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# taz.de -- „Es ist noch ein weiter Weg“
> In vielen deutschen Städten protestieren Frauen am 8. März mit
> Sitzstreiks – gegen Gewalt, schlechtere Bezahlung, Diskriminierung und
> alte Rollenbilder. Ein Besuch in Köln und Berlin
Bild: Frauen beim Sitzstreik vor der Berliner Charité
Von Anett Selle (Köln) und Katharina Schmidt (Berlin)
Kurz warten die Frauen auf das Signal, dann tragen sie ihre Stühle in die
Mitte der Straße. Und setzen sich. Die Venloer Straße im Kölner Stadtteil
Ehrenfeld ist eine Hauptverkehrsader – aber heute ist 8. März.
[1][Frauenstreik]. Für einige Minuten macht der Stuhlkreis der zwölf Frauen
die Straße dicht.
“Ich bin im Moment in diesem Spagat, wo ich Zwillinge habe, die unter einem
Jahr sind, und versuche, arbeiten zu gehen und zu Hause allem gerecht zu
werden“, sagt Elke, eine der Streikenden. “Im Privatleben und auf der
Arbeit merke ich deutlich, wie die Menschen immer noch in diesem
Rollendenken hängen von Männer- und Frauenarbeit.“
Die Großkundgebung soll in Köln erst um 17 Uhr beginnen. Doch schon
tagsüber finden sich Frauen zusammen. Der Stuhlkreis ist Teil einer
bundesweiten Aktion: Zwischen 12 und 14 Uhr setzen sich Frauen in den
öffentlichen Raum und erklären, warum sie streiken.
Auch in Berlin. „Es ist 5 vor 12. Nicht mehr viel und die nächste
Eskalationsstufe ist erreicht“, sagt Katrin Wagner. Sie ist die
Organisatorin und eine der 350 Teilnehmerinnen, die sich um 11.55 Uhr auf
dem Vorplatz des landeseigenen Uni-Klinikums Charité zum Sitzstreik gegen
schlechte Löhne, sexistische Übergriffe und Diskriminierung eingefunden
haben.
Eine andere Teilnehmerin streikt, weil ihre „Sorgearbeit“, wie
Kinderbetreuung und Haushalt, „erst sichtbar wird, wenn wir sie
unterlassen“. Als zentrale Anlaufstelle für den Frauenstreik dient in
Berlin das Krankenhaus, da Pflegeberufe überwiegend von Frauen ausgeübt
werden und diese nicht von dem [2][neuen Berliner Feiertag] am 8. März
profitieren.
Katrin Wagner findet den Berliner Feiertag prinzipiell gut. Jedoch müsse
darauf geachtet werden, dass sich der 8. März „nicht zum neuen Muttertag
entwickelt“. Frauen sollen auf die Straße gehen und weiter kämpfen, statt
„dankbar für Zustände sein, die schon in den 90ern eingeführt wurden.“
Die Frauen im Ehrenfelder Stuhlkreis in Köln beschäftigt vor allem die
Themen Arbeit und Rollenbilder. “Ich habe mich auf die Straße gesetzt, weil
ich wichtig finde, dass Erziehungs- und Pflegearbeit besser entlohnt wird“,
sagt Marina. „Es ist ungerecht, dass so viel mehr Frauen in diesen Berufen
arbeiten.“ Ester protestiert gegen die Ungleichbehandlung von Frauen in
technischen Berufen. “Es herrscht eine Atmosphäre, in der man sich unwohl
fühlt – und deshalb den Beruf nicht ergreift, weil man keine Lust hat, sich
jeden Tag mit Sexismus beschäftigen zu müssen.“
Nach dem Sitzstreik zieht der Großteil der Berliner Teilnehmerinnen zum
Alexanderplatz, an dem um 14 Uhr die größte Demo des Tages beginnt.
Zwischen Bannern wie „Cats against Catcalls“ und „same shit different
century“ steht Studentin Konstanze Renken. Sie demonstriert, „weil noch
sehr viel gemacht werden muss.“ Es heiße zwar immer, Gleichberechtigung
zwischen den Geschlechtern sei erreicht. „Doch das ist falsch. Es liegt
noch ein weiter Weg vor uns.“
9 Mar 2019
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## AUTOREN
Katharina Schmidt
Anett Selle
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