# taz.de -- heute in hamburg: „Mit Koffern in Parks geschlafen“ | |
Interview Frieda Ahrens | |
taz: Wie sind Sie auf der Straße gelandet, Herr Bloh? | |
Dominik Bloh: Das ist mit 16 Jahren passiert. Meine Mutter wurde psychisch | |
krank und war so überfordert, dass sie ihre Vormundschaft abgelegt hat. Und | |
da ich sonst auch keine Familie um mich rum hatte, war ich erst mal | |
alleine. Jugendamt und Familienbehörde konnten sich nicht einig werden, da | |
ging es um Begrifflichkeiten wie: Bin ich Minderjährig, ein Jugendlicher | |
oder ein junger Heranwachsener? So hat sich keiner richtig zuständig | |
gefühlt und die haben mich wieder weggeschickt. | |
Wie lange ging es so? | |
Bis ich 17 Jahre alt war. Ich bin weiter zur Schule gegangen, habe manchmal | |
mit Koffern in Parks geschlafen oder hier und da auch bei Freunden | |
übernachten können. Dann bin ich in einem betreuten Wohnen untergekommen. | |
Mit 18 musste ich wieder ausziehen. Dann ging’s wieder für ein paar Jahre | |
auf die Straße. | |
Was sind die größten Schwierigkeiten auf der Straße? | |
Man ist in einer anderen Welt gefangen, die nichts mit dem zu tun hat, was | |
wir so kennen. Man ist nur damit beschäftigt, Grundbedürfnisse zu | |
befriedigen. Dadurch entsteht eine Rastlosigkeit. Das ist bei vielen | |
Menschen auf der Straße das Hauptproblem. Es gibt keinen Moment der Ruhe | |
oder der Pause. | |
Was muss anders laufen? | |
Die Politik muss mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau stecken. Es gibt | |
zwar viele Angebote für Obdachlose, aber die muss man verbessern. Wenn | |
Menschen sagen, sie können nicht mit sieben anderen Menschen in einem 14 | |
Quadratmeter großen Container ohne Spind übernachten, dann ist es doch die | |
Aufgabe von Stadt und Behörden zu überlegen, wie man das macht. Da gibt es | |
einfache Verbesserungsmöglichkeiten: eine niedrigere Bettbelegung. | |
Schließfächer, vernünftigen Zugang zu Sanitäranlagen. | |
Und gesellschaftlich? | |
Viele der Angebote finden auf einer Ebene statt, da könnte man meinen, dass | |
es okay wäre, Obdachlosen einfach das absolute Minimum zu geben, weil das | |
schon mehr ist, als sie von der Straße gewohnt sind. Die Kernaufgabe der | |
Stadt sollte sein, dafür zu sorgen, dass hier irgendwann alle wohnen | |
können. All die anderen Sachen müssen auch gesellschaftlich getragen | |
werden. Ich schaue, dass ich meine Wohnung an Obdachlose abgebe, wenn ich | |
unterwegs bin. Wer macht das noch? | |
31 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Frieda Ahrens | |
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