# taz.de -- Der Diesel zieht nicht mehr | |
> Die Robert Bosch GmbH ist Weltmarktführer für Dieseltechnologie. Gerade | |
> deshalb fürchten im saarländischen Homburg nun 4.500 Mitarbeiter um ihre | |
> Jobs. Denn viele Autobauer, die mit Bosch-Technik fahren, wollen auf | |
> E-Motoren umsteigen | |
Bild: Ersetzen seit nunmehr 20 Jahren herkömmliche Dieseleinspritzpumpen: die … | |
Aus Homburg Thomas Gerlach | |
Robert Bosch hat gesagt, lieber Geld verlieren als Vertrauen. Heute ist das | |
anders.“ Der Mann, der das sagt, ist sichtlich aufgewühlt. „Schreiben Sie | |
das!“ Er sitzt vornüber gebeugt, hat zugehört, was seine Kolleginnen und | |
Kollegen erzählt haben, hat still seine Hände gerieben, hat immer wieder | |
genickt und jetzt hören sie ihm zu und nicken mit dem Kopf. Wie stolz man | |
früher war, bei Bosch zu arbeiten. Vor dem Personalbüro standen die Leute | |
Schlange. Hochgearbeitet habe er sich, auf eine Facharbeiterposition, hat | |
in vier Schichten gearbeitet. Bitte nichts über die genaue Position im | |
Werk, nichts über den Werdegang und über die Stationen. Und kein Name. Zu | |
groß ist die Angst vor Konsequenzen. Martin will er stattdessen heißen, ein | |
schöner Name. So solide, wie Bosch einmal war, als es im Werk Homburg noch | |
brummte. | |
Und heute? Keine vier Schichten mehr, weniger Lohn und wer befristet | |
angestellt ist, sieht der Entlassung entgegen. „Ich habe jetzt 1.000 Euro | |
weniger im Monat“, sagt Martin. „Das Werk wird immer weiter | |
heruntergefahren.“ Die Produktion werde in die Fabrik in Bursa verschoben, | |
südlich von Istanbul. Und Homburg? Keine Neueinstellungen, viele Lehrlinge | |
sind nach der Facharbeiterprüfung schnell fort zu anderen Bosch-Werken, | |
Überalterung, hoher Krankenstand. Und dann sagt einer dieses Wort, das die | |
Werksleiter im Munde führen: Bettkantenentscheidung. Als ob sie jeden | |
Morgen auf der Matte sitzen und überlegen, ob sie sich überhaupt zu Bosch | |
aufmachen sollten. So viel Argwohn in einem einzigen Wort. „Das Vertrauen | |
ist weg.“ Kopfnicken. „Herzlichen Glückwunsch, Robert!“, sagt Martin. | |
Es ist September, einen Tag zuvor wäre Firmengründer Robert Bosch 157 Jahre | |
alt geworden. Das Datum vergessen sie hier nicht. Aber der alte Bosch liegt | |
in Stuttgart unter der Erde und nun wird auch noch seine Seele verkauft, | |
zumindest in Homburg an der Saar, in dem Werk, das bis vor Kurzem gut von | |
Injektoren lebte – fingerdicke Stifte, die bei Dieselmotoren die | |
Einspritzdüsen abgelöst haben und, ganz gleich wie viele Zylinder es gibt, | |
den Diesel über eine gemeinsame Leitung, die „Common Rail“, mehrfach pro | |
Zündvorgang in den Brennraum spritzen. Dadurch verpassen sie den trägen | |
Selbstzündern so einen Schuss Lebendigkeit, dass der Diesel seitdem nicht | |
nur der Antrieb für Lkw, Traktoren und Familienkutschen ist, sondern für | |
PS-Anbeter, die sich beim Druck aufs Pedal so wohlig in die Polster pressen | |
können. Die neuen Diesel: sauber, sparsam und modern – eine | |
Erfolgsgeschichte, made in Germany. | |
Bis zum Herbst 2015. Im September stellte sich heraus, dass die schöne | |
Dieselwelt, die niedrigen Emissionen, insbesondere beim Stickoxyd, Lug und | |
Trug war, Budenzauber, der mit Knall bei VW aufflog. Inzwischen wird bei | |
anderen deutschen Autobauern auch ermittelt. Und auch Bosch, das viele | |
Common-Rail-Systeme liefert, ist in den Verdacht geraten, die | |
Manipulationen ermöglicht zu haben. Das Dieselgefühl, es ist vorbei. Was | |
folgt, sind Unsicherheit, Software-Updates, Fahrverbote und Klagen. „Wer | |
auch immer da von Bosch mitgemacht hat, es war nicht der kleine | |
Mitarbeiter, dem jeden Tag gesagt wird, das Wichtigste ist die Qualität“, | |
fährt Martin fort. | |
Die Nachfrage nach Injektoren ist eingebrochen. Über die Zukunft hält sich | |
die Geschäftsführung bedeckt. „Man hat das Gefühl, Homburg wird abgehängt… | |
In Dresden baut Bosch für eine Milliarde Euro eine Halbleiter-Fabrik. „Wir | |
verstehen das nicht.“ Und Martin merkt gar nicht, wie seine Stimmung immer | |
düsterer, seine Sätze immer gewagter werden. „Es ist, als wenn Sie die | |
Reifen abfahren würden …“ Irgendwann trägt es das beste Auto aus der Kurv… | |
„Bosch, das ist wie eine Verpackung bei Douglas im Regal.“ Martin macht | |
eine Handbewegung, als wollte er ein Flakon auspacken. „Von außen duftet | |
das, aber drinnen ist die Schachtel leer.“ Bosch, eine Mogelpackung? | |
Zumindest nicht, was die Vergangenheit angeht. „Im Werk können Sie drei | |
Schaufenster ansehen, voll mit den Preisen, die Bosch Homburg gewonnen | |
hat.“ Deutscher Ideenpreis, Logistik Award, Bosch Quality Prize, den | |
Cleverle-Award für Einfallsreichtum – über zwanzig Ehrungen. Besonders | |
wichtig scheint Martin der Ludwig-Erhard-Preis. „Mit der höchsten | |
Punktzahl!“ Der Finger geht nach oben, Martins Augen suchen nach | |
Anerkennung. Bei all dem Groll kann er den Stolz so gar nicht verbergen. | |
Unweit von hier, in einer Sporthalle, beginnt gerade die | |
Betriebsversammlung des Homburger Bosch-Werkes. Busse schaffen die Leute | |
heran. Manch Älterer, weißhaarig, im Blaumann und mit dem typisch | |
schaukelnden Gang eines Malochers, der sein Lebtag am Band gestanden hat. | |
In den Gängen dampfen Bockwurst und Kaffee. Es hat etwas von Sportfest, | |
doch die Mienen sind ernst. Presse ist nicht erlaubt. Die Situation sei | |
angespannt, bedauert der Betriebsratsvorsitzende, die Geschäftsführung | |
wünsche keine Journalisten. Bald wird er den vielen Kollegen und wenigen | |
Kolleginnen gestehen, am Ende des Tunnels leuchte leider noch immer kein | |
Licht. So werden es einige später erzählen. Und die Werksleitung wird | |
Folien auflegen, die die Auftragslage als veränderlich beschreiben, und den | |
Krankenstand beklagen. Das Wort „Bettkantenentscheidung“ soll auch gefallen | |
sein. | |
„Bosch – Technik fürs Leben“ steht über dem Werkstor an der Bexbacher | |
Straße. Das Gelände grenzt an Wohngebiete. Man könnte von der Bettkante ins | |
Werk spazieren. Doch die Schaufenster mit den Trophäen bleiben unsichtbar. | |
Die Bosch-Pressestelle teilt mit, der Bitte nach einem Werksbesuch könne | |
sie leider nicht nachkommen. Stattdessen kommt ein fact sheet, dem zu | |
entnehmen ist, dass das Werk seit 1960 zu Bosch gehört und sich die Fläche | |
seitdem verzehnfacht hat. Die Serienproduktion von Injektoren hat 1998 | |
begonnen. Derzeit fertigen rund 4.500 Mitarbeiter Komponenten für das | |
Common-Rail-System, das die Eigenschaften des Selbstzünders so bahnbrechend | |
verbessert hat. | |
Die Bexbacher Straße führt hinaus zur Autobahn A6, in Gegenrichtung direkt | |
in die Stadt. Zu beiden Seiten Häuschen mit Fensterläden, vorn winzige | |
Vorgärten, hinten Tännchen, Wäscheleinen sind gespannt, alles irgendwie in | |
Miniatur. Platz für ein Auto ist allerdings immer. Hinter der Idylle ragen | |
Werkhallen mit Teerdächern hervor, anderswo entsteht neue Gewerbefläche. | |
Dazwischen Nussbäume, Hecken, Jägerzäune. | |
Wer zum Rathaus will, einer Betonburg aus den Achtzigern, nimmt die | |
Haltestelle Forum. Der Bürgermeister ist aber mit dem Auto gekommen. | |
Rüdiger Schneidewind ist seit 2014 Oberbürgermeister von Homburg und sitzt | |
hinter dem Lenkrad seines Audi Q5, eines dieser SUV-Bullen mit viel Luft | |
unterm Bodenblech. „Ich muss als Signalwirkung Diesel fahren“, wird | |
Schneidewind bald sagen, „Verbrauch 6,5 Liter.“ Gut möglich, dass die | |
Injektoren unter der Haube aus Homburg stammen. Oder die Kurbelwelle. Oder | |
die Wälzlager. Oder die Reifen.Nicht nur Bosch produziert in Homburg für | |
die Autoindustrie. Schaeffler hat ein Werk mit 2.700 Beschäftigten, | |
Michelin fertigt mit rund 1.300 Mitarbeitern Pneus und ThyssenKrupp | |
schmiedet Kurbelwellen. In der Innenstadt haben sie den Prügeln ein Denkmal | |
gesetzt. Aus einer Felslandschaft ragen Kurbelwellen, Wasser plätschert – | |
der „Gerlach-Brunnen“, benannt nach dem Gründer der Fabrik. | |
Homburg mag mit seinen 42.000 Einwohnern kleinstädtisch wirken, auf der | |
Landkarte der Autoindustrie ist es, im Gegensatz zu Berlin, eine Metropole. | |
Überhaupt Berlin. „Das Auto mag in der Hauptstadt kein Statussymbol mehr | |
sein, bei uns schon“, betont Schneidewind. „Der ÖPNV, der den | |
Individualverkehr ersetzen soll, den können Sie nicht bezahlen.“ Homburg | |
buttere jetzt schon eine Million Euro jährlich rein. „Und das mit den | |
E-Autos ist ein Hype.“ Für Großstädte mag das ein Thema sein, wegen der | |
Luftreinhaltung. Aber hier – zersiedelte Landschaft, glatte Autobahnen, | |
keine Staus – fährt man mit Verbrennungsmotor, gern mit Diesel. | |
Schneidewind kennt viele Gründe, die für den Viertakter sprechen. „Wir | |
müssen unterscheiden zwischen Großstädten, Mittelstädten und dem, was | |
darunter liegt.“ Die Menschen sind hier motorisiert. | |
1.400 Bosch-Beschäftigte kommen aus Rheinland-Pfalz und bei Michelin | |
arbeiten viele Franzosen aus dem nahen Elsass, wo Jobs Mangelware sind. | |
Soll das bald auch für das Saarland gelten? Die Meldung, dass sich auch | |
Porsche vom Diesel verabschieden will, kam gestern in die Welt. | |
Schneidewind wirkt bekümmert. „Die Entwicklung bereitet mir Sorge. Was | |
machen wir als Industrienation Deutschland? Wir steigen aus der Atomenergie | |
aus. Wir steigen aus der Braunkohle aus.“ Und bald aus dem Diesel? Steht | |
das Saarland, das schon den Niedergang von Kohle und Stahl verkraften | |
musste, erneut vor einem Strukturwandel? Gehen hier bald genauso die | |
Lichter aus wie nebenan im Elsass? | |
Sicher, man versuche, Homburg als Wissenschaftsstandort zu etablieren. Das | |
Klinikum ist ein großer Arbeitgeber. Aber Bosch ersetzen? „Bosch hat eine | |
herausragende Stellung.“ Schneidewind, ein massiger Kerl von 50 Jahren, im | |
Ehrenamt Zunftmeister der Homburger Narren, scheint eine Last zu drücken. | |
Im Funktionärsgrau und mit sehr langem rötlichem Schlips wirkt er wie ein | |
Sozialdemokrat der alten, gewerkschaftlichen Schule. Dabei hat er | |
Sozialkunde studiert und begann bei den Grünen. Mag das Rathaus von außen | |
einem Gebirge gleichen, im Inneren ist es sehr praktisch eingerichtet. Der | |
Bürgermeister eilt mit schwerem Schritt über die Flure, schon ist er im | |
Tagungszentrum, wo gleich der Bosch-Zukunftskongress der IG Metall beginnt. | |
Natürlich wird der OB die Bosch-Betriebsräte und IG-Metall-Sekretäre | |
