# taz.de -- AfD macht Theater | |
> Die Hamburger AfD stört sich an der „Erklärung der Vielen“ und fragt den | |
> Senat, ob sich Kultureinrichtungen überhaupt gegen rechtspopulistische | |
> Tendenzen einsetzen dürfen | |
Bild: Die AfD gehört nicht dazu: „Erklärung von Vielen“ im November in Ha… | |
Von Andreas Speit | |
Die Große Anfrage ist 19 Seiten lang. Mit 106 Fragen möchte die | |
AfD-Bürgerschaftsfraktion wissen, ob die Behörde für Kultur und Medien | |
(BKM) und öffentlich geförderte Kultureinrichtungen parteipolitische und | |
weltanschauliche Einflussnahmen gegen die AfD unterstützten und | |
vorantreiben. Der Anlass: „Die Erklärung der Vielen“. | |
Am 9. November stellten zahlreiche Künstler und mehrere Kulturinstitution | |
auf Kampnagel die „Erklärung der Vielen“ vor. 80 Jahre nach der | |
Reichspogromnacht wollten Initiatoren und Unterzeichner ein „deutliches | |
Zeichen gegen rechtspopulistische Tendenzen und Einflussnahme auf die | |
Kunst- und Kulturszene setzen“. Auch in Berlin, Düsseldorf und Dresden | |
wurde die Erklärung vorgestellt. | |
Seit sich die AfD in den Landtagen und Bürgerschaften langsam die | |
parlamentarischen Regularien und politischen Optionen angeeignet hat, | |
erhöht die Partei auch den Druck auf die Kunst- und Kulturszene. Die AfD | |
bemängelt das vermeintliche Fehlen einer deutschen Kultur, die die deutsche | |
Identität befördern und bewahren würde und beklagt das angebliche | |
Vorherrschen einer multikulturellen Kultur, die fremde Kulturen als Teil | |
der pluralen Identität anböte und ausweite. | |
In diesem Kulturkampf von rechts werden auch Kunstprojekte für Diversität | |
und Demokratie angegangen. Die UnterzeichnerInnen aus renommierten | |
Theaterhäusern und alternativen Hotspots an der Elbe erklärten: „Rechte und | |
nationalistische Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen | |
in Spielpläne eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und | |
arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur“. Diese „illegitimen | |
Versuche“ der „Rechtsnationalen (…), Kulturveranstaltungen für ihre Zwec… | |
zu instrumentalisieren“ versprechen sie abzuwehren und versichern | |
„solidarisch mit Menschen“ zu sein, „die durch rechte Ideologien immer | |
weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden“. | |
Mehr als deutlich wurde bei der Vorstellung der Erklärung Carsten Brosda | |
(SPD), Senator für Kultur und Medien. „Kultureinrichtungen stehen zunehmend | |
unter Druck. Insbesondere rechtspopulistischen Angriffen auf unsere freie | |
und offene Gesellschaft müssen wir uns entgegenstellen“, sagte er. Auch | |
gegen „alle Versuche der Einschüchterung“ müsse man sich wehren. | |
In der Großen Anfrage hält die AfD-Fraktion um Alexander Wolf und Dirk | |
Nockemann dem Senator aus der SPD in Frageform vor, „unter Verwendung“ des | |
Amtzeichens und mit Zugriff auf behördliche öffentliche Ressourcen | |
„weltanschaulich einseitig“ gegen die AfD vorzugehen. Vom Senat will die | |
Bürgerschaftsfraktion zuerst einmal wissen, wo sie „problematische | |
Einflüsse“ auf Kultureinrichtungen ausgeübt hätte oder der „Kunst | |
‚feindlich‘ gegenüberstehe“? | |
Die AfD scheint ihre eigenen Interventionen gegen ein Kunstprojekt mit | |
Geflüchteten auf Kampnagel oder einen Auftritt der Punkband Slime beim | |
Hafengeburtstag vergessen zu haben. Sie möchten auch erfahren wo sie | |
„mittels Parlamentarischer Anfrage eine ‚Deutschtümelei‘ bewirken würde… | |
Mit dem Verweis auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes | |
des Abgeordnetenhauses Berlin zur staatlichen Förderung von Vereinen und | |
Initiativen pocht die AfD auf die Chancengleichheit aller Parteien und auf | |
das Neutralitätsgebot. | |
Auf dieser Basis folgen Fragen zu Vereinen wie dem „Trägerverein der | |
Kampagne ‚Die Vielen e.V.‘“ oder Stadteilkulturzentren wie dem „HausDrei | |
e.V.“ oder Bühnen wie dem „Thalia Theater“ über Finanzierungen, Zuschü… | |
Kooperationen und Programm. | |
Auch inwieweit linksextreme Gruppen, die vom Verfassungsschutz beobachtet | |
werden, durch Raumnutzungen oder Projektmittel unterstützt werden | |
interessiert die AfD. Eine Frage zielt auf die Kampnagel-Pressesprecherin, | |
Mareike Holtfeld, und darauf, ob sie Ansprechpartnerin für die „Erklärung“ | |
sein dürfe, ab. | |
„Die Anfrage reiht sich strukturell in die Kampagne der AfD ein“, sagt | |
Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard und betont, dass „der Effekt der | |
Einschüchterung“ verpufft sei. Alle großen Kulturinstitutionen, Theater und | |
Orchester Hamburgs trügen die „Erklärung“ mit, 146 Instituten hätten | |
unterzeichnet Die AfD habe nicht verstanden, dass ein demokratischer Staat | |
auch von einer kritischen Kultur lebe, selbst wenn der Staat die Mittel | |
stelle, so Deuflhard. | |
6 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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