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# taz.de -- Eine Gleichung mit viel Wenn und Aber
> Die „SZ“ stellt eine schräge Rechnung über tote Wahlhelfer in Indonesien
> auf. Eine Medienkritik
Zahlen sind schon etwas schönes. Manchmal können sie Dinge sichtbar machen,
die zuvor niemand gesehen hat. Das dachte sich offenbar auch der
Südostasienkorrespondent der Süddeutschen Zeitung, Arne Perras, und machte
sich daran, das „Rätsel um tote Wahlhelfer“ in Indonesien [1][mithilfe
numerischer Zeichen zu lösen]. Das „Rätsel“ ist, dass seit den National-
und Regionalwahlen in Indonesien am 17. April diesen Jahres 336 der
insgesamt 5,6 Millionen Wahlhelfer gestorben sind – angeblich an
Erschöpfung. Teilweise hatten sie 24 Stunden lang Stimmen auszählen müssen.
Perras traut der Zahl nicht und fand jemanden, der mit ihm rechnete.
Er interviewte einen indonesischen Wahlhelfer, der erklärte: Die Todesrate
unter den Wahlhelfern liege deutlich unter der Mortalitätsrate von 5,3
Toten auf 1.000 Einwohner im Jahr. Er rechnete: 336 Tote durch 5.600.000
Wahlhelfer in 14 Tagen und dürfte auf 1,56 Tote pro 1.000 Einwohner
gekommen sein.
SZ-Redakteur Perras scheint sich dabei aber nicht die Frage zu stellen, ob
zwei Wochen tatsächlich als Berechnungszeitraum dienen sollten. Natürlich
ließe sich der Tag der Wahl als Anfangspunkt der vielen Ableben setzen.
Aber Perras schreibt selbst, ein Helfer wäre auf Sumatra – offenbar während
der Wahl – von einem Wildschwein im Wald angegriffen worden und gestorben.
„Pech im Wald“, schreibt Perras zynisch.
Es gibt aber noch eine andere Zahl – und die ist wesentlich für die
Rechnung: 69,3. So hoch ist die durchschnittliche Lebenserwartung in
Indonesien. Perras hätte recherchieren können, wie viele der indonesischen
Wahlhelfer altersbedingt tatsächlich kurz vor dem letalen Exitus standen.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das Gros der Wahlhelfer nicht gerade
noch vom Sterbebett aus Stimmen ausgezählt hat. Und da ist die 150 – So
viele Todesfälle hatte es bei der Wahl 2014 in Indonesien gegeben, als
Präsident und Parlament – mit deutlich weniger Anstrengung für die
Wahlhelfer verbunden – im Abstand von drei Monaten voneinander gewählt
worden waren. Wohlgemerkt: insgesamt 150.
Perras Zahlenspielerei impliziert, die Sache mit der Erschöpfung sei doch
gar nicht so schlimm gewesen, die Zahl der Toten sei außerdem nicht
bemerkenswert. Vielleicht sollte er sich bei der nächsten Wahl noch ein
paar andere Zahlen angucken, oder besser: gar nicht erst mit Toten rechnen.
Moritz Döring
3 May 2019
## LINKS
[1] https://www.sueddeutsche.de/politik/indonesien-wahl-wahlhelfer-erschoepfung…
## AUTOREN
Moritz Döring
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