# taz.de -- Autofahrer zur Kasse, bitte! | |
> Verkehrskonzepte für das staugeplagte Hamburg gibt es viele. Der | |
> Grünen-Politiker Martin Bill will das Autofahren unattraktiv machen, der | |
> CDU-Abgeordnete Dennis Thering will Anreize für umweltfreundliches | |
> Verhalten schaffen. Eine Lösung könnte eine City-Maut sein | |
Bild: Autofahrer stehen sich selbst im Weg | |
Von Edgar Langwald und Felix Raape | |
In Hamburg ist dicke Luft: Autofahrer stehen im Berufsverkehr im Stau, die | |
Anwohner leiden unter den Abgasen und die Radfahrer schlängeln sich durch | |
den Verkehr. Daran ändern auch die Fahrverbote in der Max-Brauer-Allee und | |
der Stresemannstraße wenig. Ein neues Gesamtkonzept muss her. | |
Zwei, die sich mit dem Straßenverkehr in Hamburg beschäftigt haben, sind | |
Martin Bill und Dennis Thering. Bill ist Bürgerschaftsabgeordneter der | |
Grünen und Thering bei der CDU. Einig sind sich die zwei Politiker aber | |
nicht: Bill will das Autofahren unattraktiver machen, um die Menschen dazu | |
zu bewegen, die öffentlichen Verkehrsmittel (ÖPNV) zu nutzen. Verbieten | |
will er das Autofahren nicht, weil es in einigen Situationen praktisch sei. | |
Er wünscht sich einen größeren Teil des Straßenraums für Fahrradfahrer: | |
„Ich als Grüner sage immer, man kann dem Auto noch ein bisschen weniger | |
Platz zur Verfügung stellen“, sagt Bill. „Wenn 75 Prozent des Verkehrs zu | |
Fuß, per Rad oder per Bahn und Bus zurückgelegt werden, müsste man ihm auch | |
mindestens 75 Prozent des öffentlichen Raumes geben.“ | |
Dennis Thering hat dagegen eine andere Strategie: „Wir wollen mit Angeboten | |
und Anreizen arbeiten“, sagt er. Dazu gehöre, dass Bus und Bahn nicht | |
ständig überfüllt seien, dass sie nicht zu spät kämen und nicht ausfielen. | |
„Das sind alles Punkte, weswegen die Leute weiterhin auf das Auto setzen.“ | |
Udo J. Becker, Professor der Technischen Universität Dresden, stellt in dem | |
Buch Grundwissen Verkehrsökologie einen weiteren Ansatz vor: Eine | |
City-Maut. Eine solche würde kurze Autofahrten unattraktiver und teurer | |
machen. Er schlägt vor, dass die Zeiten, in denen viele Menschen Auto | |
fahren, teurer sind, als die Randzeiten. Dadurch wird eine Verteilung des | |
Verkehrs auf die ganze Woche möglich. Platzmangel und Staus würde | |
konsequent entgegengewirkt – das käme auch der Luft in den Städten zugute. | |
Becker nennt das Beispiel London. Dort sei die Zahl der einfahrenden | |
Fahrzeuge um 20 Prozent und die Co2-Emissionen um 16 Prozent gesenkt | |
worden. Spiegel Online berichtete kürzlich, dass die City-Maut für alte | |
Autos in der Stadt weiter erhöht werden solle. Deren Fahrer müssten nun | |
eine zusätzliche Umweltmaut in Höhe von 12,50 Pfund pro Tag zahlen. Das ist | |
noch etwas höher als die normale Maut, die alle zahlen müssen. | |
Ein Problem bleibt jedoch die Akzeptanz der Bevölkerung. Um diese zu | |
steigern, könnte die Stadt Hamburg die Erlöse, die sie generiert, | |
zweckgebunden in den Verkehr investieren – zum Beispiel in den ÖPNV. | |
Becker setzt in seinem Konzept zudem darauf, Carsharing-Autos in großer | |
Zahl einzuführen. Das findet auch der CDU-Abgeordnete Thering sinnvoll: | |
Selbst wenn man es nutze, „um zwischen den Bahnstationen hin und her zu | |
fahren, ist das auch gut.“ Auch der Grüne Bill begrüßt neue Konzepte wie | |
Moia in der Stadt, weil dann nicht mehr jeder ein eigenes Auto besitzen | |
müsse. „Die Autos stehen mehr rum, als dass sie fahren.“ | |
Bill hofft, dass die Menschen auch auf dem Land irgendwann auf ein eigenes | |
Auto verzichten können, wenn es dort Alternativen gibt, wie | |
stationsgebundene Car-Sharing-Angebote. Auch Autor Becker sieht dabei viele | |
Vorteile. Weil Nutzer für jede Autofahrt zahlen müssen, verhielten sie sich | |
automatisch umweltfreundlicher – und verzichten auch mal auf eine unnütze | |
Strecke. | |
18 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Edgar Langwald | |
Felix Raape | |
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