# taz.de -- Unterfinanzierte Suchtberatung | |
> Seit 2007 stagnieren die reinen Zuwendungen für die Suchtberatungsstellen | |
> in Bremen. Die Ausgaben für Personal sind seit vier Jahren rückläufig, | |
> gleichzeitig steigen die Kosten | |
Von Stefan Simon | |
Die Bremer Suchtberatungsstellen fordern, dass ihre Unterfinanzierung | |
endlich beendet wird. „Die reinen Zuwendungen stagnieren seit zwölf | |
Jahren“, klagt die Vorsitzende der Bremischen Landesstelle für Suchtfragen | |
(Brels), Eva Carneiro Alves. Dagegen seien die Kosten für Personal, Miete, | |
Projekte oder die digitale Infrastruktur ständig gestiegen. „Die | |
Suchtberatung stößt an ihre Grenzen“, sagt Alves. | |
Die Suchtberatungsstellen sind die ersten Anlaufstationen für suchtkranke | |
Menschen und deren Angehörige: Sie betreuen ihre Klient*innen und | |
vermitteln sie in weiterführende Behandlungen. Mit ihrer Brückenfunktion | |
zum Gesundheitssystem trügen sie nachweislich dazu bei, „die Verelendung | |
der Klient*innen zu verhindern und so die Folgekosten der Suchterkrankung | |
zu verringern“, heißt es im „Notruf Suchtberatung“ der Deutschen | |
Hauptstelle für Suchtfragen, deren Mitgliedsverbänden sowie im Fachverband | |
Sucht. | |
Ihr Notruf zeigt, dass die kommunalen Suchtberatungsstellen in Bremen nicht | |
allein sind mit ihren Problemen. Bundesweit litten die Beratungsstellen an | |
einer „gravierenden Unterfinanzierung“, heißt es in dem Notruf. In Bremen | |
würde Alves gern eher mehr als weniger für die Betroffenen tun. | |
Für Cannabisabhängige gebe es Frühinterventionsprogramme, die dazu | |
dienten, rechtzeitig eine mögliche Sucht zu bekämpfen, damit die | |
Betroffenen weiter ihr Leben führen könnten und im Job blieben. „Für die | |
Bereiche Alkohol haben wir solche Programme nicht. Dafür fehlen uns einfach | |
die Mittel“, sagt die Vorsitzende der Landesstelle für Suchtberatung. | |
In Bremen gibt es neben den beiden geförderten Drogenhilfeträgern | |
„Ambulante Suchthilfe“ und „Comeback“ auch Anlaufstellen speziell für … | |
Menschen: Bei „(Esc)ape“ finden Jugendliche seit Sommer letzten Jahres | |
allerdings keine Ansprechpartner*in mehr. Die Stelle sei seit November | |
unbesetzt, sagt Alves. „Das ist dramatisch.“ (Esc)ape erhalte keine | |
Zuwendungen aus der kommunalen Suchthilfe, sei jedoch im internen | |
Stellenplan des Gesundheitsamtes berücksichtigt, sagt Christina Selzer, | |
Sprecherin der Gesundheitssenatorin. | |
Noch härter hat es die Abteilung Suchtprävention beim Landesinstitut für | |
Schule (LIS) getroffen. Dort seien drei Stellen bald unbesetzt, weil die | |
Mitarbeiter*innen in Rente gehen, sagt Alves. Beide Stellen würden auch | |
nicht neu besetzt, weil gespart werde. | |
Auch bei der Caritas können sich suchtkranke Menschen und ihre Angehörigen | |
beraten lassen. Die Caritas finanziert ihre Beratungsstelle jedoch selbst. | |
Für viele Menschen sind die Beratungsstellen Türöffner. „Dafür muss die | |
Suchtberatung niedrigschwellige Zugänge ermöglichen wie eine offene | |
Sprechstunde“, sagt Melanie Borgmann, Leiterin der Fachambulanz | |
Suchtprävention und Rehabilitation bei der Caritas. | |
Suchtberatungsstellen böten den Betroffenen einen Schutzraum und eine | |
bedarfsgerechte Begleitung und Beratung. Doch für viele sei es schwer, den | |
ersten Schritt zu wagen, denn eine Suchtkrankheit gehe auch einher mit | |
Scham und Schuldgefühlen. | |
Wie wichtig die Suchtberatung allgemein ist, zeigt sich auch an der Anzahl | |
der Drogentoten in Bremen. In einem Bericht der Drogenbeauftragten der | |
Bundesregierung, Marlene Mortler, geht hervor, dass in Bremen die Zahl der | |
Drogentoten im vergangenen Jahr um drei auf 22 Tote gestiegen ist. | |
„Selbstverständlich ist jeder Drogentote zu viel, allerdings stellen wir | |
fest, dass in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Drogentoten in | |
Bremen kontinuierlich abgenommen hat“, sagt Behördensprecherin Selzer. | |
Seitdem sei die Zahl relativ konstant. „Dazu haben die Angebote der | |
Suchtberatung beigetragen“, sagt Selzer. | |
Die Baustelle sei groß, die Situation der Beratungsstellen prekär, sagt | |
Alves. Sie fordert, dass die öffentlichen Zuwendungen an die | |
Kostensteigerungen angepasst werden. „Am besten noch zum nächsten | |
Doppelhaushalt 2020/2021“, sagt sie. Mit der Forderung ist sie schon einmal | |
angetreten. Das Gesundheitsamt hatte sich beim letzten Doppelhaushalt für | |
einen Kostenausgleich eingesetzt. Doch dieser wurde abgelehnt. | |
13 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Stefan Simon | |
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