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# taz.de -- nord 🐾 thema: „Ideal sind verschiedene Geschmacks-erlebnisse“
> Essen aus Schüsseln erlebte zuletzt eine überraschende Konjunktur – umso
> mehr, je asiatischer es ist. Letzter Schrei: japanische Suppe aus Nudeln
> (unter anderem)
Bild: Da sieht man sie förmlich, die Elemente: Diese Ramen heißt Spicy Miso m…
Interview Frieda Ahrens
taz: Herr Steinkönig, was ist eigentlich Ramen?
Vena Steinkönig: Ramen ist eine japanische Nudelsuppe, die aus fünf
Elementen besteht. Das ist einmal die Brühe, die muss eine gewisse
Komplexität haben. Dann haben wir das Aroma-Öl, das ist essenziell für die
Ramen. Dann das Topping – also was obendrauf ist. Dann gibt es Tare, das
sind Gewürzmischungen, im Grunde bringt das den Geschmack. Denn die Brühe
ist gesalzen, aber nicht aromatisiert. Zu guter Letzt natürlich die Nudeln.
Darüber streiten sich die Ramenfreaks, ob jetzt die Nudeln oder die Brühe
das Herzstück sei. Ramen sind nicht vergleichbar mit anderen asiatischen
Suppen wie zum Beispiel Pho. Eine Ramen ist deutlich komplexer aufgebaut.
Viele stellen sich vor, dass wir einfach pro Geschmacksrichtung einen
großen Topf haben. So einfach ist eine Ramen nicht.
Sondern?
Naja, wir haben drei verschiedene Suppentypen: Ein veganer Gemüsefond, ein
Hühnchenfond und dann noch Tonkotsu, das ist eine traditionell japanische,
48 Stunden gekochte Schweinebrühe. Die Fonds kochen wir jeden Tag frisch,
die Tonkotsu alle drei Tage. Das ist ein Bestandteil, der dauert ungefähr
sechs Stunden. Dann hat man die Gewürztare. Wir haben sieben verschiedene
Ramentypen bei uns auf der Karte und für jede einzelne Ramen muss eine
bestimmt Tare gemacht werden. Tare machen wir täglich mit speziell
importierten Lebensmitteln aus Japan. Und dann die Toppings. Da haben wir
den klassisch geräucherten Schweinebauch, dann haben wir auch eine vegane
Variante mit Tofu, dann haben wir ausgelöste Hühnerkeulen, die müssen
entsprechend mariniert und zubereitet werden. Und dann kommen die
Aroma-Öle. Idealerweise hat man dann verschiedene Geschmackserlebnisse, die
sich in einer Bowl wiederfinden.
Was ist denn das klassische Ramen?
Klassisch ist schwierig. In Japan ist es so, dass die kleinen Geschäfte
sich immer auf eine Sorte fokussieren und nicht, wie hier, verschiedene
Arten angeboten werden. Der Inhaber da macht auch alles selber, auch die
Nudeln. Teilweise haben da Läden auch nur fünf Sitzplätze. Aber deshalb
gibt es klassisch eher nicht.
Was für eine Rolle spielen Ramen in Japan?
Ursprünglich kommt so eine Nudelsuppe ja aus China. Seit knapp hundert
Jahren gibt es das in Japan. Und die Japaner haben daraus ein
Fast-Food-Gericht gemacht. Die Leuten nehmen sich wirklich maximal zehn
Minuten Zeit. Oft sagen die einem Automaten, was die wollen, ziehen eine
Nummer, essen und gehen.
Wie wird das traditionell gegessen?
Mit Stäbchen. Für die Japaner kommen an erster Stelle die Nudeln. Man beugt
sich vor, probiert kurz die Suppe, aber vor allem werden dann die Nudeln
laut schlürfend hochgezogen. Danach wird die Suppe natürlich auch mit dem
Löffel geleert oder zur Not wird die Schale auch angesetzt und getrunken.
Es geht schnell und ist mehr ein Inhalieren. Die höchste Anerkennung für
den Ladenbesitzer ist, eine leere Bowl zurückzubekommen.
Muss man schlürfen?
