# taz.de -- Immer noch nicht witzig | |
> Das Bremer Kriminaltheater führt mit Edgar Wallaces „Die Tür mit sieben | |
> Schlössern“ vor, dass altbackener Altherrenhumor mit ein bisschen | |
> halbherziger Ironie nicht zu retten ist | |
Bild: Pointen wie mit der Axt: Edgar Wallace im Bremer Kriminaltheater | |
Von Florian Maier | |
Bei Geschichten von Edgar Wallace kann man sicher sein, dass sie in Zügen, | |
auf alten Anwesen oder in Bibliotheken spielen. Hier geht es so: | |
Tresorknacker Lew Pheeney erzählt Bibliothekarin Sybil Landsdown (in der | |
Bibliothek) aufgeregt von einer einbruchsicheren Tür mit sieben Schlössern | |
(auf einem alten Anwesen). Nicht einmal er, als bester seines Faches, hat | |
es geschafft, sie zu knacken. Dramatische Sprechpausen. Nächste Szene: Eine | |
Leiche wird gefunden (im Zug). Und das vertraute Intro vom Band: „Hallo, | |
hier spricht Edgar Wallace.“ | |
Zu sehen ist „Die Tür mit sieben Schlössern“ derzeit im Bremer | |
Kriminaltheater. Hier ermittelt der Scotland-Yard-Kommissar Dick Martin mit | |
Kollegen in einer Mordserie, in der bei jedem der Opfer Schlüsselbänder | |
aufgefunden werden. Dabei spielt auch Sybil Landsdown eine große Rolle, da | |
sie einerseits als Zeugin und dann als Liebelei des Inspektors fungiert. | |
Das Stück will als Persiflage auf den 1962 erschienen, und von der Kritik | |
verrissenen Film verstanden werden. Mit viel Klamauk und Slapstick versucht | |
Regisseur Ralf Knapp Edgar Wallace, dessen Romanfiguren und sein Frauenbild | |
aufs Korn zu nehmen – ähnlich wie es Oliver Kalkofe und Bastian Pastewka | |
bereits 2004 mit ihrem Spielfilm „Der Wixxer“ versucht haben. | |
Doch im Kriminaltheater gelingt das nur mäßig. Das Skript hatten Gabriele | |
Rotmüller und Alexander Liegl 2007 für das Münchner Lustspielhaus | |
geschrieben. Liegl ist für dadaistische Programme und seinen derben | |
bayerischen Humor bekannt. Die Bremer Inszenierung klingt hingegen wie ein | |
angetrunken erzählter Ostfriesen-, Blondinen- oder Österreicherwitz. Mehr | |
als Wortspiele, Pipi-Kacka-Humor und „Hihi Puff“ hat die Inszenierung | |
leider nicht zu bieten. | |
Lediglich eine von drei Frauenrollen erfährt eine wirkliche Entwicklung – | |
und das auch erst in den letzten Minuten des Stückes. Die anderen beiden, | |
gespielt von Männern, bleiben eher blass, was am Frauenbild von Wallace | |
liegen mag, bei dem starke Frauenrollen allerhöchstens verbiestert | |
vorkamen. Meist waren sie aber eh nur schmückendes Beiwerk oder harrten als | |
Damsel in Distress auf Rettung. Erkennbare Mühe, das aufzubrechen, hat sich | |
Knapp nicht gegeben. | |
Wirklich unangenehm wird der Humor bei der Darstellung des | |
Kriminalassistenten Holmes durch Martin Leßmann. Er spielt ihn als | |
eifersüchtigen Klischeeschwulen, der offensichtlich in den Inspektor Dick | |
Martin verliebt ist, inklusive nasaler Stimme, spitzen Fingern und ganz | |
viel „Ach du meine Güte“. Zwischen ständigen Szenenwechseln und kurzen | |
Bildern findet keine Personenentwicklung statt, es bleibt an der Oberfläche | |
und bei den Klischees. Doch wenn ein Cis-Mann in einem Kleid oder mit | |
Bustier die Bühne betritt, ist das Gelächter im Publikum groß. Die folgende | |
schlechte Balletteinlage (anscheinend typisch weibliches Verhalten) | |
steigert das Gejohle noch. | |
Immerhin bekommen auch ein paar der Männerrollen ihr Fett weg. So entpuppt | |
sich der Hauptkommissar bald als redseliger Angeber, der stets von seinen | |
großen Werken als Romanautor schwärmt und darüber den Fall aus den Augen | |
verliert. Bei Bibliothekarin Landsdown ist das zwar anders – und trotzdem | |
ist natürlich sie es, die am Ende vom heldenhaften Kommissar aus der Gefahr | |
errettet werden muss. | |
Dieses ziellose Aufeinandertreffen der Stereotype wird von den vier | |
Darsteller*innen Franziska Mencz, Christian Aumer, Christian Kaiser und | |
Martin Leßmann gespielt, während sie sich gleichzeitig auch noch um Bühne | |
und Kostüme kümmern müssen. Das Spiel leidet unter dieser Vielzahl an | |
Beschäftigungen, doch führen diese schnellen Umzüge hin und wieder zu | |
unfreiwilliger Situationskomik abseits der schlecht geschriebenen Witze. | |
Die Bühne besteht fast nur aus einer drehbaren Leinwand, die allerdings | |
tatsächlich witzige Gimmicks bereithält und den Abend so immerhin in Teilen | |
unterhaltsam macht. | |
Trotzdem fragt man sich nach den zwei Stunden im Theater, ob diese Art von | |
Abendunterhaltung wirklich noch zeitgemäß ist. Man hätte sich gleich einen | |
alten Edgar-Wallace-Film angucken können. Unfreiwillig ulkig wäre der auch. | |
Und man hätte den Humor immerhin noch auf die alten Zeiten schieben können. | |
Wieder: 2. März, 20 Uhr, sowie am 3. März, 16 Uhr, Bremer Kriminaltheater | |
2 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
florian maier | |
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