| # taz.de -- Kunst, nicht Kunsttherapie | |
| > Die Ateliergemeinschaft der Schlumper wünscht sich mehr Inklusion im | |
| > Kunstbetrieb | |
| Bild: Seit 2006 bei den Schlumpern: die Künstlerin Katharina Ellrich neben ein… | |
| Von Philipp Effenberger | |
| Das Atelier der Schlumper liegt in der Alten Rinderschlachthalle in | |
| Hamburg. Bunte Farbspritzer bedecken den Boden. Die Wände der hohen und | |
| hell ausgeleuchteten Halle sind bestückt mit farbenfrohen Kunstwerken. | |
| „Momentan sind hier 34 KünstlerInnen fest im Atelier“, sagt Anna | |
| Pongs-Laute, die Atelierleiterin und Tochter des 2013 verstorbenen Gründers | |
| Rolf Laute. Alle KünstlerInnen haben entweder eine geistige Behinderung | |
| oder eine psychische Erkrankung. Ungefähr im Verhältnis 70 zu 30, schätzt | |
| Pongs-Laute. | |
| Sie und drei weitere Assistentinnen sind täglich im Atelier, um die | |
| KünstlerInnen zu unterstützen. Sie wissen, wer lieber ungestört arbeiten | |
| will, wer am besten in der Gruppe kann und sie helfen am Ende des Tages | |
| beim Aufräumen. In die künstlerische Arbeit greifen sie nicht ein. „Wir | |
| machen hier keine Kunsttherapie“, sagt Pongs-Laute. | |
| Das Atelier wird wie eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung betrieben. | |
| Hauptträger ist die evangelische Stiftung Alsterdorf, ehemals Alsterdorfer | |
| Anstalten. Viele Schlumper der Gründungsjahre kamen aus der Einrichtung im | |
| Hamburger Norden, in der das Zeit Magazin 1979 unhaltbare Zustände | |
| aufdeckte. | |
| Viele BewohnerInnen litten damals unter willkürlichen und drakonischen | |
| Strafen des Personals. Werner Voigt, ein Schlumper der ersten Stunde, zeigt | |
| in seinem Gemälde „Alsterdorfer Passion“, wie er vom Personal gequält und | |
| gedemütigt wurde. Heute hängt das Gemälde in der Vorstandsetage der | |
| Stiftung Alsterdorf. | |
| Die Schlumper gründeten sich Ende der 80er-Jahre unabhängig von den | |
| Skandalen, betont Atelierleiterin Pongs-Laute. Ihr Vater Rolf Laute war der | |
| Sohn des Verwaltungsleiters in Alsterdorf und lebte vom 7. bis zum 17. | |
| Lebensjahr auf dem Gelände. Die Kinder der Angestellten und Kinder mit | |
| Behinderung spielten zusammen. Der Umgang sei selbstverständlich gewesen, | |
| sagte Rolf Laute später in einem Interview. Laute studierte später | |
| Kunsterziehung und arbeitete nebenbei als Künstler. 1978 gestaltete er | |
| zusammen mit BewohnerInnen aus Alsterdorf das Foyer eines Jugendhauses. Am | |
| Ende fragten die Beteiligten: Was machen wir als Nächstes? | |
| 1984 ergab sich die Möglichkeit, im Keller des Stadthauses Schlump ein | |
| Atelier einzurichten. Ein Jahr später gründete sich der Verein „Freunde der | |
| Schlumper“, der die KünstlerInnen bis heute finanziell unterstützt. 1998 | |
| zog das Atelier vom Schlump in die alte Schlachthalle und nahm den | |
| etablierten Namen „Schlumper“ mit. Der Höhepunkt war eine Ausstellung der | |
| Schlumper in der Hamburger Kunsthalle 2005/2006. | |
| Ziel sei es, die KünstlerInnen als Individuen zu zeigen, sagt Pongs-Laute, | |
| und nicht als Menschen mit Behinderung. Die Erlöse aus den Verkäufen gehen | |
| allerdings ans Atelier – flösse das Geld direkt zu den KünstlerInnen, | |
| würden sie entsprechend weniger vom Sozialamt bekommen. So beziehen sie ein | |
| Werkstattgehalt, das sich nicht an Verkaufszahlen orientiert. Das sei | |
| „fairer“, meint Pongs-Laute. | |
| Seit 2014 betreiben die Schlumper eine eigene Galerie im Karoviertel. An | |
| den bis zu sechs Ausstellungen pro Jahr nehmen auch Nicht-Behinderte teil – | |
| ihrem Ziel sind die Schlumper damit schon ziemlich nahe. | |
| 5 Jan 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Philipp Effenberger | |
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