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# taz.de -- berliner szenen: Mit Rollator und Courage
Meine kleine Schwester, mein Vater und ich mussten vor langer Zeit am
Sonntag dringend einkaufen. Das geht am Sonntag meist nur am Bahnhof, und
so sind wir zum Hauptbahnhof gefahren, um zum Kaiser’s zu gehen.
Bemerkenswert an diesem Kaiser’s war neben seinen wahnsinnig engen Gängen,
in denen man wirklich immer im Vorbeigehen die Dosen aus den Regalen
geräumt hat, dass vor der Tür immer ein Security-Mitarbeiter stehen musste.
Und an besagtem Sonntag wurde auch schnell klar, wieso.
Mein Vater war just im Laden verschwunden, meine Schwester und ich warteten
vor der Tür, da kam ein Typ angerannt. Immer wieder ist er um den
Security-Menschen herumgepest und schrie ihn an „Heute Nacht treffen wir
uns wieder und ich mach dich fertig“ oder auch „Ich bring dich um“. Ich
natürlich meine Schwester gepackt und erst mal hinter dem Schild mit den
Abfahrtszeiten versteckt. Der Security-Typ hat sich davon überhaupt nicht
aus der Ruhe bringen lassen, auch irgendwie bezeichnend, und stoisch
geradeaus geguckt. Dieses Wegrennen-hinrennen-bedrohen-Schauspiel
wiederholte sich ein paar Mal und ich hinter meinem Schild hatte echt
ziemlich Schiss vor dem Kerl. Der anscheinend vollgedröhnte Typ stand
gerade wieder vor der Tür und schrie rum, da schob sich in Seelenruhe eine
alte Dame mit Rollator aus der Tür, vorn im Korb die Fernsehzeitung. Ich
wurde vor Sorge um Eskalation und um die Dame recht unruhig. Auch meine
Schwester guckte mich von meinem Arm aus nervös an. Die Dame zuckelte
einfach weiter, als der Schreihals losbrüllte: „Alter, ich schieß dir
einfach in den Kopf!“ Sie blieb kurz stehen, musterte ihn abschätzig und
zischte ihn im feinsten Berlinerisch an „Jetzt verpiss dich doch ma
endlich, du Arschloch.“ Mehr Berliner Oma müssteman sein.
Marie Serah Ebcinoglu
2 Jul 2019
## AUTOREN
Marie Serah Ebcinoglu
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