# taz.de -- heute in hamburg: „Die Arbeitgeber nutzen die Angst aus“ | |
Interview Till Wimmer | |
taz: Frau Mitrovic, illegale, Papierlose, irreguläre oder undokumentierte | |
Migranten – welche Bezeichnung ist angemessen? | |
Emilija Mitrovic: Wir benutzen nicht den Begriff illegale, sondern | |
illegalisierte Menschen oder Migrant*innen, weil sie durch die Gesetzeslage | |
illegalisiert sind. Es gibt ja den berühmten Spruch: „Kein Mensch ist | |
illegal.“ Davon gehen wir auch grundsätzlich aus. | |
Wie ist die Situation für illegalisierte Migranten auf dem Arbeitsmarkt? | |
In Deutschland ist der Arbeitsmarkt segmentiert. Das heißt, man kann | |
grundsätzlich davon ausgehen, dass Migrant*innen unter Durchschnitt bezahlt | |
werden, eine schlechtere Rente beziehen und dementsprechend häufiger in | |
prekären Verhältnissen landen. | |
Haben nicht auch Illegalisierte einen Anspruch auf angemessene Vergütung | |
ihrer Arbeit? | |
Doch, nur das Recht auf tarifliche Bezahlung oder Bezahlung nach | |
Mindestlohn wird häufig nicht umgesetzt, weil Migrant*innen zu wenig | |
Informationen über die Rechtslage in Deutschland haben. Außerdem gehen | |
Arbeitgeber häufig ausbeuterisch vor und nutzen die Angst der | |
Illegalisierten, zur Polizei oder zum Arbeitsgericht zu gehen, bewusst aus. | |
Insofern kann der Anspruch nur durch Anlaufstellen wie unsere umgesetzt | |
werden. Wir übernehmen dann die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber und | |
häufig sind wir schon vor das Arbeitsgericht gezogen, um den Lohnanspruch | |
durchzusetzen. | |
Lässt sich dieser flächendeckende Lohnbetrug verhindern? | |
Es muss ein Recht auf Arbeit geben, dass unabhängig vom Aufenthaltsstatus | |
ist. Das ist momentan nicht der Fall. Die Angst, abgeschoben zu werden, ist | |
bei den Illegalisierten größer als der Wille, auf Arbeitnehmerrechte zu | |
pochen. Selbst über das Arbeitsgericht erfolgt manchmal eine Meldung an die | |
Finanzkontrolle Schwarzarbeit. | |
Diese Meldepflicht der Behörden und Gerichte müsste man also abschaffen? | |
Auf jeden Fall. Das wurde auch schon im Bereich der Schulbildung umgesetzt. | |
Gibt es neuere Schätzungen dazu, wie viele Menschen in Hamburg in der | |
Illegalität leben? | |
Leider nicht. Die letzte Studie von 2009 wurde ja von der Diakonie in | |
Zusammenarbeit mit Ver.di und der Stiftung „:do“ verfasst. Es wäre dringend | |
notwendig, eine neuere Studie zu verfassen, denn in den letzten zehn Jahren | |
wurden höchstwahrscheinlich viel mehr Menschen illegalisiert. | |
11 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Till Wimmer | |
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