# taz.de -- Klangwall im weltlichen Dom | |
> Die Lieder, die Lichter: Das US-Quartett The War On Drugs gastiert am | |
> Montag in der Verti Music Hall – ihr von Americana und klassischem | |
> Indierock inspirierter Sound erweist sich als ausgesprochen tanzbar | |
Von Maxime Weber | |
Als Erstes fällt die imposante Deckenhöhe am neuen Veranstaltungsort auf. | |
Die US-Indierockband The War On Drugs gastiert am Montagabend in der jüngst | |
eröffneten Verti Music Hall am Mercedes-Platz, und tritt man das erste Mal | |
in den Konzertsaal und schaut zu den Metallstreben und Lüftungssystemen an | |
der Decke empor, kommt es einem fast so vor, als ob man sich in einem Dom | |
befinden würde. Wenn auch einem sehr weltlichen, in dem nicht etwa Wein und | |
Hostien, sondern Popcorn und überteuertes Bier verteilt werden. | |
Nachdem sie 2014 noch im kompakteren Bii Nuu am Schlesischen Tor gespielt | |
hatten, fand der Auftritt von The War On Drugs im letzten Jahr schon im | |
Tempodrom statt. In der Zwischenzeit hat die 2005 in Philadelphia | |
gegründete Band allerdings noch einmal an Bekanntheit zulegen können. Nicht | |
zuletzt, weil ihr viertes Album „A Deeper Understanding“ dieses Jahr den | |
Grammy fürs beste Rockalbum davontrug. | |
Nun also tritt die Gruppe in der ungleich größeren Venue am Spreeufer auf. | |
Trotz der hohen Bierpreise haben übrigens einige der Konzertgäste in den | |
hinteren Reihen offensichtlich etwas zu viel konsumiert, wie im Laufe des | |
Abends immer wieder durch ihre lauten Zwischenrufe und schiefes Nachgrölen | |
der Melodien deutlich wird, die von der Lautstärke her gelegentlich sogar | |
die Musik übertönen. | |
Der Großteil der fünfzehn Lieder prescht in einem geradlinigen Beat voran. | |
Sie stammen vor allem von den zwei jüngsten Alben der Band, „Lost in the | |
Dream“ aus dem Jahr 2014 und eben „A Deeper Understanding“. Insbesondere | |
beim pulsierenden „Up All Night“ kommt der knackige Rhythmus voll zur | |
Geltung und regt das Publikum im Saal immer wieder zum Tanzen an. Mit | |
vielen unterschiedlichen Instrumenten – von Synthesizer und Mundharmonika | |
bis hin zum Saxofon – werden auf dieses Rhythmusfundament zahlreiche, mit | |
Effekten angereicherte Melodien geschichtet, deren Einflüsse von Americana | |
bis hin zu klassischem Indierock reichen. Ähnlich wie im Shoegaze-Genre | |
entsteht so ein wuchtiger Sound, dessen träumerische Note durch die | |
hallende Akustik im hohen Saal umso mehr zur Geltung kommt. | |
Auch auf visueller Ebene weiß das Quartett zu überzeugen. Begleitet wird | |
die Musik der Band von einer spektakulären Lichtinstallation, die einem | |
apsisförmigen Käfig gleich von der Bühne bis zur Decke hinaufreicht. Sind | |
Lichter bei Konzerten sonst eher nur schmückendes Begleitwerk, so schaffen | |
es die perfekt auf die Musik abgestimmten Lichter bei diesem Auftritt im | |
Gegensatz sogar immer wieder, der Band die Show zu stehlen. Die Lichter | |
folgen der Dramaturgie der Lieder und akzentuieren deren Höhepunkte, indem | |
sie sich plötzlich auf Frontmann Adam Granduciel – der singt und seiner | |
Gitarre immer wieder ausschweifende Soli entlockt – richten. | |
Dazwischen ahmen sie Wasserfontänen und Regen nach, die die tröpfelnden | |
Melodien unterstreichen. Oder sie schieben sich einer blauen, aus Lasern | |
geformten Hütte gleich über die Köpfe der Bandmitglieder. Immer wieder | |
werfen die Scheinwerfer auch deren Umrisse an die Wände der Halle und | |
lassen parallel zum Auftritt ein Schattenspiel entstehen. | |
Die opulente Inszenierung passt zu der immer wieder aufblitzenden | |
Stadiontauglichkeit von The War On Drugs und fällt auch beim Publikum auf | |
fruchtbaren Boden. Insbesondere das sich durch verspielte | |
Achtziger-Synthies und ein mitreißendes Gitarrensolo am Ende auszeichnende | |
„Red Eyes“ sowie das von einer einprägsamen, melancholischen Pianomelodie | |
vorangetriebene „Under The Pressure“ gegen Ende des Auftritts rufen | |
Jubelstürme hervor, ehe nach mehr als zwei Stunden die aufgetürmten Klänge | |
schließlich wieder in sich zusammenstürzen. | |
12 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Maxime Weber | |
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