# taz.de -- petition der woche: Zigarettenkippen zum Zurückgeben | |
Ein verregneter Morgen an der Bushaltestelle. Der Bus fährt langsam vor, | |
die Fahrgäste steigen ein und zack! Schon ist es passiert: Max Mustermann | |
schnippt seine hastig gerauchte Zigarette weg und der Stummel segelt in | |
eine Pfütze. Business as usual für Max – und den Großteil des rauchenden | |
Drittels der Deutschen. | |
Dabei stören sich nach Umfragen 82 Prozent der Bürger*innen hierzulande an | |
achtlos weggeworfenen Kippenresten. Einer davon ist der Berliner Stephan | |
von Orlow. Seine Initiative „Die Aufheber“ bereitet derzeit eine Petition | |
vor, welche die Einführung eines Pfandsystems für Filterzigaretten und | |
Zigarettenschachteln fordert. | |
Vor knapp einem Jahr ärgerte er sich mal wieder mit seiner Tochter über | |
einen Passanten, der seinen Müll einfach auf die Straße fallen ließ. | |
„Sprechen wir ihn an oder nicht?“, fragten sich die beiden, entschieden | |
sich dagegen. Vater und Tochter beschlossen, künftig drei Mal täglich Müll | |
aufzusammeln. Über eine Facebook-Gruppe entstand die Initiative, die | |
schnell Mitstreiter zum gemeinsamen Saubermachen fand. | |
Mit dem Pfandsystem sagt von Orlow jetzt den Zigarettenstummeln den Kampf | |
an: Wer Zigaretten oder Tabak kauft, soll gleichzeitig einen | |
Taschenaschenbecher erwerben. Wenn dieser mit allen Stummeln sowie der | |
leeren Schachtel zurückgegeben wird, wird das bezahlte Pfand erstattet. Das | |
einheitliche System sollen die Zigarettenhersteller bis 2023 selbst | |
lancieren und bezahlen, sagt die Initiative. Weiter heißt es: „Das Pfand | |
pro Filter ist auf mindestens 20 Cent pro Filter festzulegen, sodass ein | |
hinreichender wirtschaftlicher Druck den Konsumenten zur Rückgabe der | |
Zigarettenabfälle bewegt.“ | |
Trotz abnehmender Raucherzahlen in Deutschland qualmt die Erde nämlich | |
immer noch mächtig. Pro Jahr dampft die Weltbevölkerung insgesamt 5,6 | |
Billionen Zigaretten, sagt die Weltgesundheitsorganisation WHO. | |
Drei Viertel davon werden einfach da entsorgt, wo sich die rauchende Person | |
gerade befindet. Dadurch entstehen jährlich 750.000 Tonnen Müll. An der | |
deutschen Ostseeküste machen Zigarettenkippen fast ein Zehntel des | |
Gesamtmülls aus, wie das Umweltministerium Anfang des Jahres auf eine | |
Grünen-Anfrage mitteilte. Sie bilden zudem den größten Anteil an dem | |
Kunststoff in unseren Ozeanen. Je nach Umfeld brauchen die Filter, die aus | |
dem Kunststoff Celluloseacetat bestehen, bis zu 15 Jahre, bis sie sich | |
zersetzen. Im Salzwasser wird dieser Prozess sogar noch verlangsamt. Und | |
dann sind da noch die giftigen Stoffe wie das Nikotin, die an die Umwelt | |
abgegeben werden. | |
In Berlin sanktioniert die Stadt das Wegwerfen von Zigaretten mit | |
Bußgeldern, die von Bezirk zu Bezirk stark variieren. Während in Pankow | |
Umweltsünder mit bis zu 100 Euro bestraft werden, sind es im angrenzenden | |
Lichtenberg nur 20 Euro – zur Kasse gebeten wird aber selten. | |
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) will dem Problem anders | |
entgegentreten, wie am Dienstag in der Bild zu lesen war. Auf Grundlage der | |
EU-Richtlinie zur Vermeidung von Plastikmüll sollen Zigarettenhersteller | |
sich an den Kosten der Reinigung von Parks oder Stränden beteiligen müssen. | |
Von Orlow sieht das kritisch: „Eine Beteiligung der Industrie an den Kosten | |
erhöht die vermeintliche Berechtigung, Kippen nicht entsorgen zu müssen.“ | |
Simon Wörz | |
25 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Simon Wörz | |
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