In Japan ist es ein Zeichen der Anerkennung. Aber es hat auch noch einen
anderen Hintergrund: Durch das Zuführen von Sauerstoff entfaltet sich der
Geschmack noch mal ganz anders. Idealer Ramen hat eine gute Mischung aus
Brühe und leichtem Fettgehalt, so bleibt beim Hochziehen den Geschmack der
Brühe an der Nudel kleben. Das Schlürfen hat also auch einen kulinarischen
Aspekt.
Gibt es für Sie auch ein No-Go?
Als wir letzten Juli in Tokyo waren, sind wir pro Tag in fünf Läden
gewesen. Und da sind dann auch Sachen dabei: Ananas-Ramen – das war mir
echt too much. Oder Pesto-Ramen mit Tomatensoße. Also ganz komische
Kreationen, die aber ja sehr spannend sind. Vor allem für die Japaner ist
Pesto-Ramen etwas kulinarisch Besonderes, ich würde dann doch lieber
normale Pasta essen. Ramen ist auch das einzige japanische Gericht, was
Varianten gegenüber offen ist. Da kann sich jeder austoben. Im Gegensatz zu
Sushi.
Was hat Sie dazu gebracht so einen Laden zu eröffnen?
Ich und Valentin, der andere Geschäftsführer, waren beide sehr oft in
Asien. Ramen gibt es ja mittlerweile fast überall in Südostasien. Und als
wir dann zurück in Deutschland waren, haben wir Ramen vermisst. Die Idee
ist uns vor acht Jahren gekommen, da gab es noch keine Ramen-Läden in
Deutschland. Und als wir 2016 eine Fläche angeboten bekommen haben, haben
wir das dann durchgezogen. Wir haben uns aber auch Zeit gelassen mit der
Eröffnung, weil wir sicherstellen wollen, dass es wirklich gut ist. Wir
waren vorher auch noch öfter in Japan und haben vor Ort noch einen
Kost-Check gemacht, ob es auch wirklich schmeckt.
Mittlerweile gibt es ja relativ viele Ramen-Läden: Ist es ein Trend
geworden?
Das finde ich problematisch. Das Thema wird extrem gehypt. Das ist ähnlich
wie damals die Burgerwelle. Die Läden sind damals wie die Pilze aus dem
Boden geschossen. Und das Gefühl kriege ich jetzt auch. Auf einmal macht
jeder einen Ramen-Laden auf. Manche machen es nur, weil es gerade angesagt
ist und um damit Geld zu verdienen, das finde ich halt schade. So geht die
Kultur ein wenig verloren.
Sie als „Nicht-Japaner“ haben einen Laden eröffnet – wie finden das
Japaner?
Japaner sind sehr kritische Menschen. Den meisten Japanern schmeckt es, wir
haben auch japanische Stammgäste. In den Kommentaren bei Facebook kann man
auch lesen: „Ja das machen keine Japaner, es ist aber trotzdem sehr gut.“
Das ist dann eine hohe Anerkennung. Viele Japaner finden dass natürlich
auch nicht so gut, dass zwei Deutsche Ramen machen. Wir haben da
durchmischtes Feedback. Aber grundsätzlich kommen vor Ort sehr positive
Rückmeldungen.
Was wissen nur Experten über Ramen?
Japaner lieben Fett. Also für die sind wir oft nicht fettig genug. Die
richtigen Ramen-Fans lieben den klassischen Schweinebauch. Der klassische
Deutsche bestellt halt lieber Chicken. Daran sieht man dann schon immer:
Ah, die Healthy Choice. Die tun dann immer so, als ob in einer Suppe alle
Kohlenhydrate verschwinden. Da muss ich schon immer grinsen.
Wer isst bei Ihnen?
Eine gute Mischung. Zum einen haben wir viele Touristen, auch viele
englischsprachige Gäste. Die sind auch anders drauf, setzten sich auch
gerne lockerer mal an die Bar. Während ein Hamburger Gast gerne direkt an
einen Tisch will. Dann haben wir einen hohen Frauenanteil, ein junges
Publikum, ab und zu aber auch ältere Leute dabei. Es kommt dementsprechend
auch verschiedenstes Feedback, was die Preise angeht. Aber alle freuen sich
auf das Ambiente und auf das Essen.
Ramen-Festival: Sa, 2. Februar, 10 bis 18 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36,
Hamburg
26 Jan 2019
## AUTOREN
Frieda Ahrens
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