# taz.de -- heute in hamburg: „Frauenräume verhindern Selbstzensur“ | |
Interview Julika Kott | |
taz: Frau Schlüter, was sind eigentlich „Frauenräume“? | |
Linda Schlüter: Das sind Räume in denen Frauen sich aufhalten und sich | |
wohlfühlen. Manche, aber längst nicht alle, sind von Frauen politisch | |
besetzt. | |
Welchen Zweck erfüllen sie? | |
Sie bilden Freiräume: Frauen können sich frei von patriarchalen Strukturen | |
äußern und Wünsche formulieren, ohne auf bestehende Machtverhältnisse | |
Rücksicht nehmen zu müssen. Das betrifft nicht nur Frauenräume, auch | |
Schüler und Schülerinnen treffen nicht die gleichen Aussagen, wenn Lehrende | |
anwesend sind. | |
Inwiefern sind solche Ausschlüsse sinnvoll? | |
Es ist schwer, sich mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen, wenn sich | |
Betroffene im selben Raum befinden. Die Einzelnen können sich angegriffen | |
fühlen, obwohl sich die Kritik nicht gegen einen Einzelnen richtet, sondern | |
gegen gesellschaftliche Strukturen. Insofern verhindern sie Selbstzensur | |
und ermöglichen es, unterdrückende Strukturen zu überwältigen. | |
Reproduziert die Trennung der Geschlechter etwa nicht die Ungleichheiten | |
zwischen den Geschlechtern? | |
Nein, solche Frauenräume existieren nur für eine kurze Zeit. Einen Raum für | |
Diskussion zu schaffen, bedeutet nicht, dass er sich gegen andere richtet. | |
Es geht auch nicht etwa darum, die Gesellschaft in Männer einerseits und | |
Frauen andererseits zu spalten. Genau an diesen Orten kämpfte die zweite | |
Frauenbewegung der 1970er-Jahre für die Abschaffung von Ungleichheiten. Die | |
Ideen, die aus ihnen entstehen, werden außerdem im Anschluss in der | |
Gemeinschaft diskutiert. | |
Was haben Frauenräume bisher erlangt? | |
Sie haben die Grundlagen für Forderungen gelegt sowie Institutionen und | |
Parteien umgewälzt. Sie stießen Veränderungen auf politischer Ebene an und | |
ermöglichten Frauen den Zugang zu Führungspositionen. Und sie schafften | |
Bewusstsein über die Rechte der Frau, auch wenn es noch eine Menge zu tun | |
gibt. | |
Und was brauchen Frauenräume in Zukunft? | |
Selbstbewusste junge Frauen, die für ihre Rechte kämpfen, sowie eine | |
Gesellschaft, die ihnen Unterstützung bietet. Langfristig gesehen hoffe | |
ich, dass sie durch die voranschreitende Gleichberechtigung überflüssig | |
werden. | |
9 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Julika Kott | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |