# taz.de -- heute in bremen: Theater hat politische Verantwortung | |
Interview Moritz Warnecke | |
taz: Frau Seidler, mit „Nach den Rechten sehen“ beginnt heute die Reihe zum | |
Thema Rechtsradikalismus und Rechtspopulismus am Theater, die Sie in | |
Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Bremen kuratieren. Was wollen | |
Sie damit erreichen? | |
Marianne Seidler: Wenn man beobachtet, was politisch gerade in der | |
Gesellschaft passiert, wie der öffentliche Diskurs aufweicht und welche | |
Worte mittlerweile wieder benutzt werden, dann muss das Theater ein Ort | |
sein, wo darüber nachgedacht und sich ausgetauscht wird. Schon eine leichte | |
Verschiebung der politischen Mitte nach rechts könnte Folgen nach sich | |
ziehen, die vielleicht erst in Jahren richtig nachzuvollziehen sind. Als | |
Stadttheater ist es unsere Verantwortung, das zu thematisieren. | |
„Nach den Rechten sehen“ klingt eher niedlich, dabei ist das Thema doch | |
sehr ernst … | |
Sie haben recht, der Titel klingt verspielt. Als Theater wollen wir aber | |
immer auch einen Bezug zu Kunst und Sprache herstellen. „Nach etwas sehen“ | |
bedeutet etwas anzutasten, abzumessen, nämlich ein Feld, das | |
unübersichtlich geworden ist. Zudem ist im Titel das Wort „Recht“ | |
enthalten. Nicht nur in Bezug auf die NSU-Prozesse sollten wir auch einen | |
Blick auf die Rechtsgrundlage in unserem Land werfen. Wir freuen uns daher | |
sehr, dass Ellen Best, die Vize-Präsidentin des Bremer Amtsgerichts, die | |
Reihe moderiert. | |
Letzte Woche hat es eine „Mahnwache“ der AfD gegeben. Das Theater hat sich | |
mit einem aufgehängten Banner dagegen positioniert. Warum ist es wichtig, | |
als Theater eine politische Haltung zu zeigen? | |
Rechte Parteien wie die AfD versuchen, die Inhalte des Theaters zu | |
beschneiden. Nicht in Bremen, aber in anderen Städten ist es vorgekommen, | |
dass die AfD Anträge gestellt hat, die darauf zielten, den Theatern | |
Förderungen zu kürzen, wenn sie Stoffe bearbeiten, die nicht „deutsch“ | |
genug waren. Schon deswegen wollen wir dem Thema nicht neutral | |
gegenüberstehen. Aber noch entscheidender: Wir können im besten Fall ein | |
Seismograph sein für das, was passiert, und möchten sagen: Das ist nicht | |
die Zukunft, in der wir leben möchten. | |
Haben Sie darüber nachgedacht, Leute mit rechter Gesinnung mal gezielt | |
einzuladen? | |
Nein, das haben wir nicht vor. Die Veranstaltungsreihe setzt sich zum Ziel, | |
gemeinsam mit Expert*innen zu beschreiben, was gerade in der Gesellschaft | |
passiert. | |
21 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Moritz Warnecke | |
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