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# taz.de -- press-schlag: Brand an der Säbener Straße
> Wie der FC Bayern doch noch nicht Meister werden könnte und warum niemand
> in der Liga Hannover und Nürnberg vermisst
Die 56. Saison der Bundesliga ist im Zielsprint angekommen. Nur noch wenige
Meter, also einen Spieltag dauert es, dann wird der Meister 2019
feststehen. Der wird höchstwahrscheinlich wieder Bayern München heißen.
Irgendwie werden die in ihrem prallvollen Trophäenschrank schon noch ein
Eckchen finden, um die neunundzwanzigste Meisterschale unterzubringen.
Es sei denn, der Schrank würde umfallen, wobei eine der Glastüren des
Schrankes zerbräche. Würde dann noch einige der Glassplitter im Büro der
Bayern einen Kurzschluss auslösen, der wiederum einen Brand in der Säbener
Straße auslöste, dann, ja dann hätte man einen Saisonabschluss, der weitaus
spektakulärer wäre als die Nachricht: Bayern München zum neunundzwanzigsten
Mal Meister. Vor Borussia Dortmund. Die Rolle des Außenseiters, den vor der
Saison kaum jemand auf dem Zettel hatte, wird ebenso überraschend wie
souverän gespielt.
Die Absteiger stehen übrigens auch schon fest. Nürnberg und Hannover müssen
runter. Das ist sicherlich schmerzhaft für deren Fans, aber wirklich
schmerzhaft für die Liga ist es nicht. Denn Impulse oder gar
Aufbruchstimmung ist von diesen beiden Vereinen schon seit Jahren nicht
mehr gekommen.
Wenn also Teams mal Ruhe im Halbdunkel der zweiten Liga haben sollten, für
ihre Pläne und, um mal ein großes Wort gelassen niederzuschreiben, Visionen
für die Zukunft gar, dann hat es mit Nürnberg und Hannover bestimmt nicht
die Falschesten getroffen.
Was diese Saison auf jeden Fall mit sich gebracht hat, sind Erinnerungen an
den Videobeweis. Wann immer ein Schiedsrichter nach einer Entscheidung,
einem Foul oder einer sonstigen Spielunterbrechung mit großer Geste eine
Art Bilderrahmen in die Luft malte, dann wusste der Zuschauer am
Bildschirm: Jetzt wird es komisch. Zumindest jedoch unübersichtlich.
Denn immer dann sahen sich mittelalte Männer in einem mittelgroßen Keller
in Köln die Sache noch einmal in aller Ruhe an. Gerade am vorletzten
Spieltag der aktuellen Saison wurde auf diese Art ein Tor nachträglich
aberkannt. Gut, dieses Tor war nicht spielentscheidend. Aber die Stimmung
im Stadion war auf jeden Fall kaputt. Mal sehen, was sich die Fans in den
nächsten Spielzeiten ausdenken, um sich ihre Stimmung nicht von
Entscheidungen in einem Kölner Keller diktieren zu lassen.
Einen großen Trend glaubte Ihr Kommentator, immer wieder erkennen zu
können. Die Jagd nach neuen Talenten wird von den Profiteams mittlerweile
auch auf Jugendspieler unter zehn Jahren ausgedehnt. Also auf Kinder.
Besonders erschreckend fand Ihr Kommentator einen Fall, in dem ein
Achtjähriger bei einem Kooperationsverein von Greuther Fürth entdeckt wird.
Ab sofort fuhr der Vater seinen Sohn dreimal pro Woche ins siebzig
Kilometer entfernte Fürth. Für das Kind ist das sicher ein wichtiger
Schritt in Richtung seines Traumberufs. Nur mit seinen Kumpels spielen darf
er leider nicht mehr. Dafür ist die Verletzungsgefahr dann doch zu groß.
Dafür bekam der Junge ein Abschiedsspiel organisiert.
Erlauben Sie Ihrem Kommentator zum Schluss noch einen Blick in die
Vergangenheit. Als er selbst noch ein Kind war, also Anfang der siebziger
Jahre des letzten Jahrhunderts, da hatte der Fußball die Macht, die Zeit
zum Stehen zu bringen. Jeden Samstag nämlich, von halb vier bis viertel
nach fünf. Dann setzte sich der Kommentator auf sein Bonanzarad, und sein
Vater putzte das Auto der Familie. Und dann war Bundesliga. Die Guten waren
für Werder Bremen, und die Bösen waren für den HSV. Und hinterher wurde
gegrillt. Hört sich an wie ein Märchen aus vergangenen Zeiten? Ja. Aber so
ist es gewesen. Damals, vor vierzig oder fünfzig Jahren. In Cuxhaven. Knud
Kohr
13 May 2019
## AUTOREN
Knud Kohr
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