# taz.de -- Direct-Action-Heldin | |
> Seit vierzig Jahren setzt sich Lisa Fithian für den gewaltfreien, | |
> sozialen Wandel ein. Wir haben sie zum taz lab eingeladen | |
Bild: Lisa Fithian | |
Wenn jemand ein Anrecht auf die Bezeichnung „Berufsaktivistin“ hat, dann | |
wäre das wohl Lisa Fithian. Seit den 1970er Jahren engagiert sich die | |
US-Amerikanerin, die in Austin, Texas lebt, für das, was sich aus heutiger | |
Sicht unter dem Label „gewaltfreier, sozialer Wandel“ zusammenfassen lässt. | |
Die Liste der Anliegen, für die sich Fithian in den vergangenen 40 Jahren | |
eingesetzt hat, liest sich wie ein historischer Zeitstrahl linker | |
Protestbewegungen. | |
Politisiert hat sich Fithian bereits auf der High School. Dort mobilisierte | |
sie die Schülerschaft gegen anstehende Sparmaßnahmen. Als Studentin des | |
Skidmore College in Saratoga Springs, im Bundesstaat New York, wo sie | |
ebenfalls Proteste gegen Sparmaßnahmen organisierte, wurde sie zur | |
Präsidentin der Studierendenvertretung gewählt und engagierte sich als | |
solche bald auch auf landes- und bundesweiter Ebene. In den 1980er Jahren | |
wandte sie sich zuerst der Umweltbewegung zu und kämpfte gegen die | |
Verschmutzung des Sankt-Lorenz-Stroms, dem drittgrößten Fluss Nordamerikas, | |
in Clayton und protestierte dann, Ende der 1980er Jahre, unter anderem | |
gegen die US-Invasion in Nicaragua. | |
Im Zuge dessen entdeckte Fithian kreativere und subversivere, gewaltfreie | |
Protestformen für sich, die abseits von bloßen Latschdemos und Sit-ins | |
politische Ziele forcieren. In den USA sind diese als „Direct Action“ | |
bekannt, Aktionen also, die das Überraschungsmoment für sich zu nutzen | |
wissen und größtmögliche (mediale) Aufmerksamkeit erzeugen sollen. | |
1978 koordinierte Fithian einen „Shutdown“ des CIA-Hauptquartiers in | |
Langley, bei dem über 600 Menschen festgenommen wurden. In den Neunzigern | |
wandte sich Fithian gewerkschaftlichen Protesten zu, kämpfte für die Rechte | |
von Hausmeister*innen, Pflegekräften, Hotelmitarbeiter*innen und in der | |
Automobilindustrie. Sie arbeitete als Koordinatorin des Washington Peace | |
Center, für das sie ebenfalls Proteste organisierte, unter anderem gegen | |
die Golfkriege. Außerdem unterzog sie das Peace Center einem internen | |
antirassistischen Transformationsprozess, mit dem Ziel, das Center in eine | |
diverse, multikulturelle Organisation umzuwandeln. | |
In den Nullerjahren zog es Fithian in die Antiglobalisierungsproteste, wo | |
sie begann, andere Aktivist*innen in taktischer Hinsicht zu beraten und in | |
Direct-Action-Trainings zu schulen. Die WTO-Proteste in Seattle 1999 und | |
2003 im mexikanischen Cancun, IWF und Weltbank-Treffen, | |
Weltwirtschaftsforen, die G8-Treffen in Genua (2001), Calgary (2002), Evian | |
(2003), Brunswick (2004), Gleneagles (2005), Heiligendamm (2007) und | |
Sapporo (2008) – Fithian war bei allen dabei. Nachdem Hurricane „Katrina“ | |
2005 New Orleans verwüstet hatte, engagierte sie sich in der Organisation | |
Common Ground Relief. Bei den Occupy-Wall-Street-Protesten 2011 stand sie | |
den Organisator*innen beratend zur Seite. Auch im Ausland engagiert sich | |
Fithian immer wieder, darunter auch israelkritisch in Gaza und dem | |
Westjordanland. Marlene Halser | |
Beim taz lab reden wir mit ihr darüber, ob es in politischen Zeiten wie | |
diesen neue Protestformen braucht. | |
26 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Marlene Halser | |
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