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# taz.de -- nordđŸŸthema: Inklusion voranbringen
> In Niedersachsen soll die Inklusion an den Schulen durch Festanstellung
> von SonderpÀdagogInnen verbessert werden. In Bremen ist man da schon
> weiter
Von Ann-Kathrin Just
SchĂŒlerInnen mit Lernschwierigkeiten oder Behinderung sollen genauso am
normalen Unterricht teilnehmen wie alle anderen SchĂŒlerInnen auch. Das
gemeinsame Lernen soll in Niedersachsens stÀrker voran gebracht werden.
Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) nahm den Jahrestag der
Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention vor zehn Jahren jetzt zum
Anlass, eine Bilanz bei der Umsetzung der Inklusion zu ziehen.
„Es ist vieles auf den Weg gebracht worden und gelungen, aber es liegt auch
noch sehr viel harte Arbeit vor uns. Auch wenn wir auf einem guten Weg
sind, ist das Ziel, die inklusive Schule fĂŒr alle Schulen zum Erfolgsmodell
zu machen, noch nicht erreicht“, sagt der Minister. „In Niedersachsen sind
alle Schulen inklusive Schulen.“
Das bedeute ganz konkret: Kinder mit einem sonderpÀdagogischen
UnterstĂŒtzungsbedarf können von ihren Eltern an einer allgemeinen
Regelschule angemeldet werden. Sie mĂŒssten nicht mehr zwangslĂ€ufig auf eine
Förderschule gehen. Das sei ein gesellschaftlicher und bildungspolitischer
Fortschritt. Probleme sehe er vor allem in der praktischen Umsetzung der
Inklusion. Nun sollen SonderpÀdagogInnen an allgemeinbildenden Schulen fest
angestellt werden können.
Warum dieser Schritt nötig und ĂŒberfĂ€llig war, erklĂ€rt Torsten Neumann vom
Verband NiedersÀchsischer LehrkrÀfte. Bisher wurden die SonderpÀdagogInnen
von den Förderschulen abgeordnet. Das sei problematisch, weil der
Förderbedarf fĂŒr die Kinder sich dadurch nur auf eine minimale
Stundenanzahl beschrÀnkte. Durch die Abordnung passierte es mitunter auch,
dass jedes Schuljahr ein neuer SonderpÀdagoge zustÀndig war. Die geplante
Festanstellung sei daher positiv zu bewerten.
„Jetzt mĂŒssen sich die Kinder nicht mehr jedes Jahr auf eine neue Person
einstellen“, erklĂ€rt Neumann, der als Vize-Schulleiter an der
Anne-Frank-Oberschule in Bergen arbeitet. Der PĂ€dagoge glaubt aber nicht,
dass durch die neue Regelung der generelle Personalmangel behoben werden
kann. Neumann formuliert zwei weitere Kritikpunkte. GrundsĂ€tzlich mĂŒsse die
Barrierefreiheit verbessert werden, lÀngst nicht jede Schule in
Niedersachsen sei behindertengerecht.
Das Kultusministerium hat zwei Arbeitspakete verfasst, damit die Inklusion
an Niedersachsens Schulen weiter vorangebracht wird. Im Arbeitspaket fĂŒr
2019 ist die geplante Festanstellung von 50 pÀdagogischen MitarbeiterInnen.
170 Stellen fĂŒr SonderpĂ€dagogInnen werden ausgeschrieben. Ebenfalls werde
es ab dem kommenden Schuljahr möglich sein, FörderschullehrInnen auch an
andere allgemeinbildende Schulen als Förderschulen zu versetzen. „Mit
diesem Schritt möchten wir die multiprofessionelle Zusammenarbeit in
unseren Schulen fördern“, so der Kultusminister.
Neumann dagegen betont, wenn von multiprofessionellen Teams gesprochen
werde, mĂŒsse die Frage des Mehraufwandes geklĂ€rt werden. Die Vorbereitung
des Unterrichts brauche Zeit. Niedersachsens LehrerInnen lÀgen schon jetzt
ĂŒber dem Soll an Arbeitsstunden.
Im Arbeitspaket fĂŒr 2020 soll das Verfahren zur Feststellung eines
sonderpĂ€dagogischen Bedarfs ĂŒberarbeitet werden. Das Verfahren sei bislang
zu kompliziert. Wenn etwa bei einem Kind UnterstĂŒtzungsbedarf festgestellt
wurde, dann solle dieser auch bei einem Umzug in eine andere Stadt
automatisch bestehen bleiben.
„Wir sind 10 Jahre weiter als Niedersachsen“, sagt GönĂŒl Bredehorst,
Sprecherin fĂŒr Soziales, Jugend und Integration der
SPD-BĂŒrgerschaftsfraktion in Bremen. Der Stadtstaat war eines der ersten
BundeslÀnder, das die UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 zeitnah
umgesetzt hat. GrundsÀtzlich sollen in Bremen alle Schulen inklusive
Schulen sein. Inklusion stehe seit 2011 im Schulgesetz. Alle 33 Oberschulen
und auch zwei der acht Gymnasien nehmen Kinder auf, die Förderbedarf
benötigen.
Umgesetzt werde Inklusion dort, wo die Ressourcen es zulassen. Nicht jede
Schule sei durchweg barrierefrei und daher nicht immer geeignet. Zudem
fehlten LehrerInnen und insbesondere SonderpÀdagogInnen, wie im ganzen
Bundesland. Bremen gelte als Vorbild fĂŒr Inklusion, so die Politikerin.
Allerdings könnte noch mehr Geld investiert werden. Die Stadt sorge fĂŒr
Fortbildungen der LehrkrÀfte und böte an der UniversitÀt einen Studiengang
„SonderpĂ€dagogik“ an.
„Aber mein persönlicher Wunsch ist eine dauerhafte Doppelbesetzung an
Schulen“, bemerkt Bredehorst, „nicht nur Teilzeit, sondern Vollzeit fĂŒr
SonderpĂ€dagogen.“ Solche Doppelbesetzungen sind in Bremen bisher nur an
einer Hand abzuzÀhlen.
In Hamburg hatte die BĂŒrgerschaft 2009 einstimmig beschlossen, ein
uneingeschrÀnktes Recht auf schulische Inklusion gesetzlich festzulegen.
Doch es haperte an der Umsetzung des Gesetzes, wie etwa die Volksinitiative
„Gute Inklusion“ kritisierte. Nach Verhandlungen mit der Initiative
beschloss die BĂŒrgerschaft im Dezember 2017 deshalb, die
Personalausstattung fĂŒr die Inklusion an den Schulen deutlich zu
verbessern.
So sollten laut der Initiative ĂŒber 300 zusĂ€tzliche KrĂ€fte schrittweise
angestellt werden. Inzwischen könne davon ausgegangen werden, dass am Ende
400 zusÀtzliche Stellen geschaffen werden, sagte Ini-Sprecher Pit Katzer
der Wochenzeitung Die Zeit – in der Theorie. Denn es sei problematisch,
diese Stellen auch zu besetzen. UnabhÀngig von der Inklusion werde es immer
schwieriger, Personal fĂŒr Schulen zu finden.
6 Apr 2019
## AUTOREN
Ann-Kathrin Just
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