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# taz.de -- Von der Sehnsucht nach Bildung
> Hoch motiviert sind junge Geflüchtete oft. Aber der Zugang zu höherer
> Bildung wird ihnen erschwert: Das müsse sich ändern, fordert ein Bündnis
> von Jugendorganisationen
Bild: Blick in die Buchte: Seit Jahren treffen sich verschiedene Organisationen…
Von Moritz Warnecke
Ibrahima Bah rückt sein tarnfarbenes Cap zurecht. Die Sonne wirft ihre
letzten Strahlen durch die Fenster vom Jugendhaus Buchte. „Bildung ist in
Deutschland das A und O“ sagt Ibrahima, der zusammen mit fünf weiteren
jungen Leuten hier auf dem Sofa sitzt. „Deshalb ist es so wichtig, dass
alle die gleichen Chancen bekommen, egal welchen Aufenthaltsstatus man
hat.“
Gemeinsam bereitet die Gruppe die Veranstaltung „No Pressure – Bildung für
alle“ vor. Ibrahima ist Mitglied im Guineischen Verein Bremen. Neben ihm
sitzt Zaki Warsame vom Somalischen Verein, links Arabella Walter vom
Jugendring. Nicht nur für diese Veranstaltung haben sich diese
Organisationen zusammengetan. Seit 2016 gibt es diese Treffen im
Jugendhaus. Man diskutiert, man sammelt Ideen, wie Integration verbessert
werden kann. Ibrahima Bah kam 2005. Damals habe man sich wenig um die
Geflüchteten gekümmert, erzählt er. Deutschunterricht habe es nur einmal in
der Woche gegeben. „45 Minuten lang und dann immer dasselbe: Woher kommst
du? Wie heißt du? Mehr nicht.“
Das war ihm zu wenig, spätestens seit der Sache im Kaufhof. Die hatte ihm
vor Augen geführt, wie wehrlos man ohne Sprachkenntnisse ist. „Mir wurde
vorgeworfen, ich hätte eine CD geklaut“, erzählt er. „Ich habe damals kein
Wort verstanden. Das war für mich der Knackpunkt.“ Er schüttelt den Kopf.
„Sowas wollte ich nicht noch mal erleben.“
Er besuchte Deutschkurse an der Volkshochschule. Durch ein kleines Geld,
das er beim Fußballspielen verdiente, konnte er die Stunden bezahlen. Eine
Arbeitserlaubnis hatte er nicht.
Heute hat sich die Situation verbessert. „Mittlerweile sind die meisten in
Sprachkursen oder Vorklassen untergebracht“, sagt Zaki Warsame. Vieles
laufe gut. Trotzdem finden nur sehr wenige Geflüchtete den Zugang zu
höherer Bildung. Dafür gibt es mehrere Gründe: „Die Leute, die das Niveau
fürs Abi hätten, haben irgendwann keine Zeit mehr“, beklagt Ibrahima Bah.
Das hänge mit dem Aufenthaltsstatus zusammen.
„Auf der Ausländerbehörde wird dir gesagt: Du hast nicht mehr viel Zeit,
such dir lieber schnell eine Ausbildung, egal welche.“ So bekomme man den
Eindruck, dass die Behörden einen absichtlich in die Berufe führen, die
Deutsche nicht machen wollen. „Ich war erst sicher, als ich meinen
Ausbildungsplatz hatte. Erst dann habe ich meine Aufenthaltspapiere
bekommen“, sagt Mohamed Bah. Auch er ist aus Guinea. Mohameds Geschichte
ist ein Beispiel dafür, was mit der Forderung „No Pressure“ gemeint ist,
„also kein Druck“, so Arabella Walter: Die Wünsche jedes Einzelnen sollten
eine Rolle spielen – und nicht der Verfahrensbeschleunigung zum Opfer
fallen.
Druck kennt auch Amir Isassis. Er studiert an der Uni Bremen. Als Student
bekommt Isassis eine Aufenthaltsgenehmigung. „ Aber ich bekomme keine
Unterstützung. Andere kriegen Bafög, ich muss alles selber finanzieren“,
erzählt er. Studieren und dabei voll zu arbeiten sei sehr belastend. Auch
deswegen setzt sich die Gruppe, oben in der ersten Etage, für die
Gleichberechtigung in der Bildung ein.
Auf ihrer Veranstaltung wollen die jungen Erwachsenen nun mit
Vertreter*innen von den Jugendorganisationen der Parteien diskutieren. „Wir
haben Verbesserungsideen und möchten sie der Politik mitteilen“, sagt Zaki
Warsame. Bewusst habe man sich für junge Politiker*innen entschieden, „weil
wir in einem ähnlichen Alter sind“.
„No Pressure? Bildung für alle!“: 18 Uhr, Etage Bremen, Herdentorsteinweg
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1 Mar 2019
## AUTOREN
Moritz Warnecke
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