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# taz.de -- petition der woche: In Nordrhein-Westfalen soll der Bergbau einen F…
Am 21. Dezember 2018 hieß es: Schicht im Schacht im Ruhrgebiet. Mit der
Schließung von Prosper-Haniel in Bottrop wurde die letzte Zeche
stillgelegt; der Steinkohlebergbau als Arbeitgeber, Kulturstifter und Teil
deutscher Industriegeschichte ist seitdem Vergangenheit.
Bei einer feierlichen Zeremonie wurde Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier das schönste und letzte geförderte Stück Kohle überreicht, die
ehemalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte feuchte Augen.
Lea Romanowski und Mara Gosdzick waren da schon weiter und setzten eine
Petition auf, mit der sie einen Feiertag zum Gedenken an den Bergbau
fordern. Es soll der 4. Dezember werden, der Tag der heiligen Barbara, der
Schutzpatronin aller BauarbeiterInnen.
Wenn Berlin einfach den Frauentag am 8. März zum Feiertag ernennen könne,
dann können in Nordrhein-Westfalen auch einmal im Jahr die unzähligen
Menschen gefeiert werden, die für den Wiederaufbau Deutschlands ihre
Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzten, kommentiert Mara Gosdzick
einen Facebook-Post der Bild. Damit sprach sie Lea Romanowski aus der
Seele, die den Beitrag zufällig sah. „Ich fand die Idee einfach toll“, sagt
sie am Telefon. Noch am selben Morgen ruft sie die Petition ins Leben. Der
Vater der 19-Jährigen aus Gladbeck war einer der 3.500 Bergleute, die bis
zum letzten Tag in die Zechen eingefahren sind. Vor 2007 waren es noch um
die 33.000 Kumpel gewesen.
Täglich waren sie Lärm, Staub und einem erheblichen Risiko ausgesetzt. Das,
so finden die Initiatorinnen, müsse belohnt werden. Bei der Schließung
wurde der Vater von Lea Romanowski mit 52 Jahren in Frührente geschickt. Er
vermisse den Alltag unter der Erde, die Kameradschaft, das Engagement.
12.296 Unterstützende hat die Online-Petition bereits. Das Quorum liegt bei
29.000.
Der SPD-Politiker Michael Hübner, selbst gebürtiger Gladbecker, findet die
Initiative „wirklich toll!“. Die Leistung der Bergleute und die damit
einhergehende, prägende gesellschaftliche Solidarität solle geehrt werden,
wie er auf der Homepage des SPD-Stadtverbandes Dorsten schreibt. Doch die
spontane Sonntagmorgen-Idee, die auch die beiden jungen Frauen
zusammenschweißte, findet nicht nur Anklang. Es sei zweifelhaft, ein
„Heldentum“ zu feiern, das mit Ausbeutung und erheblichen
Gesundheitsschäden einhergeht, heißt es in einem Kommentar.
Für die zwei Frauen überwiegen jedoch die positiven Argumente. So ist sich
Lea Romanowksi sicher, dass der Bergbau nicht nur wirtschaftliche und
kulturelle Bedeutung hat, sondern maßgeblich für die
„Multi-Kulti-Gesellschaft“ im Ruhrgebiet verantwortlich ist.
Das Ende des Bergbaus ist jedoch nicht überall eingeläutet. Im vergangenen
Jahr importierte Deutschland 51,4 Tonnen Steinkohle, die hier dann
verstromt wurde. Die Kohle kommt etwa aus Russland, den USA, Polen,
Kolumbien. Auch an die Bergleute dort soll der Feiertag erinnern, meinen
die Initiatorinnen. Und selbst wenn es nur ein einmaliger Feiertag würde
oder ein Gedenktag, hätte sich die Petition schon mehr als gelohnt, finden
sie.
Noch bis Mitte Mai kann auf openpetition.de abgestimmt werden. Hannah
Bernstein
27 Apr 2019
## AUTOREN
Hannah Bernstein
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