begrüßen und auch Rolf Bulander die Hand drücken. Bulander ist noch bis | |
Jahresende Chef der „Mobility Solutions“ von Bosch, der Autosparte, die mit | |
über 60 Prozent beim Umsatz mit Abstand der größte Unternehmensbereich ist. | |
Doch auch Bulander will nur hinter verschlossenen Türen reden. Wie alle | |
anderen musste auch Bulander, um in den Saal zu gelangen, über den Läufer | |
aus Papier. Auf dem Endlos-Plakat sind alle Aktionen festgehalten, die sich | |
die IG-Metaller für Homburg ausgedacht haben. | |
„Bosch bleibt!“ heißt ihre Kampagne, die seit 2016 läuft. Es geht um die | |
Zukunft für den Diesel, es geht um neue Produkte. „Wir fordern die | |
Brennstoffzelle für Homburg!“, steht da mit Edding geschrieben. Die | |
Metaller waren in Saarbrücken, in Mainz, in Berlin, Brüssel. Und natürlich | |
in der Zentrale in Stuttgart bei Bosch-Chef Volkmar Denner. Auto-Vorstand | |
Bulander, so ist zu hören, blieb wolkig. Seine Körpersprache will | |
allerdings etwa ganz anderes sagen. Am nächsten Morgen kann man Bulander | |
auf der Fotopinnwand besichtigen. Da steht ein Weißhaariger mit | |
hochgekrempelten Ärmeln und redet auf Gewerkschafter ein. Der | |
Bosch-Arbeiter, der sich den Namen Martin gegeben hat, sitzt nicht im | |
Parkett, andere aus der Runde schon. | |
Was sie von Bulander erwarten? Antworten, wie es im Werk weitergehen soll – | |
und Solidarität. „Wo er das Werk Homburg in zehn Jahren sieht, haben wir | |
ihn gefragt. Er hat doch keine Glaskugel, hat Bulander geantwortet.“ Wie | |
Oliver Simon das erzählt, reden Betrogene. Simon hat sich im Foyer auf | |
einen der Stehtische gelehnt. Simon ist der Betriebsratsvorsitzende des | |
Homburger Werkes, er sprach auf der Betriebsversammlung von dem Tunnel und | |
dem Licht, das nicht leuchtet, und kennt die inneren Abläufe zu gut, um | |
nicht gereizt zu sein. Es gebe im Unternehmen Planungen für die nächsten | |
acht Jahre, auch für Homburg. „Bosch bleibt den Beschäftigten eine Antwort | |
schuldig.“ | |
Oliver Simon, Jahrgang 1961, klein, drahtig, kommt mit seinem Diesel jeden | |
Tag 13 Kilometer aus der Pfalz nach Homburg. Seine Aufstieg ist klassisch: | |
Lehre im Elektrohandwerk, Wechsel zu Bosch, Vertrauensmann, Betriebsrat und | |
seit 1995 freigestellt. Er kann die Homburger Bosch-Geschichte im | |
Halbschlaf herbeten. Wie 1998 die Common-Rail-Fertigung anlief, wie durch | |
Zukäufe Bosch Homburg immer größer wurde, um die Jahrtausendwende etwa | |
7.000 Beschäftigte. Spitzenwert. 2015 startete die Produktion vom CRI 20-2, | |
dem Injektor der neuesten Generation. | |
Die Augen strahlen, wenn Oliver Simon von dem Wunderding erzählt. Wenn er | |
auf seinen Sohn, seine Enkel zu sprechen kommt, ist das Leuchten wieder | |
weg. „Mich treibt um, dass mein Sohn, er ist 32, auch in Zukunft noch dort | |
schafft. Und auch die beiden Enkelkinder. Der Diesel wird kaputtgeredet, | |
absolut!“, sagt Simon. Und bei allen Diskussionen um Grenzwerte und | |
Fahrverbote dürften Politiker und Wissenschaftler eines nicht vergessen, | |
beschwört Simon. „Sie müssen die Menschen mitnehmen. Wenn nicht, driften | |
sie nach rechts.“ | |
Der Drift hat längst begonnen. Zwar lagen bei der letzten Bundestagswahl | |
CDU und SPD im Wahlkreis Homburg noch komfortabel vor allen anderen | |
Parteien, gerupft wurden sie trotzdem, und die AfD holte mit 11,7 Prozent | |
das beste Ergebnis im Saarland. Daran dürfte Simon auch Malu Dreyer | |
