# taz.de -- heute in hamburg: „Sozial- und Umweltdumpingsind die Regel“ | |
Interview Till Wimmer | |
taz: Herr Schueller, macht es einen Unterschied, ob Konsument*innen faire | |
Produkte kaufen oder nicht? | |
Martin Schueller: Es hilft schon sehr. Ganze Bewegungen, die ihr Handeln | |
als politischen Protest genutzt haben, hätte es sonst nicht gegeben. Das | |
Problem ist aber, dass in den Terms of Trade der WHO und der EU nicht | |
zwischen nachhaltigen und nicht nachhaltigen Produkten differenziert wird. | |
Was bedeutet das für die Produzenten? | |
Egal unter welchen ausbeuterischen und umweltzerstörerischen Verhältnissen | |
ein Kaffee hergestellt wurde, er wird hier unter gleichen Rahmenbedingungen | |
auf den Markt gebracht wie nachhaltig und fair gehandelter Kaffee. Das | |
wiederum bedeutet, dass Sozial- und Umweltdumping die Regel sind. | |
Wird Fair Trade überhaupt von dem Menschen wahrgenommen und gekauft? | |
In den letzten Jahren sehen wir einen massiven Anstieg des | |
Bekanntheitsgrades des Konzeptes des fairen Handels. Das kann sich positiv | |
auswirken. Aber es wird nie so sein, dass alle Menschen nachhaltig | |
hergestellte und fair gehandelte Produkte kaufen. Da kommt die | |
Ordnungspolitik ins Spiel. | |
Welches Instrument der Steuerung schlagen Sie vor? | |
Für nachhaltigen und fair produzierten Kaffee sollte die Kaffeesteuer | |
abgeschafft werden. Dadurch würde wesentlich mehr von solchem Kaffee | |
verkauft werden. Doch genau diesen Schritt scheut die Politik. | |
Warum? | |
Olaf Scholz (SPD) hat als Bürgermeister von Hamburg die | |
Kaffeesteuer-Befreiung für fair gehandelten Kaffee unterstützt. Als | |
Finanzminister lehnt er diesen Schritt nun ab. Es ist also nicht | |
Regierungspolitik, Nachhaltigkeit zu fördern, sondern ‚business as usual‘ | |
zu erhalten. Für den Planeten ist das schlecht. | |
Ist die kürzlich vom EU-Parlament beschlossene „unfair trading | |
practices“-Richtlinie ein Erfolg für die Nachhaltigkeit? | |
Ja. Langjährige Lobbyarbeit für mehr Gerechtigkeit vieler | |
Fair-Handels-Organisationen und gleichgesinnter NGOs in Europa haben das | |
bewirkt. Ein weiterer solcher Erfolg war es, als es gelungen ist, bei | |
öffentlichen Aufträgen die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien | |
einzufordern. Jetzt kann man bei einem Vergabeprozess verlangen, dass | |
Kriterien wie Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit berücksichtigt werden. | |
20 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Till Wimmer | |
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