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# taz.de -- Ein Gutachten wie aus „Herr der Ringe“
> Im Prozess um den Raub der Riesengoldmünze aus dem Bode-Museum soll
> künstliche Intelligenz Straftäter überführen
Bild: Die 100 Kilogramm schwere Goldmünze „Big Maple Leaf“ verschwand im M…
Von Uta Eisenhardt
Ein Gutachten eines Professors für digitale Forensik gehört nicht zum
Alltag im Berliner Landgericht. Entsprechend groß war die Neugier auf die
Ergebnisse von Dirk La Budde von der Hochschule für angewandte
Wissenschaften aus Mittweida. Zahlreich strömten Journalisten,
Strafverteidiger und Referendare in den Sitzungssaal, um mitzuerleben, wie
künstliche Intelligenz zur Überführung von Straftätern genutzt werden kann.
La Budde und sein Team sollten mit ihren Möglichkeiten die Frage klären, ob
Ahmed, Wayci und Wissam R. in der Nacht zum 27. März 2017 die zwei Zentner
schwere Goldmünze aus dem Bode-Museum gestohlen haben.
Dazu beschäftigten sie sich mit den Bildern aus sieben Überwachungskameras
vom S-Bahnhof Hackescher Markt. Diese zeigen, wie am 17. März 2017 zwei
Personen und am 21. März sowie am 27. März jeweils drei Personen zwischen 2
und 3 Uhr nachts den S-Bahnhof betreten und in Richtung Bode-Museum laufen.
Die Wissenschaftler verglichen nun Kleidungsstücke, die bei der
Hausdurchsuchung der Verdächtigen beschlagnahmt wurden, mit denen, welche
die Personen auf den Überwachungsvideos trugen. Im Gegensatz zu einer
unspezifischen Marken-Sporthose und -Turnschuhen empfiehlt sich nur eine
graue Schiebermütze mit einem Schild: Auf dem Überwachungsvideo kann man es
nicht lesen. Aber es sitzt an derselben Stelle, an der „chillout“ auf der
Mütze steht, die man bei den R.s gefunden hat. Es ist ein Indiz, wenn auch
ein sehr weiches.
Wesentlich interessanter ist der Abgleich personenspezifischer Merkmale
anhand von fotogrammetrischen Aufnahmen. Mit diesen lassen sich digitale
Skelette, sogenannte Rigs, erstellen. Die Technik sei das erste Mal bei der
Animation von Gollum, einer Figur im Film „Der Herr der Ringe“ verwendet
worden, erklärt La Budde. Er und sein Team modellierten die digitalen
Skelette der Verdächtigen in die Aufnahmen der Überwachungskameras. So
wollten sie klären, ob es sich bei den Aufnahmen der zwei beziehungsweise
drei Männer um dieselben Personen handele. Sie kamen zu dem Schluss, dass
die ersten Aufnahmen Ahmed und Wissam R. zeigen könnten. Beim zweiten und
dritten Anlauf könnte Wayci R. dabei gewesen sein.
Zudem arbeiteten sie körperliche Besonderheiten der Angeklagten heraus:
Beim Besteigen der Bahnhofstreppe knicke Wissam R. seine Fußgelenke nach
innen ab, er habe O-Beine. Dazu passe auch das Bild seiner Turnschuhe, die
an der Außenseite am stärksten abgerieben sind. Wayci R. dagegen lasse ein
deutliches Schaukeln der Hüften erkennen, während die Knie von Ahmed R.
nach innen schlackern würden.
La Budde und sein Team sind Spezialisten auf einem Gebiet, das
Außenstehenden nur schwer verständlich ist. Sie betreten mit ihrem
Gutachten absolutes Neuland. So können sie zwar sagen, dass sich die
digitalen Skelette der Angeklagten auf die in den Überwachungsvideos
abgebildeten Personen modellieren lassen. Die Frage, wie wahrscheinlich
dieses Ergebnis statistisch gesehen ist, können sie noch nicht beantworten.
29 Mar 2019
## AUTOREN
Uta Eisenhardt
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