erinnern, die den Gewerkschaftern heute mit ihrem Besuch den Rücken stärkt. | |
Es ist nicht nur Mitgefühl, was die SPD-Spitzenfrau kommen ließ. Die | |
Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz erinnerte daran, dass fast 10.000 | |
Beschäftigte bei den Autozulieferern hier rings um Homburg aus der | |
Westpfalz herüberkommen. | |
„Wissen Sie, wie mein Lebensgefühl ist? Ich fahre von hier mit einer | |
Tankfüllung bis nach Spanien“, ruft es aus dem Telefon. Timm Stegentritt | |
ist erstaunlich gesprächig. Und was die Qualitäten des Dieselmotors angeht, | |
da ist der Pressesprecher von Bosch Homburg auf einer Linie mit dem | |
Betriebsrat. Das war es dann aber auch. Fehlende Beschäftigung war bisher | |
nie ein Thema, beginnt Stegentritt, „aber die Welt hat sich grundlegend | |
geändert, diese Volatilität.“ Die Zulassungszahlen für Diesel-Pkw seien | |
extrem eingebrochen. Zwar habe man den Rückgang beim Pkw zum Teil bei den | |
Kleinlastern ausgleichen können und bei Lkw gebe es wegen der Nachfrage aus | |
China eine Sonderkonjunktur. Doch der chinesische Markt sei instabiler als | |
der europäische. „Die planen kürzer. Wir fahren ein Stück weit auf Sicht.�… | |
Mit Blick auf 2019 gebe es aber immer noch eine positive Tendenz, beruhigt | |
Stegentritt, befristete Anstellungen allerdings würden auslaufen, „weil wir | |
sie nicht mehr brauchen“. Auftragsverlagerungen in die Türkei habe es nicht | |
gegeben, beteuert er, und was die Klagen über die „Bettkantenentscheidung“ | |
betrifft, weise dieser Begriff auf ein ernsthaftes Problem hin. Der | |
Krankenstand sei überall in Deutschland ein Thema, 15 bis 17 Krankentage | |
seien viel. Aber: „Wir machen keine Jagd auf Kranke“, so Stegentritt. Mehr | |
noch, Bosch Homburg lasse, wenn sich ein Mitarbeiter nicht ganz fit fühle, | |
sogar mit dem Taxi abholen. | |
Bei allen Sorgen soll aber auch von Hoffnungen die Rede sein. „Wir haben | |
eine Lösung bei den Grenzwerten“, versichert Stegentritt. Die neue | |
Abgasreinigung von Bosch würde die Stickoxide beim Diesel auf sagenhafte 13 | |
Mikrogramm pro Kubikmeter drücken, weit unter den Grenzwert von 40 | |
Mikrogramm. „Egal bei welcher Außentemperatur, welchem Fahrverhalten.“ | |
Stiegen die Autobauer da ein, hätte der Diesel eine Zukunft. Außerdem | |
arbeite man an neuen Themen. „Es geht in Richtung Brennstoffzelle“. Also | |
doch Licht am Ende des Tunnels? | |
Bei der nächsten Betriebsversammlung am 3. Dezember hat Oliver Simon den | |
Entwurf einer Betriebsvereinbarung vorgestellt. Es geht um die | |
Transformation des Homburger Werks, um ein zweites Standbein neben den | |
Injektoren, um eine Perspektive in einer unsicherer werdenden Industrie und | |
um den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2029. In einem Jahr | |
soll der Vertrag mit der Werksleitung ausgehandelt sein. Und bei all dem | |
geht es auch um Solidarität. | |
„Solidarität mit wem?“, fragte Rolf Bulander im Homburger Rathaus die | |
Gewerkschafter. Mit dem Werk in der Türkei? Mit dem Werk in Tschechien? Mit | |
den Werken in China? Der Chef der „Mobility Solutions“ wollte wohl | |
andeuten, die Welt von Bosch sei grenzenlos geworden. Manchmal ist sie aber | |
immer noch so überschaubar wie die Vorgärten in Homburg. „Solidarität mit | |
den Leuten, die Bosch groß gemacht haben“, war die Antwort von Oliver | |
Simon. | |
21 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Thomas Gerlach | |
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