# taz.de -- nordđŸthema: Aus Sicht des Kindes | |
> In Hamburg gibt es neuerdings die Fortbildung zur âFachkraft fĂŒr | |
> Kinderrechteâ | |
Bild: Auch ein Recht: Plastikstoffe sollten in Kitas nur erlaubt sein, wenn sie… | |
Von Niels Holsten | |
Das Thema Kinderrechte ist oft in aller Munde. Bereits im 1992 trat in | |
Deutschland die âUN Kinderrechtskonventionâ in Kraft. Und im Jahr 2000 fiel | |
mit dem âGesetz zur Ăchtung von Gewalt in der Erziehungâ das | |
ZĂŒchtigungsrecht der Eltern. Doch ins Grundgesetz haben es Rechte fĂŒr | |
Kinder bis heute nicht geschafft. Damit Kinderrechte in der Praxis | |
umgesetzt, weiterentwickelt und in die Gesellschaft getragen werden, hat | |
der alternative Wohlfahrtsverband Soal nun in Zusammenarbeit mit | |
Mitgliedsgruppen eine Fortbildung zur âFachkraft fĂŒr Kinderrechteâ | |
konzipiert. | |
Hintergrund ist auch die seit 2015 geltende Verpflichtung der Kitas, neben | |
einem pÀdagogischen Konzept auch ein Kinderschutzkonzept zu erstellen. | |
Dabei sei der Wunsch nach einer Fortbildung entstanden, bei der es um mehr | |
gehe, berichtet Julia Klimczak. âWir wollten weg von der Engstirnigkeit, | |
lediglich Schutzkonzepte gegen den Kindesmissbrauch zu entwickeln.â | |
Klimczak ist Fachberaterin bei Soal und war an der Konzeption des Kurses | |
beteiligt. Diese solle dazu anregen, den Blick zu weiten: âVom Blick des | |
Kindes aus, hin zur gesellschaftspolitischen Perspektiveâ. | |
Und die wird weit gefasst. Sie fÀngt an bei Produkten mit | |
Mikroplastikstoffen, die noch immer in Kitas erlaubt seien und Kinder | |
gesundheitlich schÀdigen könnten, bis hin bis zu Exporten von Waffen, mit | |
denen potenziell auch Kinder getötet werden könnten. | |
Soal kritisiert die Verengung des Kinderschutzes auf körperliche und | |
sexuelle Gewalt. Ein VerstĂ€ndnis mĂŒsse âalle körperlichen, geistigen und | |
seelischen GefÀhrdungen und EinschrÀnkungen, auch solche durch technische, | |
chemische, ökonomische, umweltschĂ€digende oder bildende Prozesseâ mit | |
einbeziehen. | |
Es gehe darum, RĂ€ume fĂŒr Kinder zu schaffen. âDie Frage muss sein: Was | |
braucht es an Gestaltung der Lebenswelt von Kindernâ, sagt Klimczak, âwie | |
muss Planung aussehen, damit sie sich gesund entwickeln und entfalten?â | |
WĂ€hrend der Fortbildung, die offen ist fĂŒr alle Menschen aus der sozialen | |
Arbeit, sollen die Erwachsenen auch fĂŒr âmögliches grenzverletzendes | |
Verhalten bei der tĂ€glichen Arbeit mit Kindernâ sensibilisiert werden, und | |
darauf, âwas deren BedĂŒrfnisse sindâ. Dabei spiele eine gewaltfreie | |
Kommunikation eine wichtige Rolle, sagt die DiplompÀdagogin, die selbst | |
zehn Jahre in der Jugendarbeit tÀtig war. | |
Insgesamt eineinhalb Jahre dauert die Fortbildung, die sechs Module umfasst | |
und von fĂŒnf ReferentInnen geleitet wird. Es beginnt mit dem âBlick nach | |
Innenâ. Es soll das pĂ€dagogische Handeln reflektiert werden: âWarum | |
reagiere ich in bestimmten Situationen so? Warum triggern mich bestimmte | |
Verhaltensweisen oder Situationen so?â, erlĂ€utert Klimczak. | |
Die Teilnehmer kommen aus den Kitas, der Ganztagsbetreunng an Schulen und | |
der Kinder- und Jugendhilfe. Deshalb soll vor allem auf Prozesse innerhalb | |
der Einrichtungen geschaut werden. Indem das Kind im Mittelpunkt stehe, | |
verĂ€ndere sich die Sicht, erlĂ€utert Klimczak: âDas bietet die Chance, dass | |
sich die Zusammenarbeit im Team, mit den Kindern und Eltern nachhaltig | |
Ă€ndertâ. | |
Es wird auch gefragt, was die PĂ€dagogen selbst brauchen, um so arbeiten zu | |
können, dass die Kinder gesehen und begleitet werden können. Die Menschen | |
der unterschiedlichen Arbeitsbereiche sollen sich austauschen und | |
vernetzen: âEs fehlt hĂ€ufig Zeit und Raum fĂŒr Fachaustausch zwischen den | |
FachkrĂ€ften, und den wollen wir herstellenâ, sagt Klimczak. Am Ende der | |
Fortbildung stehe dann die praktische Umsetzung der Inhalte. | |
Das mit dieser Fortbildung nicht alle Probleme gelöst sind, sieht auch | |
Klimczak: âEs sind schlieĂlich Menschen, die wir begleiten.â Und die | |
brĂ€uchten im Alltag eine Personalausstattung, die Zeit lĂ€sst fĂŒr einen | |
umfassenden Blick auf jedes Kind: âWenn eine Fachkraft fĂŒr zehn Kinder | |
zustĂ€ndig ist, ist das schwer möglich.â | |
Den FachkrĂ€ftemangel bekam auch Soal zu spĂŒren. Der erste Termin fĂŒr die | |
Fortbildung wurde mangels Anmeldungen verschoben: âEs ist aufgrund der | |
Situation fĂŒr die Einrichtungen schwierig, Personal freizustellenâ, sagt | |
Klimczak. Nun seien 14 der 18 PlÀtze belegt und die Idee der Kinderrechte | |
könne in die Einrichtungen getragen werden. âDie Visionâ, sagt Julia | |
Klimczak, âist, eine neue Kultur zu schaffenâ. | |
4 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Niels Holsten | |
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