# taz.de -- Klima wird in Brüssel gemacht | |
> Der Klimaschutzexperte und Spitzenkandidat der europäischen Grünen, Bas | |
> Eickhout, ist zu Gast beim taz lab und berichtet über Lobbyarbeit und | |
> über die Zukunft der Umweltpolitik | |
Die Musik in Sachen Umwelt und Klima spielt in Brüssel. Seit einigen | |
Jahrzehnten gibt es im Grunde keine nationale Umweltpolitik. Die Qualität | |
unseres Trinkwassers, die Regeln für die Ausweisung von Naturgebieten | |
(FFH), die Verpflichtung, wie viel Abfall recycelt werden muss, und die | |
Qualität der Luft in unseren Innenstädten: Nationale Gesetze sind | |
umgesetztes EU-Recht. | |
Im Fall der deutschen Debatte über Feinstaub und Stickoxide wurde zum | |
wiederholten Male deutlich, dass Medien und Öffentlichkeit nur wenig davon | |
begreifen, wie EU-Umweltpolitik funktioniert. Ein deutscher Minister kann | |
eben nicht aus einer politischen Laune heraus nach Brüssel reisen und die | |
Grenzwerte ändern. Dort entscheiden das Europäische Parlament und die | |
Mitgliedstaaten. Die entscheidenden Auseinandersetzungen werden also nicht | |
in Berlin, sondern in Brüssel geführt. | |
Der Niederländer Bas Eickhout sitzt seit Jahren im Umweltausschuss des | |
Europäischen Parlaments und hat wichtige Gesetzgebung mitgestaltet. Im | |
Moment ist er Verhandlungsführer des Parlaments in Sachen CO2-Standard für | |
Lkws. Als Klimaschutzexperte kennt Bas Eickhout die Kräfteverhältnisse | |
zwischen den politischen Fraktionen und den Einzelinteressen der nationalen | |
Regierungen. Und er verkörpert in diesem Wahlkampf persönlich die Politik | |
der europäischen Grünen: Diese haben Eickhout – zusammen mit Franziska | |
Keller – zum Spitzenkandidaten der Europawahl gekürt. Theoretisch hat er | |
die Chance, Kommissionspräsident zu werden. Dann nämlich, wenn die Grünen | |
die größte Fraktion stellen, was bekanntlich eher unwahrscheinlich ist. Wie | |
aber steht es im Jahre 2019 um die politischen Mehrheiten in Brüssel in | |
Sachen Umwelt und Klima? | |
Wie funktioniert Lobbyarbeit im Detail, und wie erlebt ein Parlamentarier | |
die Kräfteverhältnisse der unterschiedlichen Lobbys? Wie steht es um die | |
politischen Mehrheiten für eine konsequente EU-Politik in Sachen | |
Dekarbonisierung im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens? Bisher sind die | |
angestrebten 40 Prozent selbst nach Einschätzung der Kommission nicht im | |
Einklang mit Paris. Nur mit neuen Mehrheiten könnte sich das ändern. | |
Derzeit spielen grüne Parteien allerdings kaum eine Rolle in nationalen | |
Regierungen. In Frankreich, Italien, Österreich und anderen Mitgliedstaaten | |
sind die grünen Parteien in der Krise. In Deutschland und den Niederlanden | |
dagegen sind sie laut Umfragen auf einem Höhenflug. Wie steht es angesichts | |
dieser Ungleichzeitigkeit um die europäische Kampagnenfähigkeit? Den | |
Parteien gelingt es auch im Jahre 2019 nur sporadisch, als europäische | |
Parteien im Wahlkampf wahrgenommen zu werden. Wie könnte sich das ändern, | |
wo sich nicht mal die Idee der paneuropäischen Listen durchsetzen konnte? | |
Auch ist es im Moment schwierig, ein Konzept zur Reformierung der | |
EU-Institutionen auszumachen, das mehrheitsfähig wäre. Dabei gelten die | |
Grünen im Europäischen Parlament als ausgesprochene Unterstützer der EU. | |
Wie wollen sie die populistischen EU-Gegner politisch bekämpfen? Welche | |
EU-Reform hält ihr Spitzenkandidat Bas Eickhout für entscheidend? Martin | |
Unfried | |
Auf dem taz lab: 14 Uhr, taz Kantine | |
23 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Martin Unfried | |
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