Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die gitarristischste Musik überhaupt
> Der Flamenco-Jazz-Musiker Andreas Arnold spinnt seit Jahren von New York
> aus seine musikalischen Visionen. Fernab der eigenen Heimat und auch des
> Flamenco. Im Trio-Verbund feiert er am Dienstag im b-flat die
> Veröffentlichung seines dritten Albums „Odisea“
Von Katrin Wilke
Im vielbeschworenen Melting Pot fehlt es musikalisch ja bekanntlich an
nichts, so denkt man. Vergleichsweise unterrepräsentiert ist dort jedoch
der Flamenco, auch wenn diese nicht mehr allein mit Andalusien zu
assoziierende Musikkultur längst weltgewandt, überaus fusionsfreudig und
-fähig ist. An diesem Defizit konnte auch das hochkarätige [1][Flamenco
Festival] nicht grundsätzlich etwas ändern, das seit knapp zwanzig Jahren
in New York stattfindet: Die letzte Ausgabe des von Spanien aus
organisierten und komplett mit Künstlern von dort bestückten Events ging am
vergangenen Sonntag zu Ende, unmittelbar gefolgt von einem weiteren in
Chicago.
Abgesehen vom derzeit in New York stationierten Weltklassepianisten
[2][Chano Domínguez] trat dort praktisch niemand aus der Szene vor Ort auf.
Es gibt zudem nicht sonderlich viele, mal traditionsnähere, mal
experimentierfreudigere Flamencomusiker in New York.
In dieser kleinen, zumeist aus Exilspaniern bestehenden Szene hat der aus
Süddeutschland stammende, später mit Köln verbundene [3][Andreas Arnold]
somit gleich doppelten Exotenstatus. Seit elf Jahren im Big Apple zu Hause,
schätzt der auch als Produzent tätige Gitarrist und Komponist die
Riesenmetropole unter künstlerisch-kreativem Aspekt natürlich ungemein.
Beäugt sie aus seiner politisch interessierten, sozialkritischen
Perspektive wiederum aber auch skeptisch. Und zwar nicht erst seit
Trump-Zeiten. Der stets etwas nachdenklich wirkende, sympathisch
tiefgründige Musiker schüttelt ratlos seinen Lockenkopf über diese – wie er
sagt – megakapitalistische, konsumistische Grundeinstellung in den USA und
ihre teils wenig reflektierenden Bewohner.
Da sei die Musik dann schon auch so eine Art Zuflucht, die Kompositionen –
ob nun instrumentale oder vokale – eine Form, selbst mit der Welt
fertigzuwerden. So findet sich etwa auf dem 2016 erschienenen Album „Ojos
cerrados“ (Geschlossene Augen) der „Bolero de Brooklyn“, entstanden mit
Blick auf die Opfer von Rassismus und Polizeigewalt in den USA.
Mit einer Hommage an Brooklyn, Arnolds Lieblingsort in New York, sowie
einen weiteren in Spanien, das andalusische Cádiz, dem entspannt zwischen
Flamenco und Jazz treidelnden Opener „Caí-BK“, macht das gerade
veröffentlichte Nachfolgealbum „[4][Odisea]“ auf. Denn trotz aller
Ambivalenzen scheint der Gitarrist in New York schon genau am richtigen
Platz zu sein mit seiner Jazz-Sozialisation.
Die erfuhr der aus einem klassikambitionierten Elternhaus kommende
37-Jährige zunächst vor allem beim Studieren am Amsterdamer Konservatorium.
Von dort ging er nach New York und in die Lehre von Jazzern wie Mike Stern,
John Abercrombie und Wayne Krantz. Und schließlich landete er beim
Flamenco, der – wie er sagt – „gitarristischsten“ Musik überhaupt, wen…
mal von der Rockmusik absieht. Beim Eintritt in diese Welt sei er der
Gitarre für sein Gefühl im Grunde noch näher gekommen.
Eine Art Erweckungserlebnis, bei dem sich viele Fragen für ihn als
Gitarristen wie von selbst beantworteten, wo sich einfach unglaublich viele
neue Möglichkeiten, neue Spieltechniken und somit auch andere
Ausdrucksmöglichkeiten für ihn als Gitarristen ergeben hätten. Und nicht
mal nur die Flamencogrößen seines Fachs beflügelten ihn, vorneweg Paco de
Lucía.
Auch andere Instrumentalisten wiesen Arnold den Weg: Carles Benavent aus
Barcelona etwa, wichtiger Mitmusiker jenes legendären verstorbenen
Flamencogitarristen, leistete als E-Bassist Pioniertaten in der Geschichte
des Flamenco-Jazz. Ihn und etliche weitere Lichtgestalten der aktuellen
Szene Spaniens konnte der gut vernetzte Gitarrist schon für die Arbeit an
„Ojos cerrados“ gewinnen.
Und wie der Katalane greift auch er selbst gerne mal zu Mandoline oder
Bouzouki. Sein mediterraner Jazzkosmos ist reich an Farben, Stilen und
Stimmungen, wie sich auch im Januar im New Yorker DROM erleben ließ, New
Yorks erster Adresse in Sachen Worldmusic. Zum dritten Mal veranstaltete
Andreas Arnold gemeinsam mit Musikerfreunden sein kleines, aber feines
[5][Mediterranean Jazz Fest]. Mit von der Partie bei jenem eintägigen
Konzertmarathon waren neben seinem alten Kumpel Antonio Lizana, einem
derzeit sehr gefeierten jungen andalusischen Saxofonisten und
Flamencosänger, unter anderem auch die Musiker, die nun in Berlin
auftreten.
Der ebenfalls in New York lebende griechische Kontrabassist Petros
Klampanis, bei hiesigen World-Jazz-Aficionados längst kein Unbekannter
mehr, und der spanisch-japanische Perkussionist Miguel Hiroshi bilden
zusammen mit dem deutschen Gitarristen ein noch recht frisches, dafür aber
schon gut eingegroovtes, vertraut klingendes Trio, dessen Miteinander von
viel Sensibilität und Kreativität zeugt.
Die drei musikalischen Seelenverwandten spielten auch schon vor diesem
Bandprojekt hier und da zusammen und nahmen nun auch fast alle Tracks für
„Odisea“ auf. Diese titelgebende Odyssee war für Andreas Arnold bislang
eine durchaus gewinnbringende, konstruktive Irrfahrt, ein musikalischer und
persönlicher (Selbst-)Findungsweg, dessen kommende Etappe sehr
wahrscheinlich Spanien sein wird.
Nachdem er dort in der Vergangenheit schon immer mal länger lebte und
arbeitete, will er in absehbarer Zeit womöglich für immer dorthin. Die
Situation in seiner jetzigen Wahlheimat wird ihm diese Entscheidung und den
Abschied vermutlich leichter machen.
14 Mar 2019
## LINKS
[1] http://www.flamencofestival.org/festivales/ff-new-york-2019/
[2] http://www.chanodominguez.info/
[3] http://www.andreasarnold.info/
[4] https://www.jpc.de/jpcng/poprock/detail/-/art/andreas-arnold-odisea/hnum/89…
[5] https://www.dromnyc.com/events/9033/3rd-mediterranean-jazz-fest#.XIjQypwxn0M
## AUTOREN
Katrin Wilke
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.