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# taz.de -- sportplatz: Abschiedeund Aufreger
> Hertha BSC hat eine Saison voller Widersprüchlichkeiten gespielt, nach
> der viele Fragen offen sind
Von André Anchuelo
Spötter sagen, am Samstag hat sich Hertha das Triple geholt. Nicht das aus
Meisterschaft, Pokal und Europa-Cup. Nein, mit der 1:5-Niederlage gegen die
Werkself aus Leverkusen verloren die Charlottenburger zum dritten Mal in
Folge das letzte Spiel einer Bundesligasaison mit vier Toren Unterschied.
Außer den Leverkusenern war das den meisten am Samstag aber herzlich egal.
Hertha hatte die Saison seit Längerem ausklingen lassen, nachdem durch die
schon traditionell schlechte Rückrunde alle Hoffnungen auf einen
Europapokal-Platz bereits lange vor dem Ligafinale erloschen waren. Nach
der Hinrunde war das noch anders gewesen. Als Achter lag Hertha voll auf
Kurs einstelliger Tabellenplatz – das Minimalziel für die Saison –, der
Blick war Richtung internationales Geschäft gerichtet. So erklärte
Sportdirektor Michael Preetz im Januar folgerichtig, dass der Klub auch die
nächste Spielzeit mit Pal Dardai als Cheftrainer bestreiten wolle. Mitte
April verkündeten dann beide Seiten plötzlich die Trennung zum Saisonende.
Widersprüchlich waren auch die Bedingungen der Trennung. Dardai bleibt
Herthaner, darf zur Erholung ein Sabbatjahr einlegen, um danach in den
Jugendbereich zurückzukehren, aus dem er 2015 zum Cheftrainer des
Profiteams befördert worden war. Wobei er dann auch wieder wie ein
Jugendtrainer bezahlt wird, weshalb nicht ausgeschlossen ist, dass der
43-Jährige Berlin doch noch verlässt, wenn er woanders ein lukrativeres
Angebot erhält. Wie unprätentiös Dardai ist, machte der Ungar mit seinen
Abschiedsworten noch einmal klar: „Ich bin Hertha BSC dankbar für die
Erfahrung – und ich habe sogar noch Geld dafür gekriegt“, sagte er und gab
seiner Arbeit selbst eine „solide Schulnote drei“.
Als die Hertha-Fans noch von großen Namen für die Dardai-Nachfolge oder
wenigstens einem jungdynamischen Laptop-Coach träumten, kam Preetz
vergangene Woche mit einem um die Ecke, der in vielem eher wie eine
Neuauflage des Trainerkonzepts Dardai wirkte – Ante Covic, ebenfalls 43,
ebenfalls ehemaliger Spieler des Klubs, ebenfalls mit Meriten im
Nachwuchsbereich. „Wir sind ein Verein, der sich im mittleren Segment der
Bundesliga aufhält und natürlich versucht, weiter nach oben zu klettern“,
formulierte Preetz die sportlichen Ambitionen, die er Dardai nach
viereinhalb Jahren nicht mehr zutraute. Dass es auch eine Frage der
(fehlenden) finanziellen Mittel bei der Kaderzusammenstellung war, blieb
dabei unberücksichtigt. Ein Umstand, der jetzt möglicherweise auch die
Verpflichtung eines namhafteren Trainers verhinderte – auch das so eine
Widersprüchlichkeit. Für ein Konzept „Dardai 2.0“ hätte wohl auch die
Verpflichtung eines neuen, jüngeren, moderneren Co-Trainers gereicht – dass
der bisherige „Co“ Rainer Widmayer zum Saisonende aufhört, hatte schon seit
Dezember festgestanden.
Neben Dardai und Widmayer sagte am Samstag auch Fabian Lustenberger ade.
Der langjährige Hertha-Kapitän kehrt nach zwölf Jahren in Berlin und 220
Bundesligaspielen zurück in die Schweiz. 2015 hatte Dardai den
Defensiv-Allrounder als Kapitän abgesetzt – Lustenberger reagierte statt
wie üblich in solchen Fällen nicht mit Flucht zu einem anderen Verein,
sondern stellte sich weiter in den Dienst der Mannschaft. Dardai dankte es
ihm, indem er dem schlaksigen Lockenkopf am Samstag zum Abschied nochmal
die Binde überreichte.
Alle drei hätten sich natürlich einen anderen Abschluss gewünscht als die
Niederlage gegen überlegene Leverkusener. Die Fans feierten sie dennoch
überschwänglich, die eine oder andere Träne wurde verdrückt. Es war der
widersprüchliche Abschluss einer Spielzeit, die mit dem Streit um die
Vereinshymne zwischen Klubführung und Fans und vier Siegen in Folge genauso
widersprüchlich begonnen hatte und die über viele Monate von Diskussionen
über ein neues Stadion geprägt war, deren Ende noch lange nicht absehbar
ist.
20 May 2019
## AUTOREN
André Anchuelo
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