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# taz.de -- Inklusive Filmarbeit
> Am Sonntag hatte der Trickfilm „Wenn nicht noch höher“ in der Jüdischen
> Galerie Omanut Premiere, mit der es seine besondere Bewandtnis hat
Von Jan Bykowski
Ausgerechnet Tempelhof. In diesem beschaulichen Bezirk befindet sich die
Galerie des Kunstateliers Omanut. Präsentiert wird Kunst von körperlich
oder, noch häufiger, psychisch beeinträchtigten Menschen. Die Werkstätten
der Einrichtung der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, ZWST,
befinden sich zwar in Charlottenburg, ausgestellt werden die Arbeiten der
Mitglieder aber in Tempelhof. Kunstpädagogin Judith Tarazi erinnert sich
noch an die Anfänge des Schauraums, als sie sich fragte, ob der Schriftzug
am Eingang „Galerie Omanut“ oder vollständig „Jüdische Galerie Omanut“
lauten sollte. Die Entscheidung fiel zugunsten des vollständigen Namens,
und bisher gab es keinen Anlass, sie zu bereuen. Im Gegenteil, man ist gut
angekommen und vernetzt in seinem Kiez an der Kaiserin-Augusta-Straße.
Dass das nicht selbstverständlich ist, ist auch Sharon Adler klar:
„Natürlich gibt es in Berlin No-go-Areas“, sagt die Herausgeberin von Aviv,
dem Onlinemagazin für Frauen. Dennoch lebt ihre Partnerin Shlomit Lehavi
nach 18 Jahren in New York seit 2016 in Berlin. Das Projekt „Wenn nicht
noch höher“, das Lehavi als künstlerische Leiterin zusammen mit zwanzig
Mitgliedern des Kunstateliers Omanut geschaffen hat, ist nicht ihre erste
Ausstellung in Berlin, schon seit 2008 ist die Videokünstlerin hier
präsent. Und begleitet jetzt das Kunstatelier Omanut bei dessen erstem
Filmprojekt.
Außer Shlomit Lehavi waren ausschließlich Mitglieder an der Entstehung des
Trickfilms beteiligt. Ein Jahr hat es gedauert, in Stop-Motion die
Geschichte eines Rabbi zu erzählen, der jede Nacht unbemerkt Brennholz
sammelt. Er bringt es heimlich einer einsamen alten Dame, die das nicht
selbst leisten kann, aber so doch noch in der Lage ist, ihren Ofen
einzuheizen.
Schon die Auswahl der Literaturvorlage wurde in der Gruppe gemeinsam
getroffen. Man konnte sich auf die Erzählung des 1852 im polnischen Zamość
geborenen Jizchok Leib Perez einigen, einen der Väter moderner jiddischer
Literatur. Die Hilfe des Rabbi wird in seiner Geschichte erst durch die
nächtliche Beobachtung einiger neugieriger Kinder entdeckt. Er leistet sie,
ohne dabei selbst erkennbar werden zu wollen. Damit erfüllt er die höchste
Form der Zedaka, des jüdischen Gebotes der Wohltätigkeit, und steigt
dadurch in den Himmel empor, „… wenn nicht noch höher“.
Verborgen möchte das Atelier Omanut nicht bleiben. Die Gelegenheit, sich
mit künstlerischer Arbeit zu zeigen, ist für die Mitglieder wichtig, die
komplexe Aufgabe Film ist eine optimale Möglichkeit. Jeder der zwanzig
Beteiligten konnte und musste individuelle Fähigkeiten einbringen, um das
Projekt gelingen zu lassen. Von der Fertigung der Puppen und des
Bühnenbildes über die Sprechrollen bis zur Musik wird jedes Erfordernis
abgedeckt – eine perfekte Erfüllung der Aufgabe des Institutes. Selbst zwei
kürzlich verstorbene Mitglieder des Ateliers sind durch von ihnen gemalte
Bilder vertreten, die in der Gestaltung des Wohnzimmers der alten Dame
integriert waren.
Und das leistet nicht nur für die unmittelbar Beteiligten einen wichtigen
verbindenden Dienst. Der durch Hörfilmfassung und Gebärdenbegleitung
barrierefrei gehaltene Film „Wenn nicht noch höher“ interessierte unter
anderen auch Hilde Schramm. Die Tochter von Albert Speer ist Politikerin
der Grünen und Gründerin der Stiftung „Zurückgeben“ zur Förderung jüdi…
Frauen in Kunst und Wissenschaft. Auch sie kam zur Uraufführung in die
Jüdische Galerie Omanut, jenen wertvollen Begegnungsort im unscheinbaren
Tempelhof.
Infos: www.facebook/com/juedischeGalerieOmanut
10 Apr 2019
## AUTOREN
Jan Bykowski
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