# taz.de -- Off-Kino: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet | |
Jüdisches Leben in Charlottenburg: Dort wohnt die 84-jährige Regina | |
Karolinski mit ihrer 88-jährigen Freundin Bella Katz gemeinsam in einer | |
Wohnung. Die beiden aus Polen und Litauen stammenden Jüdinnen, die im | |
Zweiten Weltkrieg Ghetto, Zwangsarbeit und Lager erlebt haben, hat es nach | |
Kriegsende nach Berlin verschlagen. Reginas Enkelin Alexa Karolinski | |
porträtiert in „Oma & Bella“ den Alltag der beiden lebenslustigen Damen, | |
der vor allem vom jüdischen Kochen und dem entsprechend sorgfältigen | |
Einkaufen geprägt ist. Was der Film ansprechend verdeutlicht, ist die | |
selbstlose Freundschaft der Frauen und deren Lebensmut, ihr Blick nach | |
vorne. Geht es allerdings um den Rückblick auf die Erlebnisse während der | |
Nazi-Ära, dann rücken Regina, Bella und ihre Freunde nicht so recht mit der | |
Sprache heraus. Vergessen ist da nichts, aber vielleicht ermöglicht nur ein | |
gewisses Maß an Verdrängung das optimistische Weiterleben im Land der | |
Täter. (13. 9.–16. 9. Filmrauschpalast, 16. 9.–19. 9. Union) | |
Zu meinen Lieblingsfilmen von Alain Resnais gehört „La vie est un roman“, | |
ein ebenso klug konstruiertes wie streckenweise absurd-witziges Werk, das | |
um das Versprechen auf das große Glück kreist. Dazu verschmilzt Resnais | |
einmal mehr verschiedene Handlungsstränge auf eigentlich unterschiedlichen | |
Zeit- und Realitätsebenen: In der Gegenwart findet in einem in einem | |
Schloss residierenden Internat ein Kolloquium zum Thema Erziehung zur | |
Fantasie statt, bei dem sich die Teilnehmer furchtbar zerstreiten; in den | |
1910er Jahren scheitert der Schlossbesitzer Graf Forbek beim dubiosen | |
Experiment, seine Gäste per Droge zu neuen harmonischen Menschen zu machen. | |
Allein in einer Märchenebene kann ein rechtmäßiger Prinz den Usurpator vom | |
Thron stürzen und sein Volk zum Glück führen. Gegeben durch den | |
einheitlichen Ort der Handlung berühren sich die verschiedenen Stränge | |
immer wieder an den Rändern und werden verbunden durch eine faszinierend | |
disparate Musikmischung, die den Protagonisten immer wieder musical- und | |
opernartige Klänge in den Mund legt. Ein extrem fantasievoller Film, der | |
die Ära von Resnais’ „populären“ Werken einläutete. (OmU 15. 9., Arsen… | |
Seit seinem Erscheinen im Jahr 1963 gehört „Der Brief für den König“, ein | |
abenteuerlicher Coming-of-Age-Roman der niederländischen Schriftstellerin | |
Tonke Dragt, zu den beliebtesten Titeln der Jugendliteratur in Europa. 2008 | |
wurde die in einer mittelalterlichen Welt spielende Geschichte um den | |
Knappen Tiuri, der seine letzte Prüfung vor dem Ritterschlag auslässt, um | |
ein wichtiges Schriftstück zum König des Nachbarreiches zu bringen, als | |
niederländisch-deutsche Koproduktion recht aufwändig verfilmt: Yannick van | |
de Velde und Quinten Schram überzeugen als jugendliche Helden Tiuri und | |
Piak, denen es auf ihrer Reise immer schwerer fällt, zwischen den Guten und | |
den Bösen zu unterscheiden. Doch: Den Überblick zu behalten und seinen | |
eigenen Weg zu gehen – das gehört zum Erwachsenwerden dazu. (15. 9.–16. 9. | |
Lichtblick-Kino) Lars Penning | |
13 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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