf Englisch als auch auf Xhosa, einer der | |
Landessprachen Südafrikas. „Egoli“, der Albumtitel, ist auch der Name für | |
Johannesburg auf Xhosa. | |
Damon Albarn ist auf drei von 18 Tracks zu hören. „Ich halte mich | |
weitgehend zurück“, erklärt er. „Auch bei Konzerten. Es geht nicht um mic… | |
es geht um Africa Express. Ich gebe nur Anstöße, schließlich bin ich | |
Musiker, dennoch mag ich nicht gern omnipräsent sein.“ | |
„Egoli“ verquirlt Dance-Pop mit traditioneller südafrikanische Musik, aber | |
das Ergebnis klingt nicht weichgespült. Trotzdem hätte ein bisschen mehr | |
südafrikanischer Einfluss nicht geschadet. Sicherlich erreicht die Musik | |
mehr HörerInnen in Südafrika, denn sie klingt frisch und beatlastig, und | |
genau das macht es zu einem großartigen Album! | |
Amy Zayed | |
12 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Amy Zayed | |
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