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# taz.de -- heute in bremen: „Es geht um eine Gesinnungs-Diktatur“
Interview Greta Schemmel
taz: Herr Eggstein, worum geht es in Arthur Millers „Hexenjagd“?
Franz Josef Eggstein: Dem Stück liegt eine ganz konkrete geschichtliche
Tatsache zugrunde. 1692 entstand in Salem eine Art Massenhysterie, die zu
einer Hexenverfolgung führte.
Ist es deshalb so aktuell?
Wenn man sich umsieht und beispielsweise Erdoğan anschaut, dann macht er
eine Hexenjagd auf die Gülen-Anhänger. Anderswo werden Journalisten
diffamiert. Und wenn man sich mal anguckt, was die AfD in Richtung Kultur
alles von sich gibt, dann ist das auch nicht gerade nett. Es geht im
weitesten Sinne um eine Gesinnungsdiktatur und wer davon abweicht, wird
sanktioniert. Das reicht von Shitstorm bis zu Morddrohungen.
Und kommt es im Stück zur Hexenjagd?
Junge Frauen werden bei einem Initiationsritus im Wald von Pastor Harris
ertappt, der glaubt, sie hätten Geister beschworen. Unter den jungen Frauen
ist auch seine Tochter. Mit einem erfahrenen Hexenjäger, Pastor Hale, setzt
er eine der jungen Frauen durch Psychoterror so unter Druck, dass sie
zusammenbricht und Menschen aus dem Ort benennt, die Hexen sein sollen. Die
Mädchen und weitere Leute schließen sich den Anklagen an, die Mädchen, um
ihre Haut zu retten, andere machen ein Geschäft damit, weil sie das Land
der Leute aufkaufen, die verurteilt worden sind. Der Einzige der offen
dagegen ist, ist der Bauer Proctor. Er verkörpert im Stück den
Rationalisten, man kann sagen, er ist der Mann der Aufklärung. Letztlich
wird auch er gehängt, wie 18 andere vor ihm,
Hat Arthur Miller sich das ausgedacht?
Nein, das ist wirklich passiert. In Salem lebte damals eine
Puritaner-Gemeinschaft nach strengen christlichen Regeln. Die gesamte
soziale Ordnung und das ganze soziale Netzwerk zwischen den Einwohnern ist
durch die Hexenjagd zusammengebrochen.
Was ist das Besondere an der Inszenierung?
Wir halten uns relativ nah an den Text, haben aber eine eigene gekürzte
Spielfassung geschrieben. Damit beschränken wir uns auf das Wesentliche, um
deutlich herauszuarbeiten, wie diese Massenhysterie entsteht. Im Fokus
steht auch, wie man eine solche Massenhysterie im Sinne seiner eigenen
Interessen ausnutzen und diese durchsetzen kann.
Warum sollte man sich dieses „Laientheater“ anschauen, das sind ja alles
Studenten?
Ich glaube, unsere Studierenden spielen auf hohem Niveau, sodass es uns
gelingen könnte, bei den Zuschauern Gefühle zu erzeugen, welche dazu
führen, darüber nachzudenken, was uns diese alte Geschichte aus Salem auch
noch in der heutigen Zeit aufzeigt und sagt.
Aus welchen Fachbereichen kommen die Studierenden?
Aus den verschiedensten Fachbereichen. Von Physik bis Medienwissenschaften
sind diverse Studiengänge vertreten. Das Theaterprojekt richtet sich an
alle Studierenden der Universität.
28 Jun 2019
## AUTOREN
Greta Schemmel
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