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# taz.de -- nord🐾thema: Mobbing von oben
> Wenn der Vorgesetzte gezielt Untergebene degradiert: Was tun bei Bossing?
> Das raten Gewerkschaft und Selbsthilfeverein
Bild: Vergiftetes Klima: Bossing-Opfer müssen viel aushalten. Allein ist dem D…
Von Anja Junghans-Demtröder
Methodischer Psychoterror überall? In beinahe allen Lebensbereichen wird
heute über [1][Mobbing] geklagt. Hochrechnungen zufolge waren bis zu 25
Prozent der Arbeitnehmer*innen in Mobbingfälle verwickelt; die Dunkelziffer
dürfte weit darüber liegen. Eine besonders kritische Variation dabei findet
sich im Berufsleben: Bossing, Vorgesetze also, die ihre Untergebenen am
Arbeitsplatz mobben.
Berthold Bose leitet bei der Gewerkschaft Ver.di den Landesbezirk Hamburg.
Er weiß, dass Bossing-Opfer nicht jeden Fall auch öffentlich machen – aus
Scham oder Angst. „Betroffene werden über lange Zeit zermürbt und
verinnerlichen diese Kritik“, sagt er. „Ihre Selbstsicherheit schwindet.“
Bose und die Gewerkschaft Ver.di wollen unterstützend wirken bei der
Erarbeitung von Konfliktlösungen und der Aufklärung am Arbeitsplatz.
Anders als beim klassischem Mobbing wirkt sich beim Bossing die Position in
der Unternehmenshierachie besonders aus: Das Opfer ist ausgerechnet der
Person untergeordnet, von der es gemobbt wird. „Oft haben Angestellte ihre
Aufgaben viele Jahre gut verrichtet, bis sie in Ungnade fallen“, führt Bose
aus. Die Gründe seien vielfältig – was dann folgt, ist einigermaßen klar
definiert: Willkürliche Schikanen und fiese Sprüche degradieren die
Arbeitnehmer*in zunehmend. „Natürlich achte ich Ihre Leistung“, heißt es
dann vielleicht – „nur geringer als die meine.“
Druck wird weitergegeben
Zunehmend werden dann Tätigkeiten angeordnet, zugleich sinnlos und
überfordernd. Hinzu kommt oft, dass eigentlich eindeutig vereinbarte
Privilegien infrage gestellt oder entzogen werden. Fehler werden
unterstellt, herabwürdigende Kritik wird geäußert, auch in Gegenwart
anderer. Den Kolleg*innen könne das signalisieren: „Schließt euch dem
Mobbingzug an“, sagt Gewerkschafter Bose.
Aber welche Gründe haben Chef*innen dafür, so aufzutreten? Druck , unter
dem sie selbst sehen, kann mit im Spiel sein: Manche Vorgesetzte nehmen
eine*n Mitarbeiter*in als Konkurrenz wahr – vielleicht sogar als echte
Bedrohung für sich selbst. Bossing zielt dabei nicht auf eine Lösung der
Situation ab, nicht auf eine Verhaltensänderung der Mitarbeiter*in. Es gehe
um die erzwungene, vermeintlich freiwillige Aufgabe des Arbeitsplatzes, so
Bose, „die durch verbale Attacken oder schlichte Ausgrenzung erreicht
wird“: Da soll jemand weg.
Ein Beispiel: Ein junger Mann gerät ins Visier seines Chefs, der sein
Verhalten auf Schritt und Tritt beobachtet, ja: jede Handlung des
Mitarbeiter aufzeichnet. Als diese Maßnahme nicht den offenbar erhofften
Erfolg hat, beginnt der Vorgesetzte den Mitarbeiter auszugrenzen: Dieser
wird in einen neuen Raum versetzt – ohne Kommunikationsmittel und ohne
Aufgaben. Und rasch sah der Betroffene sich wiederum unter Verdacht
gestellt: Nun unterstellte man ihm Arbeitszeitbetrug. Der Arbeitnehmer geht
vor Gericht, klagt auf Beschäftigung während der Arbeitszeit. Er gewinnt –
und findet sich in einer anderen Abteilung wieder, zu schlechteren
Konditionen.
Betroffene sollten den Mobbingverlauf unbedingt genau protokollieren, rät
Alfred Fleissner, Mobbing-Experte bei [2][Klima e. V.] in Hamburg.
Weiterhin sollten sie das Gespräch mit dem Betriebsrat suchen – sofern
vorhanden – oder eine Mobbing-Beratungsstelle konsultieren. „Radikale
Anfeindungen“ durch Vorgesetzte, sagt Fleissner, „können zu
gesundheitlichen Problemen führen“.
Bleiben Bossing-Opfer im unheilvollen Laufrad der permanenten
Rechtfertigung gefangen, könne im schlimmsten Fall ein Burn-out-Syndrom
auftreten oder eine Depression. Noch ein Fallbeispiel: Ein langjähriger
Mitarbeiter deckt Missstände in einem größeren Unternehmen auf – eigentlich
eine korrekte Handlung. Ausgerechnet der Chef aber hatte die Verfehlungen
gedeckt – und legte dem Aufdecker die Kündigung nahe. „Als das nicht
funktionierte wurde mein Klient in die Krankheit gebosst.“
Konfliktbelaste Kommunikation
Fleissner betrachtet Bossing als konfliktbelastete Kommunikation, die durch
Stresseinwirkung auf die Führungsebene entsteht und in negativen Fällen auf
Mitarbeitende übertragen werden kann. „Ein schlecht gelaunter Boss
vergiftet das Betriebsklima erheblich“, sagt er. „Er wird unsicher und
fängt an zu bossen.“ Und angesichts des Machtgefälles könnten einzelne
Beschäftigte dagegen wenig tun.
Klima hat sich für Menschen gegründet, die aufgrund unzulässiger Methoden
am Arbeitsplatz belastet sind. Der Hamburger Verein bietet kostenlose
Gruppenveranstaltungen zum Thema an. Der Gesprächskreis „Betriebs-Klima“
etwa will Menschen, die sich im Berufsleben in einer solchen
Konfliktsituation befinden, Orientierung bieten – in der Regel „unter der
Moderation einer erfahrenen Fachkraft“, so Fleissner. Das Coaching soll
Hilfe zur Selbsthilfe sein mit dem Ziel, das durch Bossing verlorene
Selbstvertrauen wieder aufzubauen.
Die Selbsthilfegruppe „Krank durch Mobbing“ trifft sich jeweils am ersten
Freitag im Monat, alles Nähere weiß Joachim Gollub ([email protected]).
„Stark werden bei Mobbing“ ist eine Gruppe überschrieben, die jeweils am
dritten Freitag zusammenkommt (Kontakt: Ralf Klaß, [email protected]).
Klima e. V., Geschäftsstelle: ☎040/33 44 25 57, Beratungstelefon: ☎040/55
00 99 24,Mail: [email protected], www.mobbing-abwehr.de
Informationen zu Mobbing/Bossing hat auch Labournet gesammelt, der
„Treffpunkt der gewerkschaftlichen Linken mit und ohne Job“:
www.labournet.de/category/politik/alltag/arbed/mobbing
9 Mar 2019
## LINKS
[1] http://www.mobbingportal.com/
[2] http://www.mobbing-abwehr.de/
## AUTOREN
Anja Junghans-Demtröder
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