# taz.de -- Die Sache mit dem Mietvertrag | |
> Am Vorabend des 1. Mai demonstrierten im Wedding Tausende Menschen | |
> friedlich gegen steigende Mieten und Verdrängung | |
Bild: Wedding: Wer hat, wer will, wer pfeift auf einen Mietvertrag? | |
Von Anima Müller | |
„Kein Gott, kein Staat, kein Mietvertrag“ skandierten die Demonstrant*innen | |
auf ihrem Spaziergang durch den Weddinger Kiez. Auf roten Fahnen stand | |
„Revolution“ in schwarzen Lettern, linker Rap begleitete den Auftakt am | |
Leopoldplatz. | |
Es ist wieder Walpurgisnacht in Berlin. Am Dienstagabend fand die linke | |
Demo zum Vorabend des ersten Mai statt. Das Kollektiv Hände weg vom Wedding | |
hatte unter dem Motto „Unsere Häuser, unsere Kieze – gegen die Stadt der | |
Reichen“ dazu aufgerufen. Nach Veranstalterangaben schlossen sich etwa | |
3.000 Menschen dem Zug an, um gegen Rassismus und Kapitalinteressen auf dem | |
Wohnungsmarkt, Zwangsräumungen, Schwierigkeiten mit dem Jobcenter, | |
Obdachlosigkeit oder steigende Überwachung zu demonstrieren. | |
Um kurz nach 17 Uhr setzte sich der Zug vom Leopoldplatz aus in Bewegung, | |
er ging durch Haupt- und Seitenstraßen im Kiez. Dabei führte die Route an | |
mehreren Häusern vorbei, deren Mieter*innen sich zum Beispiel wegen | |
Mieterhöhungen in Protesten engagieren, unter anderem an der „Amma65“ an | |
der Amsterdamer Straße oder der „Dubliner8“ an der Dubliner Straße. An der | |
„Amma65“ hielt der Zug kurzzeitig, Mieterinnen des Hauses sprachen durch | |
Mikrofone vom Dach eines Wagens zu den Demonstrant*innen. Die | |
Bewohner*innen sahen ihre Mieten durch einen neuen Investor bedroht. Ende | |
letzten Jahres unterzeichnete dieser zunächst eine Abwendungsvereinbarung, | |
verkaufte das Haus aber schließlich an die städtische | |
Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land. | |
Redebeiträge und Grußworte kamen auch von linken Kollektiven, unter anderem | |
von der Neuköllner Kneipe Syndikat, die seit Anfang des Jahres keinen | |
Mietvertrag mehr besitzt, aber nach wie vor geöffnet hat. „Wir bleiben | |
alle, gemeinsam gegen den Ausverkauf der Stadt“, rief ein Sprecher der | |
Kneipe. Auch die Besetzer aus der Großbeerenstraße 17a in Kreuzberg, die | |
nun das Haus räumen sollen, kamen zu Wort. | |
Vor allem junge Menschen, teils in dunkler, teils farbenfroher Kleidung, | |
aber auch ältere Linke und Familien nahmen am Protestzug teil. Unter ihnen | |
sahen sich viele selbst von erhöhten Mieten oder unverhältnismäßigen | |
Modernisierungsmaßnahmen betroffen. „Meine Miete ist absurd hoch“, erklär… | |
ein Teilnehmer, der für die Initiative Deutsche Wohnen und Co enteignen auf | |
der Veranstaltung Unterschriften sammelte. Protestler hielten Plakate mit | |
Botschaften wie „Miete ist Diebstahl“, im feministischen Block war ein | |
Banner mit der Aufschrift „Wir sind die Enkelinnen der Hexen, die ihr nicht | |
verbrennen konntet“ zu sehen. Teilnehmer*innen schwenkten lila-schwarze | |
Fahnen des Anarcho-Feminismus. | |
Die Polizei war mit mehreren Einsatzwagen vertreten, sie schirmte den | |
Demozug nach vorne und hinten ab. Zu Beginn gaben die Veranstalter*innen | |
die Kontaktdaten des Ermittlungsausschuss durch, um Demonstrierende im Fall | |
der Festnahme über ihre Rechte informieren und anwaltliche Hilfe | |
sicherstellen zu können. Auch Beamte des „Kommunikationsteams“ waren | |
unterwegs. Friedlich kam die Demonstration am angekündigten Ziel am | |
U-Bahnhof Rehberge an. Über Twitter teilte die Polizei Berlin mit, dass die | |
Demo von den Veranstaltern dort aufgelöst wurde. | |
2 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Anima Müller | |
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